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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Eiswürfel in ein Glas. »Sie auch?«
    Walde nickte. Wenn Stiermann einen Whisky ausschenkte, brauchte er in erster Linie selbst einen, weil er befürchten musste, der Situation nicht mehr gewachsen zu sein.
    »Mir liegt eine Beschwerde der Geschäftsführung des Grand Palace vor. Sie hätten Zutritt zu allen Zimmern verlangt und die Geschäftsdaten einsehen wollen.« Stiermann reichte Walde ein Glas und nahm im knirschenden Leder eines Sessels Platz. Er nahm einen großen Schluck.
    »Grand Palace?« Walde verstand nichts.
    »Zu dieser Kette gehört in Trier das 4-Sterne Superior Hotel Kaiser Konstantin, ein leuchtendes Beispiel für behutsame und bis ins Detail gelungene Erhaltung kostbarer historischer Bausubstanz in unmittelbarer Nähe des UNESCO-Weltkulturerbes und Trierer Wahrzeichens, der Porta Nigra.«
    Walde hielt vergeblich nach einem Blatt Ausschau, von dem der Polizeipräsident ablas. Die Fähigkeit, längere Passagen auswendig vorzubringen, gehörten wohl zu den unabdingbaren Eigenschaften dieses Jobs.
    »Auch der OB ist besorgt, und nun hat sich auch noch unser Bischof Engels aus Israel zugeschaltet«, fuhr Stiermann fort. Er nahm abermals einen tiefen Schluck. »Er hat sein Besuchsprogramm abgebrochen und wird umgehend in seine Diözese zurückkehren.«
    »Zum einen war die Dame an der Rezeption nicht sehr kooperativ, darüber hinaus hat sie uns, ich möchte jetzt mal keine Absicht unterstellen, missverstanden. Natürlich wollten und werden wir nicht das ganze Hotel durchsuchen, sondern nur die Räume, zu denen die Verdächtigen Zutritt hatten. Es handelt sich um vier griechische Ikonenmaler.« Walde nahm einen Schluck aus seinem Glas. Der Whisky schmeckte ihm heute besser, als er erwartet hatte und weckte zudem seine Lebensgeister. »Wir haben bereits einen Durchsuchungsbefehl für die gewünschten Zimmer erhalten. Die Spurensicherung wird, sobald sie mit der Pension in der Dietrichstraße fertig ist, gleich weiterziehen. Und in diesem Zusammenhang wird auch geklärt werden, um wen es sich bei diesen ominösen Krimihelden handelt, die offensichtlich unter falschem Namen abgestiegen sind.«
    »Da kann ich Sie beruhigen. Es handelt sich um zwei Kollegen der International Police Association, die zu Hause undercover arbeiten und nicht mit Klarnamen auftreten möchten. Safety first, Sie verstehen?«
    »Es sind mehr als zwei Gäste, die unter falschem Namen im Kaiser Konstantin abgestiegen sind.«
    »Man hat sich im Vorfeld des Treffens darauf verständigt, dass sich alle dort untergebrachten IPA-Angehörige eine andere Identität zulegen sollten.«
    »Na toll.« Walde schüttelte den Kopf.
    Stiermann stand auf und schenkte sich nach. »In der nächsten Woche wird Bundespräsident Köhler als Schirmherr der Codex-Ausstellung in Begleitung der Kulturbeauftragten der Bundesregierung nach Trier kommen. Und jetzt das! Der Fall hat eine gewaltige Dimension angenommen.«
    Walde hätte wetten können, dass der Polizeipräsident kalte Füße bekommen hatte und das Landeskriminalamt einschalten wollte. Er musste in Kauf nehmen, die Verantwortung für eine misslungene Ermittlung übernehmen zu müssen. So kurz vor dem am nächsten Tag beginnenden IPA-Treffen, bei der die Arbeit der Trierer Kripo als richtungsweisend für gute Polizeiarbeit präsentiert werden sollte, konnte er schlecht seinen eigenen Leuten in den Rücken fallen.
    »Sagen Sie Bescheid, wenn Sie Hilfe brauchen.«
    Walde nahm dies als Aufforderung an, trank sein Glas leer. »Können wir das IPA-Treffen absagen?«
    »Wie stellen Sie sich das denn vor? Die Leute sind bereits, teils von weither, angereist. Außerdem handelt es sich diesmal um keine geschlossene Gruppe wie das bei den Kollegen aus Paris oder aus Tallinn der Fall war, sondern um einzelne Besucher aus verschiedenen europäischen Ländern und sogar aus den USA.«
    »Können wenigstens alle an dem Fall arbeitenden Leute von dem Treffen freigestellt werden?«
    »Da bleibt doch kaum jemand übrig. Da müssen wir jetzt durch.« Stiermann schüttelte den Kopf und verabschiedete Walde mit seiner Lieblingsfloskel. »See you!«
    Beim Hinausgehen streifte Waldes Blick das schmale Bücherregal, in dem der Bildband ›Texas‹ in türkischer Sprache nach hinten gerückt war. Die ignoranten amerikanischen Kollegen der IPA aus Fort Worth hatten Stiermann das Buch geschenkt in der Annahme, es würde sich um eine Ausgabe in deutscher Sprache handeln. Walde schaute nochmals zurück und las verwundert die

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