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Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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goldgelbe Flüssigkeit, »Frieden zu schaffen und Einsichten zu gewinnen, wie das Übel des Verbrechens ausgerottet werden kann.«
    »Was, zum Henker, soll dieses Gesöff noch alles können!« Der schwere Mann mit den blonden Haaren war bisher nur aufgefallen, als er zwei Portionen der Winzervesper in Windeseile hinunterschlang. »Das Problem ist nur, dass es mir so vorkommt, als wäre auf der Kriminalität eine ganze Zivilisation aufgebaut worden.«
    »Da kann ich Kurt Wallander voll und ganz zustimmen«, sagte Salvo. »Das ist bei uns im Süden nicht anders.«
     
    Walde begleitete Hanne Wilhelmsen durch die ruhigen Straßen der Innenstadt zum Hotel. Dabei wählte er den Umweg durch die Tore der Porta Nigra.
    »Nachts sind alle Katzen grau, so sagt man doch bei euch.« Sie hatte sich bei Walde untergehakt. Seit sie den Keller verlassen hatten, litt Hannes Stimme ebenso wie ihr Gang unter der Wirkung des Alkohols.
    Die Illumination ließ das alte Gemäuer in der Tat grau erscheinen. Oder war es der Wein? Walde war sich nicht sicher.
    Vor der Glastür des Hotels ließ Hanne seinen Arm los und wandte sich zu ihm. »Schade, ich hätte noch so gerne mit dir Bruderschaft getrunken.«
    Wahrscheinlich würden sie sich nie mehr wieder sehen. Dieser Gedanke schien beide zu bewegen.
    »Kommst du noch mit rein einen Kaffee trinken?« Hanne lächelte ein kriminell verführerisches Lächeln, dem Walde nichts ausschlagen konnte. Sie ging voraus. Ihre Hüften schwangen nur ein wenig über ihren langen Beinen mit den leicht gewölbten Oberschenkeln. Walde überlegte, wie sie in ihrem Hotelzimmer einen Kaffee aufbrühen sollte, was er Doris sagen sollte, weil es sehr spät und die Weinprobe längst vorbei war. Er schob die Gedanken beiseite.
    Sie gingen an den Aufzügen vorbei in einen Flur. Diana Krall sang ,The Girl in the Other Room’, als Hanne die Tür zu einem Raum öffnete, dem ein Geruch entströmte, der Walde an die Weinprobe erinnerte.
    Es war Siggi Baumeisters Pfeifentabak, der schon vorhin über allem geschwebt hatte. Siggi blickte vom Schachbrett auf und nickte ihnen lächelnd zu. Sein Gegenüber war vollkommen in die Konstellation vor sich auf dem Brett versunken und schreckte hoch, als Walde beim Vorbeigehen an seine Stuhllehne stieß.
    »Was zum Teufel …« Der Mann schaute ihn böse an.
    Walde entschuldigte sich und las ,Erich Van Veeteren’ auf dem Namenschild. Nach einem Schluck aus seinem Weinglas wandte der Mann sich wieder dem Spiel zu.
    An der Bar hatten Gabi und Salvo Montalbano ihre Barhocker dicht zusammengerückt. Diana Krall ließ die Finger über die Tasten ihres Klaviers gleiten. Gabi hatte ihre Bluse um zwei weitere Knöpfe geöffnet, Salvo sein Jackett abgelegt, eine Hand mit brennender Zigarette auf der Theke, die andere auf Gabis Oberschenkel.
    Walde und Hanne nahmen an einem Tisch an der Wand gegenüber dem Flur Platz. Der Barkeeper brachte zwei Gläser Wein. Walde hatte nicht mitbekommen, dass Hanne schon bestellt hatte.
    »Prost«, kam es von der Theke, wo Gabi ihr Glas hob und lallend den Trinkspruch ausbrachte. »Auf die Liebe und die Nacht!«
    Sie prosteten zurück, während Gabi einen Schluck nahm und sich wieder Salvo widmete.
    »Für einen Mann siehst du sehr gut aus«, raunte Hanne.
    »Und du siehst auch sehr gut aus.«
    »Bis auf die dunklen Ringe unter den Augen.« Sie strich mit den Fingerspitzen darüber.
    »Die sind nach vierzehn Tagen Urlaub weg.«
    »Sie sind dir also auch aufgefallen?«, fragte sie und hob ihr Glas. »Trinken wir nun Bruderschaft?« Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die glänzenden Lippen. »Mit Kuss?«

Donnerstag
    Walde stolperte die Treppe zur menschenleeren Fußgängerunterführung hinunter. Seine Schritte kratzten über die grauen, schrägen Steinstufen. Es war ein Umweg, aber in diesem Zustand wollte er auch mitten in der Nacht nicht oben auf der Straße gesehen werden. Im grellen Neonlicht wankte er über die schmutzigen Fliesen zum Alleenausgang.
    Die leichte Schräge kam ihm unüberwindlich vor. Er stellte sich neben eine Informationsvitrine der Sparkasse und pinkelte gegen die Wand. Es dauerte unendlich lange. Er konnte nicht ruhig stehen, machte einen Ausfallschritt zur Seite und dann nach hinten. Zwei Nachteulen gingen vorbei.
    »Verdammter Pissarsch!«, rief eine weibliche Stimme und brach in Lachen aus.
    Endlich konnte Walde den Reißverschluss hochziehen. Er nahm die Schräge hoch zur Allee in Angriff. Der drei Meter breite Weg zwischen den

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