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Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Titel: Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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sie gar nicht erst nach Island gelangt«, unterbrach mich der Professor. »Sie wird zwar zum Schluss dort enden, davon bin ich überzeugt, aber zur richtigen Zeit und auf dem richtigen Wege. Nicht auf diesem Wege, das geht nicht.«
    Wir fuhren weiter durch die Finsternis.
    »Mach das kleine Döschen für mich auf«, sagte der Professor.
    Ich hielt immer noch die beiden Dosen in der Hand, die ich aus der Jackentasche des Professors gefischt hatte.
    »Dieses hier?«, fragte ich, indem ich die kleinere Dose hochhielt. Sie war sehr leicht und aus Holz und hübsch bemalt.
    »Ja, mach es auf.«
    Als ich den Deckel abnahm, kam ein feines weißes Pulver zum Vorschein.
    »Gib mir ein bisschen davon auf meinen Handrücken«, sagte er und streckte seine Hand aus.
    Ich tat wie geheißen, und er schnupfte das Pulver.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Man nennt es Amphetamin«, sagte der Professor. »Ich mische das manchmal in den Schnupftabak. Es hält einen wach und munter.«
    »Amphetamin?«, sagte ich fragend.
    »Mein Apotheker besorgt mir das«, sagte der Professor.»Dadurch wird die Wirkung des Schnupftabaks enorm gesteigert.«
    Ich hatte schon von diesem Stoff gehört, aber nie selbst davon Gebrauch gemacht. Ich wusste von Studenten in Island, die so etwas im Prüfungsstress nahmen.
    »Vor vielen Jahren war ich einmal in Paris«, sagte der Professor. »Da habe ich den Louvre besucht und bin vor der Mona Lisa gestanden, dem größten Meisterwerk der italienischen Renaissance. Ich musste daran denken, warum dieses Gemälde berühmter ist als alle anderen. Es stammt natürlich von Leonardo da Vinci, und von dem gibt es gar nicht mal so viele Gemälde. Dieses Bild hat auch eine bedeutende Geschichte, es wurde ebenfalls geraubt. Mona Lisas Lächeln fasziniert die Menschen seit Jahrhunderten. Über ihr schwebt eine Gelassenheit, ein vollkommener Gleichmut, und wir spüren, dass sie ein Geheimnis bewahrt, das wir nicht kennen. Mit diesem Geheimnis lächelt sie seit Jahrhunderten in die Welt. Und dann fiel mir der Codex Regius ein, und ich begann zu überlegen, was die Italiener wohl darüber denken, dass die Mona Lisa in französischem Besitz ist und de facto die Hauptattraktion in einem französischen Museum darstellt.«
    Der Professor wich einem Loch auf der Straße aus.
    »Du meinst, dass du den Codex Regius beispielsweise nicht im Louvre sehen möchtest?«, fragte ich und kippte gegen die Tür.
    »Weder dort noch in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen oder zu Hause bei irgendeinem isländischen Geldsack«, sagte der Professor, der wieder auflebte. »Sie gehört in ein isländisches Handschriftenmuseum. Es wird dazu kommen, dass die Dänen uns die Handschriften zurückgeben, davon bin ich überzeugt, und der Codex Regius wird hoffentlich dabei sein. Es ist unsere Pflicht, dieses Buch zuhüten und heil an kommende Generationen weiterzugeben. Ein solches Kleinod kann nicht einem einzigen Menschen gehören.«
    »Aber man kann doch nicht die Geschichte immer wieder neu schreiben. Der Gang der Geschichte hat dafür gesorgt, dass die Mona Lisa in einem Pariser Museum gelandet ist. Und der Codex Regius gelangte in die Königliche Bibliothek. Es ist schwierig, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Liegt das in unserer Hand?«
    »Im Augenblick sieht der Gang der Geschichte vor, dass der Codex Regius in Privatbesitz übergeht. Findest du nicht, dass man etwas dagegen unternehmen muss?«
    »Was wissen wir darüber? Vielleicht will der neue Besitzer ihn ja an die Königliche Bibliothek in Kopenhagen zurückgeben.«
    »Das ist doch wohl alles andere als wahrscheinlich.«
    »Geht es nicht in erster Linie darum, dass du Angst davor hast, dass alles auffliegt?«, erlaubte ich mir zu fragen. »Dass du die ganzen zehn Jahre nicht die Wahrheit über das Buch gesagt hast? Dreht es sich nicht in Wirklichkeit darum? Es wäre vielleicht möglich gewesen, die Handschrift in einer gemeinsamen Aktion von Dänen, Deutschen und Isländern zu finden, aber du hast nie gesagt, dass das Buch gar nicht mehr da ist. Ist das nicht der wahre Grund dafür, dass wir steckbrieflich gesucht werden und hier irgendwo in Deutschland im Auto von Frau Bauer auf der Flucht sind?«
    »Du solltest versuchen, etwas zu schlafen«, sagte der Professor. »Jetzt redest du wieder Unsinn. Unglaublich, was du so daherschwafeln kannst, Valdemar, wenn du müde bist.«
    »Du weißt, dass dein Verhalten vollkommen entschuldbar war«, sagte ich. »Niemand würde dir Vorwürfe

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