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Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Titel: Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Bischof Brynjólfur?«, fragte ich.
    »Kennst du seine Schrift?«
    »Ich bin der Meinung, dass ich sie von anderen Handschriften unterscheiden kann.«
    »Und?«
    »Ich habe den Eindruck, dass dies sehr wohl seine Schrift sein könnte.«
    »Was liest du da heraus?«
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    »Du bist dir ganz sicher, dass das hier von Bischof Brynjólfur stammt?«, fragte ich.
    »Ja, ganz sicher«, antwortete der Professor. »Er hat es signiert. Sieh mal hier, die beiden ›L‹.«
    Noch einmal sah ich ganz genau hin, und dann erkannte ich das fast vergilbte große »L« und ein zweites, das damit verschlungen war.
    » Loricatus Lupus «, sagte der Professor.
    »Natürlich«, sagte ich, »Brynjólfur. Der geharnischte Wolf. So hat er etliche Dokumente signiert.«
    »Du siehst, dass der Bischof eine dichterische Ader hatte«, sagte der Professor. »Ich war schon immer dieser Meinung, denn das erklärt auch seine Liebe zur Literatur. Dreh das Blatt jetzt wieder um. Ich bin der Meinung, dass das Gekritzel da oben ebenfalls von Brynjólfur stammt. Wie du siehst, ist diese Marginalie in griechischen Buchstaben geschrieben. Kannst du das lesen?«
    Ich starrte auf die Schrift. Die Buchstaben waren klein und zum Teil vollständig unleserlich und außerdem in eineraltgriechischen Schriftform, mit der ich nicht besonders vertraut war. Zwei Buchstaben im ersten Wort konnte ich jedoch gleich entziffern, und ich glaubte, ebenfalls zu sehen, dass der Kommentar mit einem großen Buchstaben endete, und zwar mit einem »K«.
    »Es handelt sich um ein ›R‹«, korrigierte mich der Professor.
    »Ach, das ist ein ›R‹?«, sagte ich. »Dieser Kommentar beginnt aber mit einem großen ›L‹.«
    »Uns fehlt die Hälfte dieses Wortes und außerdem ein Wort dazwischen. Das ist kurz. Die Tinte ist so verblichen, dass es nicht mehr zu entziffern ist, deswegen muss man konjizieren. Ich war immer der Meinung, dass es sich um ein kurzes und relativ unbedeutendes Wort handelt. Das erste Wort beginnt mit ›L‹, und die beiden vorletzten Buchstaben sind griechische Kappas.«
    »Geht es um eine Locke?«
    »Natürlich könnte es das bedeuten, Valdemar, aber weswegen sollte er seine Tinte auf so etwas Unbedeutendes wie eine Locke verschwenden?«
    Ich sah mir das noch einmal an und hielt das Blatt besser unter die Lampe.
    »Ich würde glauben ›Lücke‹«, flüsterte der Professor, »und das kurze Wort davor ist der Artikel.«
    »Das kleine Wort dahinter, das nicht zu entziffern ist, könnte ›bei‹ heißen. Glaubst du, dass das passen könnte?« Ich nickte zustimmend, hatte aber keine Ahnung, was der Professor damit andeuten wollte. Genauso schleierhaft war mir, weswegen wir mitten in der Nacht im ehemaligen Provianthaus in den Schubladen von irgendeinem Jón herumkramten, der irgendwelche Runenzeichen gegen Geschlechtskrankheiten in einem Geheimfach aufbewahrte.
    »Was glaubst du, was mit dieser Lücke gemeint ist?«, fragteder Professor und schien ungeduldig auf meine Antwort zu warten.
    »Da käme vieles in Frage«, antwortete ich.
    »Selbstverständlich, selbstverständlich. Aber was ist die wichtigste Lücke?«
    »Es hat etwas mit Brynjólfur zu tun?«
    »Ja.«
    »Könnte es dann sein, dass … Wir haben über den Codex Regius gesprochen. Kann die Lücke in der Handschrift gemeint sein?«
    »Sehr gut, Valdemar, das hast du sehr gut gemacht. Acht Seiten, die vor dreihundert Jahren aus dem Codex Regius verschwanden, und niemand weiß, wie. Wir wissen nicht einmal, wie das Buch 1643 in Skálholt in die Hände von Bischof Brynjólfur gelangt ist. Wir wissen nur, dass er Handschriften aus dem ganzen Land sammelte, und eine davon war der Codex Regius .«
    Ich konnte mich dunkel an eine Vorlesung bei Dr. Sigursveinn über den Codex Regius erinnern und über die Vermutungen, dass es möglicherweise der Dichter Hallgrímur Pétursson war, der das Buch an Brynjólfur weitergegeben hatte. Er war damals Pfarrer in Hvalsnes auf der Halbinsel Reykjanes. Die Handschrift war mit Sicherheit durch seine Hände gegangen. In ihr findet sich eine Marginalie in einer Schreibschrift aus dem 17. Jahrhundert. Wenn man diese Schrift mit dem handgeschriebenen Original der Passionspsalmen von Hallgrímur Pétursson vergleicht, sieht man, dass sie von ihm stammen muss. Natürlich hätte der Codex Regius auch auf andere Weise in die Hände von Bischof Brynjólfur gelangen können, aber solange niemand Genaueres darüber weiß, ist die Geschichte

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