Codex Regius - Indriðason, A: Codex Regius - Konungsbók
Professor ging zu Katharina Berg hin, reichte ihr die Hand, bedankte sich ein weiteres Mal für die Hilfe und entschuldigte sich für die Störung, die wir verursacht hatten.
Siebzehn
Der Abend war bereits hereingebrochen, als wir schließlich vor dem Haus von Hinrich Färber standen. Nachdem wir Katharina Berg und ihren Vater verlassen hatten, erzählte mir der Professor einiges über diesen Kunsthändler. Er kannte den Mann, er hatte sich mit ihm getroffen, als er auf der Suche nach dem Codex Regius gleich nach Kriegsende in Berlin gewesen war. Damals stand dieser Färber in erster Linie in dem Ruf, mit gestohlenen Kunstobjekten der Nazis gehandelt und sich daran eine goldene Nase verdient zu haben, so wurde jedenfalls gemunkelt, obwohl ihm nie etwas nachgewiesen werden konnte. Der Professor hatte ihn seinerzeit eigens aufgesucht, um sich persönlich bei ihm zu erkundigen, ob Färber etwas über den Verbleib des Codex Regius wusste oder ob die Handschrift sogar durch seine Hände gegangen war. Aber er behauptete damals, nie etwas von einer derartigen Handschrift gehört zu haben.
Als wir an jenem längst vergangenen Abend Hinrich Färber besuchten, war auf den ersten Blick zu sehen, dass der Mann keine Not litt. Er lebte in einer dreistöckigen Villa, und zwar in einem der teuersten Viertel von Berlin, wie mir der Professor erklärte. Ein blasiert wirkender Diener öffnete uns die Tür und fragte ziemlich unfreundlich, ob Herr Färber uns erwarten würde. Der Professor sagte, das sei nicht der Fall, bat den Diener aber, unsere Namen auszurichten und zu sagen, dass wir aus Island kämen.
»Aus Island?«, echote der Butler.
»Ja«, antwortete der Professor.
Der Lakai fixierte uns eine ganze Weile, bis der Professor begriff, dass er auf unsere Visitenkarten wartete. Er erklärte dem Diener, dass er nichts dergleichen mit sich führe. Der Diener verzog keine Miene, ließ uns aber auch nicht ins Haus, sondern machte uns die Tür vor der Nase zu, sodass wir auf der Freitreppe herumstehen mussten, während er Färber benachrichtigte. Es dauerte ziemlich lange, bis sich die Tür erneut öffnete und der Diener wieder erschien. Herr Färber sei bereit, uns zu empfangen.
Wir kamen in ein großes Foyer, von wo aus eine ausladende Treppe in das nächste Stockwerk führte; die Böden waren aus Marmor und die Wände mit Kunstwerken gepflastert. Der Diener führte uns nach rechts durch einen beeindruckenden Salon in Hinrich Färbers Arbeitszimmer. Er erklärte, sein Herr werde gleich da sein, und erkundigte sich, ob er uns etwas zu trinken bringen könne. »Kaffee«, sagte der Professor, der seit unserer Abreise aus Kopenhagen so gut wie keinen Alkohol angerührt hatte. Ich bat um Wasser. Der Diener verschwand ebenso geräuschlos, wie er uns durch das Haus geführt hatte.
Am einen Ende des Zimmers befand sich ein imponierender Schreibtisch mit zwei Telefonen, die die Wichtigkeit des Besitzers unterstrichen. An den Längswänden befanden sich Bücherschränke, und auf kleinen Tischen standen Plastiken und andere offenbar wertvolle Kunstgegenstände.
»Was kann ich für euch tun, meine Herren Isländer«, wurde laut und resolut hinter uns gefragt. Als wir uns umdrehten, sahen wir Hinrich Färber auf uns zukommen. Er begrüßte uns per Handschlag. Der hochgewachsene, schwarzhaarige Mann im Anzug war um die fünfzig und hatte einen dunklen Teint. Das kalte Lächeln, das immer mal wiederüber sein Gesicht huschte, sollte wohl den Eindruck von Zuvorkommenheit vermitteln.
Der Professor erinnerte ihn an ihr Zusammentreffen nach Kriegsende. Sie waren offenbar beide gewohnt, direkt zur Sache zu kommen.
»Ja, Klaus hat mir gesagt, dass Sie Isländer sind«, sagte er. Damit meinte er wohl seinen Diener. »Ich kann mich aber nicht erinnern, dass wir uns schon einmal begegnet sind. Wie haben Sie mich, wenn ich mir die Frage erlauben darf, ausfindig gemacht?«
»Wir kommen von Victor Berg«, sagte der Professor.
»Victor Berg? Ist der nicht tot?«
»Noch nicht«, sagte der Professor. »Schade, dass Sie sich nicht an mich erinnern können. Wenn ich Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen darf: Ich habe Sie damals wegen eines Buchs aufgesucht, von dem ich allen Grund hatte zu glauben, dass es während des Kriegs nach Deutschland, und sehr wahrscheinlich nach Berlin gebracht worden war. Dieses Buch hat außerordentlichen Wert in meinem Heimatland und überall dort, wo germanische Sprachen gesprochen werden. Sie sagten damals, dass
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