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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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bevor sie sich mit mir und fünftausend anderen Kerlen prügeln.«
    Rufus leerte den Wasserschlauch, den Blick auf den Horizont gerichtet, in die Richtung, aus der er kurz zuvor gekommen war. Einen Augenblick später ächzte er leise, so als hätte er einen Fausthieb in den Bauch bekommen, und sagte: »Es wird Zeit, unsere Wetten abzuschließen.«
    Als Amara sich umwandte, sah sie, wie die Vord am Horizont erschienen.
    Wieder war sie betroffen, wie sehr die Horde dem Schatten einer Wolke glich, die über das Land zog. Es waren viele Fangschreckenkrieger dabei, die sich im Gleichklang bewegten, so dass sie wie ein einzelnes Ganzes wirkten, ein Teppich aus glänzenden schwarzgrünen Panzern, scharfen Kanten und durchdringenden Spitzen. Amara hatte beinahe das Gefühl, dass sie sich schneiden würde, wenn sie mit dem Finger auf sie zeigte.
    Die vordersten Vord strömten über die Hügelkuppe – und die Horde begann sich auszubreiten. Weitere Vordarten kamen über jede Hügelkuppe gebrandet, die Amara sehen konnte, von Horizont zu Horizont, alle zugleich, und formierten ihre Schlachtreihe unterwegs, bis sie auf der letzten Meile alle gemeinsam als gewaltige Mauer von schrecklicher Zielstrebigkeit vorwärtsstürmten. Noch gespenstischer war, dass es in völliger Stille geschah. Es ertönte kein Kreischen oder Schreien, kein Trommelwirbel, kein Hörnerschmettern. Sie näherten sich so lautlos wie der Schatten einer Wolke, und genauso unaufhaltsam. Die Stille war fürchterlich und ließ sie im hellen Licht des Morgens irgendwie unwirklich erscheinen.
    Bernard starrte sie aufmerksam an und nickte dann. Leicht versetzt neben ihm erhob der alte Giraldi die Stimme zu einem Kasernenhofbrüllen: »Zieht blank!«
    Seine Stimme tönte inmitten der vollkommenen Stille in dröhnender Klarheit an der Mauer entlang – und dann rauschten mehr als einhundertfünfzigtausend Schwerter aus den Scheiden. Das Geräusch, das weit tödlicher war als jedes Blätterrascheln im Wind, dem es ähnelte, strömte die Mauer entlang. Amara bemerkte mit leichtem Erstaunen, dass sie ihre eigene Waffe in der Hand hielt.
    Sie waren bereit, wie ihr klar wurde.
    Sie waren bereit .
    Sie entschloss sich nicht bewusst zu rufen, aber plötzlich spürte sie, wie ihre Stimme sich, klar wie eine Fanfare, im Morgenlicht erhob, als sie mit einem einfachen Wort dem Feind ihre Verachtung und ihren Trotz entgegenschrie: »Alera!«
    Das Echo ihrer Stimme brandete über das stille Land.
    Ein plötzliches Donnern ließ die Steine der Mauer und den Boden selbst erzittern, als jede Seele auf der Mauer, jeder einzelne Verteidiger, der sich jetzt gegen die dunkle Flutwelle stemmte, sein eigenes Entsetzen und seine Wut in die Luft hinausschrie. Der Ruf hatte keinen besonderen Inhalt. Es war kein einzelnes Wort oder Motto, kein Schlachtruf – aber die Legionen sprachen mit einer Stimme, eine Stimme, bei der ein stürmisches Hochgefühl Amaras Gliedmaßen durchströmte und dafür sorgte, dass das Schwert in ihrer Hand sich leichter anfühlte als die Luft, die sie beherrschte.
    Dieser trotzige Ruf prallte wie ein körperlicher Schlag gegen die Vordlinien, und für einen Augenblick verlangsamte sich das Vorrücken der Feinde – aber dann wurde der Ruf von einem den Verstand spaltenden Sturm schriller Vordschreie beantwortet, der ihnen Körper, Geist und Seele schmerzen ließ. Überall in Sichtweite war die Erde schwarz vor Feinden, die im Laufschritt über die letzten paar hundert Schritt Boden vor der Mauer voranstürmten und mit ihren Schreien auf die der Verteidiger antworteten.
    Und mit diesem urtümlichen, zürnenden Donner begann die letzte Schlacht des Krieges, vielleicht gar die letzte des Reichs.

36

    Die Legionen schrien den Vord ihren Trotz entgegen, und bevor Ehren wusste, wie ihm geschah, fiel er aus schierem Reflex und blankem Entsetzen mit ein. Zwar war er sich ziemlich sicher, dass nicht viele Vord von seiner überschnappenden Stimme beeindruckt sein würden; andererseits war es ja nicht so, als ob er darauf irgendeinen Einfluss gehabt hätte. Die Angst schnürte ihm zwar nicht vollends die Luft ab, aber es hatte anscheinend gereicht, dass seine Kehle in den Stimmbruch zurückkehrte.
    Irgendwo in der Nähe brüllte ein Zenturio etwas, das in dem ganzen Lärm völlig ungehört blieb. Glücklicherweise verstanden die Legionares sich auch ohne jeden Befehl gut genug auf ihre Arbeit. Als der Feind herankam, glitt ein von Aleranern verursachter Schatten über den

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