Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
dass er seine Strafe widerspruchslos akzeptiert hat, alles zurückzahlte, was er genommen hatte, und weiter derselben Region diente, was mir recht mutig vorkommt. Seitdem ist er einer der einflussreichsten Magier des Ordens geworden. Viele von uns dachten, er würde nach Feargus' Tod Eulenweiser werden. Aber stattdessen haben die anderen Eulenmeister Jessamyn gewählt, die das älteste Ordensmitglied war.«
»Wen hast du gewählt?«, fragte Jaryd.
Baden lächelte rätselhaft. »Das geht dich nichts an.« Nach einem kurzen Schweigen setzte der Eulenmeister die Geschichte fort. »Obwohl niemand zugeben würde, dass die Stimmen für Jessamyn auch als Zurückweisung von Sartol gemeint waren, hatten damals viele das Gefühl, das Ab-
Stimmungsergebnis stelle einen letzten Klaps auf seine Finger dar. Viele von uns erwarten, dass Sartol der nächste Eulenmeister sein wird, aber Sartol lässt auch nichts unversucht, um sich beliebt zu machen.«
»Kanntest du ihn schon, als er bestraft wurde?«, wollte Trahn wissen.
Baden nickte. »Ja, wenn auch nicht sonderlich gut. Ich war seit ein paar Jahren mit meiner Großmutter und meiner Mutter zu den Versammlungen gekommen und hatte gerade die ersten Monate als Schüler von Lynwen hinter mir. Sartol und ich begegneten einander, ich glaube, wir haben sogar ein paarmal miteinander gesprochen. Aber das war alles.« Er hielt inne und starrte den leeren Bierkrug an, den er in seinen großen Händen hielt. »Sartol war damals sehr stolz, beinahe arrogant. Aber selbst damals hatte er eine liebenswerte Art, die ihn zu einem der Anführer unter den jüngeren Ordensmitgliedern machte.«
Wieder senkte sich Schweigen über ihren Tisch, das diesmal vom Eintreffen des Abendessens und einer zweiten Runde dunklen Biers gebrochen wurde. Dieses Bier, das nur hier in der Stadt des Ersten Magiers ausgeschenkt wurde, nannte sich Amari-Bier. Baden hatte behauptet, der Adlerhorst serviere das beste Essen in der ganzen Stadt, und Jaryd erfuhr nun, wie gut es war. Das Abendessen bestand aus einem gut gewürzten Eintopf, nicht unähnlich dem, den seine Mutter manchmal kochte, aber mit Geflügel statt Rindfleisch und mit einem aromatischen Kraut gewürzt, das Jaryd nicht kannte. Es war, wie er zugeben musste, eine der köstlichsten Mahlzeiten, die er je zu sich genommen hatte. »Was hältst du von der Großen Halle?«, fragte ihn Trahn, während sie aßen.
Jaryd zögerte, denn er erinnerte sich an das Unbehagen, das er auf der Straße vor der Halle und dann noch einmal im Versammlungssaal empfunden hatte. »Sie ist sehr schön«, sagte Jaryd unsicher, »besonders die Kristallstatuen.«
Trahn kniff die Augen ein wenig zusammen. »Aber?«
»Ich weiß nicht recht, wie ich es ausdrücken soll. Ich denke, ich habe mich irgendwie ... unbehaglich gefühlt.«
Trahn warf Baden einen scheinbar sehr zufriedenen Blick zu, bevor er sich wieder an Jaryd wandte. »Sprich weiter.«
Jaryd schüttelte den Kopf. »Wie ich schon sagte, ich weiß nicht, ob ich es in Worte fassen kann. Es ist nur - nun, Amarid war ein Mensch. Gut, er war der Erste Magier, aber er war nur ein Mensch. Diese Halle kommt mir vor wie einer von Aricks Tempeln, nur viel größer. Es wirkt irgendwie ... unangemessen.«
Wieder wandte sich Trahn Baden zu und lächelte triumphierend. Baden schüttelte nachdenklich den Kopf. »Trahn sagt mir schon seit Jahren dasselbe«, meinte er. »Ich sehe es nicht so, aber ich achte seine und deine Meinung.«
»Ich glaube, was mich am meisten gestört hat«, erklärte Jaryd, »war etwas, worüber wir heute früh schon gesprochen haben. Der Abstand zwischen dieser Verehrung für Amarid und der vollkommenen Tilgung der Rolle Therons aus allen Traditionen des Ordens, selbst den Bauwerken, ist einfach zu groß. Amarid wird zu einer Art Gott gemacht, während Therons Name gleichbedeutend ist mit einem Verstoß gegen Amarids Gesetze. Ich finde, hier brauchte es ein anderes Gleichgewicht.«
Trahn und Baden wechselten einen Blick. »Auch das hat Trahn mir schon öfter gesagt«, erklärte der Eulenmeister ernst.
Jaryd wandte sich Trahn zu, denn er erinnerte sich an etwas von ihrer vorherigen Begegnung auf der Straße. »Du sagtest heute Nachmittag, als wir uns begegnet sind, dass gerade dieser Unterschied zwischen dem Schicksal Amarids und Therons die Ursache unserer derzeitigen Probleme sein könnte. Was hast du damit gemeint?«
»Bevor du antwortest«, unterbrach Baden, der seinen Magierkollegen eindringlich ansah,
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