Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Titel: Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
Vom Netzwerk:
nicht.«
    »Joachim hat zumindest die verschollenen Seiten gefunden«, sagte Erich von Orlepp.
    »Er hat sie natürlich nicht gefunden«, sagte der Professor. »Er hat sie gestohlen, genau wie ihr den Codex Regius gestohlen habt und überhaupt alles raubt, was anderen heilig ist!«
    »Du hast also das Shell-Haus immer noch nicht vergessen?«, sagte von Orlepp. »Und das Mädchen. Wie hieß sie noch gleich?«
    »Emma«, sagte der Professor. »Sie hieß Emma. Und ich habe sie nicht vergessen.«
    »Die kleine Emma, ganz richtig. Eine hübsche Studentin, die dich in die Widerstandsbewegung hineingezogen hat.«
    »Wo hast du das Buch?«, fragte Joachim.
    »Mach dir darüber keine Gedanken.«
    Ich sah den Professor an. Er trug den braunen Ledermantel, den er auf der ganzen Reise angehabt hatte. Seit ich ihn kannte, hatte ich ihn nie in einem anderen Mantel gesehen.
    »Du lügst, du hast die Edda gar nicht!«, sagte Joachim.
    »Mir kam die Handschrift in Berlin abhanden«, sagteder alte von Orlepp. »Ich hatte versucht, sie zu Geld zu machen, uns fehlte Geld zum Bestechen, du verstehst. Ich beabsichtigte aber, sie zurückzukaufen, wenn der größte Wirbel sich gelegt hatte. Wir können es so formulieren: Ich wollte sie für Geld verleihen. Sie befand sich in einem Antiquariat in der Nähe der Tauentzienstraße, aber das Haus fiel einem Bombenangriff zum Opfer. Der Mann, der sie mir abkaufen wollte, kam dabei um. Ich suchte in den Trümmern nach dem Buch, aber dann kamen die Russen. Das weißt du selbstverständlich alles schon, nachdem du so weit gekommen bist.«
    »Ich habe einiges herausgefunden. Vieles ist mir aber noch immer ein Rätsel.«
    »Du hast bestimmt darüber gegrübelt, weshalb Joachim und ich so brutal vorgehen und alles daransetzen, um die Edda zu besitzen«, sagte Erich von Orlepp.
    »Ja, das habe ich tatsächlich getan«, sagte der Professor. »Obwohl ein Mörder wie du mir keine Erklärung für so etwas zu geben braucht. Sie nützt dir und deinesgleichen ja nichts mehr, nicht im politischen Sinne.«
    »Ich höre, dass du mir immer noch gram bist«, sagte von Orlepp.
    »Spiel dich nicht so auf«, sagte der Professor. »Du bedeutest mir nichts und hast es nie getan.«
    »Der Codex Regius ist ein unschätzbares und einzigartiges Kunstwerk«, sagte von Orlepp. »Ihr Wert für uns, die wir an ein neues Deutschland glauben, lässt sich nicht in Worte fassen. Wir haben einen interessierten Käufer, einen sehr einflussreichen und mächtigen Industriellen, dem unser Traum von einem Wiedererstehen Deutschlands ebenfalls sehr am Herzen liegt. Er hat große Zukunftspläne für die Edda, wenn erst mal wieder der richtige Nährboden dafür geschaffen ist. Er begreift die Bedeutung dieser Handschrift. Aber das ist natürlich nicht das Wichtigste, HerrProfessor, ihr ideologischer Wert. Der Kunstwert ist es, den ich …«
    Von Orlepp hielt inne.
    »Das Kunstwerk Edda. Es hat auf der gesamten Welt nicht seinesgleichen.«
    »Der Codex Regius hat nichts mit dem Wahnsinn zu tun, für den ihr steht. Nicht das Geringste«, sagte der Professor. »Hast du Wagner vergessen? Der Ring des Nibe…«
    »Ich will nichts von euch verdammten Wagneriten hören! Ihr habt euch den Stoff und die Lieder unter falschen Prämissen angeeignet!«
    »Möchtest du sie sehen?«, fragte von Orlepp. »Ich habe sie dabei, wir können zum ersten Mal seit Jahrhunderten die Lücke in der Edda mit den verschollenen Seiten füllen.«
    »Tu das nicht!«, sagte Joachim. »Die beiden sitzen nämlich auch ganz dick in der Tinte. Niemand weiß, dass die Handschrift gestohlen wurde. Der Herr Professor hat das die ganzen Jahre geheim gehalten. Und ich bezweifle sehr, dass irgendjemand überhaupt weiß, dass die beiden an Bord sind. Ich glaube, sie sind blinde Passagiere. Und sie haben garantiert auch die Edda immer noch nicht wiedergefunden.«
    Erich von Orlepp zögerte.
    Der Professor reichte mir die Pistole und sagte mir, dass ich auf ihre Beine zielen sollte, falls ich mich nicht traute, sie zu erschießen.
    »Es ist schon einige Jahre her, dass ich dieses kleine Geheimfach in meinem Mantel eingenäht habe«, sagte der Professor und hantierte im Innenfutter des Mantels herum. »Für den Fall der Fälle.«
    Ich konnte nicht erkennen, was er da machte, aber als sein Arm wieder zum Vorschein kam, hielt er den Codex Regius in der Hand.
    »Hier ist die Handschrift«, sagte er und sah Joachim an. »Du hättest gründlicher suchen sollen.«
    Erich von Orlepp starrte

Weitere Kostenlose Bücher