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Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók

Titel: Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Kampmandsgade ab, wo sich das Hauptquartier der Gestapo in Kopenhagen befand. Es war im März des Jahres 1945. Die Verhöre fanden im vierten Stock des Hauses statt, und im fünften, dem obersten Stock waren die Gefängniszellen. In eine von diesen wurde er gesperrt, ohne dass irgendeine Anklage vorlag. Er hörte die Schreie der Gefangenen, die Jammerlaute aus den Folterzellen der Gestapo im Stockwerk darunter. Er ahnte sofort, weshalb er verhaftet worden war, und überlegte, wie viel sie wohl wüssten und ob ihm ebenfalls Folterungen bevorstünden.
    Die dänische Widerstandsbewegung war im Laufe der Besatzungszeit immer aktiver geworden, mit der Herausgabe von illegalen Schriften und Flugblättern, durch Spionage und Sabotageaktionen. Der Professor hatte dazu beitragen wollen. Per Zufall kam er in Kontakt zu einer kleinen Gruppe Studenten, die Verbindungen zur Untergrundbewegung hatte. Der Professor war innerhalb der Universität dafür bekannt, mit seinen Ansichten über die Nazis nicht hinter dem Berg zu halten. Eines Tages wurde die Tür zu seinem Arbeitszimmer aufgestoßen, und herein stürzte eine junge Studentin aus der Nordischen Fakultät, Emma mit Namen, und bat ihn um Hilfe. Die Nazis hatten sie im Verdacht, in Verbindung mit einem Sabotageanschlag auf einen militärischen Nachschubzug zu stehen, und waren hinter ihr her. Der Professor zögerte keine Sekunde. Sein Büro quoll von Büchern über, sowohl in den Regalen als auch auf dem Boden, manche der Stapel reichten fast bis zur Decke. Emma war ziemlich klein und zierlich, und der Professor reagierte blitzschnell. Er ließ sie in der Ecke, woder Ofen stand, niederknien und häufte Bücher, Zeitungen und Ordner um sie herum und über ihr auf. Die Nazis suchten sämtliche Büros in dem Gebäude ab, fanden das Mädchen aber nirgends. Der Professor lag auf dem Sofa und gab vor, geschlafen zu haben, als sie in sein Büro eindrangen. Sie sahen sich in seinem Zimmer um, erblickten aber nichts als chaotisches Durcheinander und Bücher. Sie befahlen ihm aufzustehen, kippten das Sofa um und traten gegen Bücherschränke, bevor sie das Zimmer im Sturmschritt wieder verließen. Erst gegen Abend traute sich Emma unter dem Bücherhaufen hervor. Der Professor sagte ihr, falls er durch irgendetwas der Widerstandsbewegung von Nutzen sein könne, solle man ihm Bescheid geben. Damit verabschiedeten sie sich.
    Einige Wochen später sprach ihn auf dem Korridor zu seinem Büro ein junges Mädchen an. Sie hatte einen Stapel Flugblätter dabei, den sie ihm mit den Worten überreichte, dass Emma nach England geflüchtet und außer Gefahr sei. Zwei Tage später erschien ein Mann in seinem Büro, der die Flugblätter abholte und stattdessen einen kleinen Holzkasten zurückließ. Als der Professor einen Blick hineinwarf, sah er sechs Dynamitstangen und eine Lunte. Wieder ein anderer Mann holte den Kasten bei ihm ab und verschwand im Dunkel der Nacht. Er hinterließ Fotos von militärisch wichtigen Zielen in Kopenhagen, unter anderem vom Shell-Gebäude.
    Auf diese Weise wurde der Professor in den letzten beiden Jahren des Kriegs immer stärker in die Arbeit der dänischen Widerstandsbewegung involviert und unterstützte deren Mitglieder, so gut er konnte; er gewährte ihnen Unterschlupf, wenn sie auf der Flucht vor den Nazis waren, und sein Büro an der Universität wurde bald zu einem Anlaufziel für dänische Widerständler und andere Personen, die auf der Flucht vor den Nazis das Land verlassen mussten.Als der Professor festgenommen wurde, hatte sich zuvor einer der führenden Köpfe der Widerstandsbewegung drei Tage bei ihm aufgehalten. Der Professor dachte zuerst, dass die Nazis hinter dem Mann her waren und ihn bis zu ihm verfolgt hatten; da sie aber ins Leere griffen, verhafteten sie stattdessen den Professor.
    Nun stand ihm das Verhör im Shell-Gebäude bevor. Dorthin brachte man diejenigen, denen unterstellt wurde, die Sicherheit der deutschen Militärregierung zu gefährden. Im obersten Stock waren Zellen eingerichtet worden, um die Gefangenen nicht vom Vestre-Gefängnis zum Verhör ins Hauptquartier transportieren zu müssen. Zu dieser Zeit waren die Angehörigen der Widerstandsbewegung in großer Gefahr, viele ihrer Anführer waren gefangen genommen worden, und zahlreiche Dokumente mit wichtigen Informationen über die Bewegung befanden sich in den Händen der Gestapo. Die Widerstandsbewegung hatte sich zwar mehrmals an die Engländer gewandt und sie darum gebeten, bei

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