Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
einen Rucksack, und dann - und das war das größere Geschenk - entschuldigten sie sich dafür, dass sie nach seinem Traum von den Banditen weniger Zeit mit ihm verbracht hatten als zuvor.
Bernel und Royden verbrachten den größten Teil von Jaryds Geburtstag in der Schmiede und kehrten an diesem Abend mit einem in Tuch gewickelten Gegenstand zurück, den sie Jaryd kurz vor dem Abendessen überreichten. Als Jaryd das Tuch entfernte, hatte er einen Dolch in der Hand, der in einer braunen Lederscheide steckte und einen Griff aus glasartigem, schwarzem Stein hatte, der so gemeißelt war, dass er wunderbar in seine Hand passte. Jaryd zog das Messer heraus und sah eine hervorragend geschliffene Silberklinge. Unfähig, auch nur ein Wort herauszubringen, drehte Jaryd den Dolch immer wieder hin und her und starrte staunend jede Einzelheit an.
»Ich wusste nicht, dass du Silber bearbeiten kannst«, sagte Baden leise zu Bernel. »Zumindest nicht so geschickt.« Bernel grinste schüchtern. »Ich auch nicht. Royden hat mich nun schon seit einiger Zeit geplagt, es einmal zu versuchen.« Er zuckte die Achseln. »Das hier schien eine gute Gelegenheit zu sein. Die Scheide ist von Jorrin«, fuhr er mit einem Blick zu Jaryd fort. »Er bedankt sich für die Arbeit, die du an seinen Werkzeugen geleistet hast, und er wünscht dir alles Gute für die Reise.«
Auch Drina hatte ein Geschenk für ihn, eine neue Jacke aus Wolle, die dick genug war für die Kälte, auf die er und Baden bei der Überquerung des Gebirges stoßen würden. Erstaunlicherweise hatte sie beinahe die Farbe von Badens Umhang. Drinas helle Augen waren groß und feucht, als sie Jaryd die Jacke überreichte. »Ich habe den Stoff schon vor langer Zeit gekauft«, sagte sie mit leicht zitternder Stimme. »Ich war nicht sicher, wann ich dir die Jacke geben würde. Ich nehme an, irgendwie wusste ich schon, welchen Weg du wählen würdest.« Sie lachte leise, obwohl ihr Blick traurig blieb. »Vielleicht kann ich ja selbst auch ein wenig in die Zukunft sehen.« Nachdem Jaryd die Geschenke ausgepackt hatte, setzten sich die fünf zum Geburtstagsessen nieder. Drina hatte Jaryds Lieblingsessen gekocht, Fasanenbraten mit Shan-Blättern gewürzt, und danach gab es Honigkuchenpudding.
Royden überreichte Jaryd sein Geschenk erst später an diesem Abend, nachdem ihre Eltern und Baden sich bereits hingelegt hatten. Jaryd lag schon im Bett und wollte gerade die Kerze ausmachen, als Royden ein kleines Bündel aus der Truhe am Fuß seines Bettes holte.
»Warte noch, Jaryd. Ich habe etwas für dich.«
Jaryd setzte sich wieder hin, und Royden hockte sich auf die Bettkante.
»Mir ist nichts eingefallen, was ich dir schenken könnte, jedenfalls nichts dem Anlass Angemessenes. Und dann habe ich mich daran erinnert, dass du das hier immer bewundert hast.« Royden reichte ihm das Bündel, das sich in Jaryds Händen überraschend leicht anfühlte. Jaryd zog eine Papierschicht nach der anderen ab, bis er zu einer kleinen Schachtel kam. In der Schachtel lag ein gravierter Goldring, den Royden im Kriechkeller unter der Schmiede entdeckt hatte, als sie noch Kinder gewesen waren. Der Ring war abgetragen und matt, aber das Bild von Arick, das in die flache Krone graviert war, war noch deutlich zu erkennen.
Jaryd schaute von dem Ring zu seinem Bruder. »Royden«, sagte er überwältigt, »das kann ich nicht annehmen. Ich danke dir. Das hier ist ein unglaubliches Geschenk. Aber ich kann es nicht annehmen.« Er versuchte, es seinem Bruder zurückzugeben, aber Royden schüttelte den Kopf. »Bitte, Jaryd. Ich kann ihn ohnehin nicht tragen, wenn ich in der Schmiede arbeite. Und es wäre mir wirklich wichtig, dass du ihn annimmst.« Jaryd setzte dazu an, etwas zu sagen, aber Royden schnitt ihm das Wort ab. »Wenn es dir lieber ist, können wir es ja als Dauerleihgabe betrachten. Aber wir haben diesen Ring immer als meinen Glücksring bezeichnet, und jetzt bin ich der Ansicht, dass du ihn haben solltest.«
Jaryd gab nach und steckte den Ring auf den kleinen Finger seiner rechten Hand. Dann umarmte er seinen Bruder. »Bei den Göttern, du wirst mir fehlen«, sagte er unter Tränen. Royden erwiderte die Umarmung schweigend, und dann ging er zurück in sein Bett und löschte seine Kerze. Jaryd blies ebenfalls die Kerze neben seinem Bett aus, aber er lag noch lange wach, starrte aus dem Fenster in die Nacht und spielte dabei mit dem Ring.
Das kurze Lebewohl am nächsten Morgen, als der Himmel im Osten
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