Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Codex Mosel

Titel: Codex Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
Vom Netzwerk:
Stechmücke von der Stirn. »Das sind Sandhöhlen, bröckeliger Fels und viel Sand. Im neunzehnten Jahrhundert haben die Leute hier Sand abgegraben, den sie eimerweise als Scheuermittel verkauft haben.«
    »Dann sind die Höhlen nicht natürlich entstanden?«
    »Bei der hier weiß ich es nicht, aber drüben ist eine«, der Mann deutete auf den gegenüberliegenden Hang, »die ist ein paar Kilometer lang und so verzweigt, dass sich Kinder auf Erkundungstour verlaufen haben. Deshalb wurde der Eingang vor ein paar Jahren zugemauert.«
    »Und Veit?«, versuchte Walde wieder zum Thema zu kommen. »Wonach gräbt der?«
    »Der sucht den Heiligen Gral.«
    »Aha.«
    Weit draußen im Wald war ein Bellen zu hören. Der Hund nahm die Schnauze aus dem Topf und stellte die Ohren auf.
    »Ruuhig, ruuhig«, besänftigte ihn sein Herrchen. »Nee, das ist kein Quatsch, der Veit ist schon mal verschüttet worden. Der schafft ja immer allein, wäre fast sein Ende gewesen.«
    »Und?«
    »Er wurde unten am Bach mit einem gebrochenen Fuß gefunden. Aber er sagt keinem, wo er gräbt. Höhlen gibt es hier genug.«
    »Und wo könnte er jetzt sein?«
    »Keine Ahnung, vielleicht in seiner Hütte bei St. Jost.«
    Walde schüttelte den Kopf. »Denken Sie, dass er vielleicht von Trier fort will?«
    »Glaub ich nicht, der lebt schon seit über zehn Jahren hier in der Wildnis, der kann nicht einfach so in Köln oder Hamburg Platte machen.«
    Bruno nahm den Topf und lehnte ihn an den Fels neben der Höhle. »Den Rest sollen heute Nacht die anderen Tiere haben.«
     
    Walde setzte sich auf der Rückfahrt ans Steuer. Grabbe fühlte sich nicht wohl, und Harry hatte noch zu viel Alkohol im Blut.
    »Welche Tiere er wohl gemeint hat, die den Topf in der Nacht leer fressen?«, fragte Grabbe mit kläglicher Stimme.
    »Das können nur Ratten sein«, vermutete Harry. »Die sollen früher alle möglichen Krankheiten, wie zum Beispiel Cholera, verbreitet haben.«
    »Oder Füchse«, sagte der Streetworker.
    »Die übertragen Tollwut oder Fuchsbandwürmer«, stellte Harry fest.
    »Halt an!«
    Walde schaute hinüber zum beleuchteten Zurlaubener Ufer, während Grabbe sich weit hinaus über das Geländer der Kaiser-Wilhelm-Brücke beugte und die Fische fütterte.
    *
    Im Gewölbekeller, tief unten im Weingut der Vereinigten Hospitien, schienen die Teilnehmer der Weinprobe bester Laune zu sein.
    Stiermann hatte den Arm nebenan über die Lehne des Stuhls von Kay Scarpetta gelegt. Sie beugte sich zu ihm hinüber und erzählte ihm anscheinend eine lustige Anekdote, denn der Präsident brach in schallendes Gelächter aus, das, Walde war sich ziemlich sicher, sehr amerikanisch klang.
    »Mensch, Bock, endlich sind Sie da!« Der Präsident hatte ihn entdeckt, stand auf und begrüßte ihn mit einem Schlag auf die Schulter. »Guter Mann, Ihr Freund da vorn!« Er deutete zum Kopfende der langen Tafel, wo Jo gerade einer auffallend gut aussehenden Frau zuprostete.
    »Mensch, diese Kay, das ist mir vielleicht eine«, flüsterte ihm Stiermann jovial zu.
    »Sieht wirklich gut aus«, bestätigte Walde.
    »Das ohne Zweifel. Aber die hat auch beruflich total was drauf. Die würd ich auf der Stelle hier behalten. Auch die von der Technik sind begeistert.«
    Walde lachte: »Kann ich mir denken.«
    »Nein, im Ernst. Der Stein aus der Hütte ist tatsächlich nicht die Tatwaffe.«
    »Aha.«
    »Und es kommt noch besser.« Stiermann warf Kay eine Kusshand zu.
    Walde überlegte, ob sein Chef nun völlig durchgedreht war.
    »Sie hat Fingerabdrücke vom Täter gefunden.«
    »Auf dem Stein?«
    »Nein, der ist doch nicht die Tatwaffe«, erklärte der Präsident. »Auf einem Blatt in der … von einem Blatt, das sie in der Kurie gefunden hat.«
    »Auf Klopapier?«
    »Nein, auf dem Blatt eines Kirschlorbeers. Das ist ein immergrüner Strauch mit sehr glatten Blättern.«
    »Schöne Scheiße«, rutschte es Walde heraus.
    »Mensch, die würde in unser Team passen! See you.« Stiermann wandte sich erneut Kay zu.
    Walde ging nach vorn und nahm sich ein leeres Glas von einem Beistelltisch. Jo stieß schon wieder mit der Blondine an. Er hatte eine halb volle Flasche vor sich auf dem Tisch stehen. Walde steuerte darauf zu, hielt aber inne, als Jo und die Schöne mit ineinander verschlungenen Armen eine honiggelbe Flüssigkeit aus ihren Gläsern tranken und ihre Lippen sich anschließend zu einem Kuss fanden, der Walde für eine Weinbruderschaft einen Tick zu lange vorkam.
    »Darf ich vorstellen? Das ist Frau

Weitere Kostenlose Bücher