Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
mit Jaryd die Werkzeuge für Jorrin fertig machen kannst?«
»Ja, das sollte zu schaffen sein. Es ist nicht mehr so viel zu tun.«
»Gut. Dann werden euer Onkel Baden und ich euch beim Abendessen sehen.« Bernel nahm seine Schürze ab, zog die Jacke an und winkte Baden voranzugehen. Der Eulenmeister sagte nichts, aber er lächelte seinen Neffen freundlich zu, bevor er die Schmiede verließ.
Als sie weg waren, wandte sich Royden Jaryd zu und stellte dieselbe Frage, die Jaryd ihm hatte stellen wollen. »Hast du das gewusst?«
Jaryd musste lachen. »Meinst du, ob ich gewusst habe, dass unser Onkel ein Magier ist, oder ob ich wusste, dass Papa überhaupt einen Bruder hat?«
Nun lachte auch Royden. »Wahrscheinlich beides. Ich frage mich, warum Papa es uns nie gesagt hat. Oder auch Mama.«
»Das ist nicht alles, was sie uns vorenthalten haben.«
»Wie meinst du das?«
»Baden und ich haben uns auf dem Weg hierher unterhalten. Wusstest du, dass Großmutter Lynwen eine Eulenmeisterin war, ebenso wie ihre Mutter?«
»Das hat er dir erzählt?«, fragte Royden und riss wieder die Augen auf.
Jaryd nickte zerstreut, denn er dachte bereits an etwas anderes. »Du hast zu Baden gesagt, dass du dich an seinen Besuch bei uns erinnerst. An was genau?«
Royden dachte eine Augenblick lang nach. »Ich erinnere mich, dass ich ganz aufgeregt darüber war, einen Magier zu sehen. Sein Vogel kam mir riesig vor, und er war das Schönste, was ich je gesehen hatte. Und ich erinnere mich, wie freundlich Baden war und dass er sich lange mit mir unterhalten hat.«
»Erinnerst du dich daran, worüber ihr gesprochen habt?«, fragte Jaryd neugierig.
Royden kniff die Augen ein wenig zusammen. »Nein«, antwortete er schließlich und schüttelte den Kopf. »Alles andere ist noch klar und deutlich, aber ich erinnere mich nicht, worüber wir gesprochen haben.«
»Ich auch nicht«, sagte Jaryd nachdenklich. »Meine Erinnerungen an seinen Besuch sind beinahe genau wie deine. Sie sind erstaunlich lebhaft, bis auf unser Gespräch.«
»Was, glaubst du, hat das zu bedeuten?«
Jaryd zuckte die Achseln und strich sich ungeduldig das Haar aus der Stirn. »Ich weiß es nicht.«
Sie standen einander eine lange Weile schweigend gegenüber. »Hat er dir gesagt, wieso er hier ist?«, fragte Royden schließlich und band sich die Lederschürze seines Vaters um.
Jaryd lachte abermals. »Irgendwie schon. Er sagte, er sei zu meinem Geburtstag gekommen.«
Royden zog die Brauen hoch. »Hast du irgendeine Ahnung, was er damit meinte?«
»Nein«, erwiderte Jaryd kopfschüttelnd. »Überhaupt nicht.« Royden griff nach der Zange und wies auf die Schmiede.
»Nun, hier werden wir sicher nichts herausfinden können. Je schneller wir mit Jorrins Werkzeug fertig sind, desto schneller werden wir Baden und Papa wiedersehen.«
Jaryd nickte zustimmend. »Ich kümmere mich um die Blasebälge.«
Es dauerte länger, als sie angenommen hatten, und als sie schließlich hungrig und müde aus der Schmiede kamen, war es draußen schon dunkel. Zu Hause fanden sie Baden, Bernel und Drina am Küchentisch sitzend vor, und Badens Eule hockte auf dem Schrank, die Augen geschlossen und das Gefieder ein wenig aufgeplustert. Bernel und Baden saßen einander grimmig gegenüber, starrten auf die Tischplatte und sagten kein Wort. Drina saß zwischen ihnen, die Augen feucht und gerötet von Tränen. Leere Teller standen auf dem Tisch, und der vertraute würzige Duft von Rindereintopf hing in der Luft.
»Seid ihr mit allem fertig?«, fragte Bernel.
»Endlich, ja«, entgegnete Royden, als er und Jaryd ihre Jacken auszogen und sich ebenfalls an den Tisch setzten. »Ich bin noch nicht so schnell wie du.«
Bernel nickte und versuchte erfolglos zu grinsen. »Lass dir noch fünfundzwanzig Jahre Zeit, dann wirst du das auch schaffen.«
Drina stand auf. »Wir haben schon gegessen«, sagte sie mit künstlicher Fröhlichkeit und wischte sich die Augen mit der Schürze, »aber wir haben noch viel für euch übrig gelassen.« Sie ging zum Herd und löffelte Eintopf in zwei Schalen, die sie dann vor ihre Söhne hinstellte, bevor sie sich wieder setzte.
Jaryd und Royden begannen zu essen, und keiner sagte ein Wort, bevor sie die ersten paar Löffel im Bauch hatten. Dann sah sich Royden finster am Tisch um. »Wird uns vielleicht einer von euch sagen, was hier los ist, oder müssen wir raten?«
Jaryd hielt den Blick gesenkt und fürchtete die Reaktion seines Vaters, aber er wollte ebenso dringend
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