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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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kam ein Schiff in Sicht gesaust. Es war klein und wirkte wendig, und Marcus erkannte sofort Kapitän Demos’ Schiff darin wieder, die Schleiche . Wie alle anderen Schiffe war sie mit einem Metallkiel ausgerüstet worden. Wie die anderen wies sie zwei Flügelkonstruktionen auf. Aber anders als die übrigen hatte sie die Segel gehisst, und sie blähten sich straff und fingen die Kraft des Nordwinds ein.
    In dem Augenblick begriff Marcus, woran die Umbauten ihn erinnerten: an die Kufen eines Schlittens. Ihm fiel noch eine andere Einzelheit auf. Der Boden vor der Mauer war nicht von mehreren Zoll Schnee, sondern von genauso dickem Eis bedeckt.
    Die Schleiche glitt über den eisigen Boden und bewegte sich schnell, weit schneller, als sie es auf See je gekonnt hätte. Eine Nebelwolke stob ständig als feiner Dunst von den Stahlkufen auf, verhüllte sie halb und erzeugte die Illusion, dass das Schiff mehrere Zoll über dem Eis dahinsegelte und von überhaupt nichts gestützt wurde. In der Zeit, die Marcus benötigte, um zu bemerken, dass ihm der Unterkiefer heruntergefallen war, und den Mund wieder zu schließen, erschien die Schleiche , raste auf ihn zu, so dass die Kufen das Eis unter sich knirschen und ächzen ließen, und glitt dann mit knallenden Segeln vorbei. Weniger als eine Minute später war sie über eine Meile entfernt, und erst dort begann sie beizudrehen und wendete mit elegantem Schwung. Es dauerte ein paar Augenblicke, bis das Schiff entsprechend neu aufgeriggt war, um den Wind für die Rückfahrt aus der entgegengesetzten Richtung einzufangen, und die Segel brauchten fast eine Minute, um sich aufzublähen, bis die Schleiche ihren Schwung verlor und zu ihnen zurückkehrte.
    »Es tut mir leid, aber es geht wieder zurück an Bord der Schiffe«, sagte der Princeps in das entsetzte Schweigen hinein, »auf denen wir an der Schildmauer entlang nach Phrygia segeln werden, um dann die verbliebenen unzerstörten Dammstraßen nach Süden zu nehmen und Riva zu Hilfe zu eilen. Ihr seid demselben Schiff zugeteilt wie beim Aufbruch aus Canea. Ihr kennt alle eure Schiffe und eure Kapitäne. Marschiert Kohorte für Kohorte ab und meldet euch bei ihnen. Wir brechen auf, sobald die Straße vor uns für uns bereit ist.«
    »Verfluchte Krähen«, hauchte Marcus. Wenn alle Schiffe so schnell über das Eis segeln konnten – obwohl er irgendwie bezweifelte, dass die Leistung der Schleiche dem Durchschnitt entsprach –, dann konnten sie die ganze Breite des Reichs in … Verfluchte Krähen. In Stunden oder in einer Handvoll Tagen durchsegeln. Phrygia und Riva waren die beiden großen Städte des Reichs, die am nächsten beieinanderlagen – eine schnell marschierende Legion konnte die Strecke auf einer Dammstraße in weniger als drei Tagen zurücklegen.
    Wenn es funktionierte, wenn der Wind anhielt, wenn das Eis hielt, wenn die umgebauten Schiffe hielten … dann würde das der schnellste Marsch in der Geschichte Aleras werden.
    Benommen hörte Marcus sich selbst seiner Kohorte Befehle erteilen und Absprachen mit den Offizieren der Ersten Aleranischen Legion treffen, um sicherzustellen, dass die Einschiffung ohne Zwischenfälle verlief. Er fand sich schweigend neben dem Hauptmann wieder, während Männer, Canim und Vorräte verladen wurden.
    »Wie?«, fragte er leise.
    »Mein Onkel ist im Winter immer mit mir rodeln gegangen«, sagte Octavian genauso leise. »Das hier … schien ein ganz guter Plan zu sein.«
    »Du hast für den Schnee gesorgt?«
    »Ich hatte Unterstützung«, sagte der Hauptmann, »von mehr als einer Seite.« Er hob die Hand und wies nach Norden.
    Marcus sah hin und erspähte Bewegungen zwischen den Bäumen nördlich der Schildmauer. Verschwommen huschten hier und da undeutliche Gestalten mit hellem, zottigem Fell zwischen ihnen hindurch.
    »Hauptmann«, würgte Marcus hervor, »die Eismenschen. Wir können Antillus beim besten Willen nicht ungeschützt zurücklassen.«
    »Sie sind auf meine Einladung hier«, antwortete er. »Schnee im Frühling zu erzeugen ist eines, aber ihn in genug Eis zu verwandeln, um unseren Bedürfnissen zu entsprechen, etwas ganz anderes.«
    »Dann waren die Berichte in Antillus also zutreffend? Dass die Eismenschen Macht über die Kälte haben?«
    »Über Eis und Schnee. Vielleicht ist es eine Form des Wasserwirkens. Das war zumindest die Theorie meiner Mutter.« Er zuckte mit der Schulter. »Wir verfügen jedenfalls nicht über die Fähigkeit, den Boden von hier bis Phrygia mit

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