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Coe, Jonathan

Coe, Jonathan

Titel: Coe, Jonathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die ungeheurliche Einsamkeit des Maxwell Sim
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ein
Fremdwort für dich.«
    Folgen Sie dem Straßenverlauf
für circa fünf Kilometer.
    »Ich weiß ja, dass ich mich
schlecht benehme, verstehst du? Ich hätte nicht tun dürfen, was ich getan habe,
und ich sollte nicht tun, was ich jetzt tue. Aber du machst mir deshalb keine
Vorwürfe. Du weißt, dass ich meine Gründe habe. Du kennst die mildernden
Umstände, die ich für mich in Anspruch nehmen kann.«
    Folgen Sie dem Straßenverlauf
für circa drei Kilometer.
    »Ich weiß ja, dass es nicht
gut aussieht. Ich verlasse Alisons Haus um fünf Uhr früh, ohne ein Wort des
Danks, ohne mich zu verabschieden. Und nicht nur das, wo ich schon mal dabei
bin, plündere ich auch noch ihre Hausbar. Sicher, Alison und ihr Mann sind
stinkreich, zwei Flaschen Whisky können die locker verschmerzen. Auch wenn es
nicht irgendein alter Whisky ist, sondern zwei Flaschen sündhaft teurer Single
Malt. Aber das ist ja nun mal nicht mein Problem, wie das Zeugs schmeckt, ist
mir letztlich schnurz, mir wär's genauso recht gewesen, wenn sie Bell's oder
Johnnie Walker gehabt hätten. Nein, ich hätte es - von den entstandenen Kosten
mal abgesehen - schon aus Prinzip nicht tun dürfen. Ich sage ja, es macht alles
keinen besonders guten Eindruck. Und dann rolle ich um fünf Uhr morgens mit
meinem Koffer durch die Straßen, die Jackentaschen rechts und links von je
einer Flasche Whisky ausgebeult, misstrauisch beäugt von zwei Polizisten in
einem geparkten Streifenwagen und irgendwie ... irgendwie finde ich den Weg in die
Stadtmitte und zurück zu dir. Wann mag das gewesen sein? Ich habe jegliches
Gefühl für die Zeit verloren. Kannst du dich erinnern?«
    Folgen Sie dem Straßenverlauf
für circa anderthalb Kilometer.
    »Ich meine, zwischendrin
müssen doch noch andere Dinge passiert sein. Da bin ich mir ziemlich sicher.
Ich bin ganz schön lange durch die Gegend gelaufen. Da war dieser Obdachlose in
dem Hauseingang, der hinter mir her gerannt ist und immer gefragt hat:
>Alles in Ordnung, Kumpel?< Später hab ich eine Weile auf einer Bank
gesessen. Eine ganze Weile, wenn ich mich recht erinnere. Das muss irgendwo
ganz oben gewesen sein, in der Nähe eines Parks, man hatte einen Blick über die
Princes Street, die Princes Street Gardens und die ganze Stadt. Klassisches
Touristenpanorama. Es war noch dunkel, als ich mich hingesetzt hab, aber schon
hell, als ich wieder aufgestanden und weitergegangen bin. Da hatte es wieder
zu schneien angefangen. Der Schnee ist nicht liegen geblieben. Nur runtergefallen.
So wie jetzt.«
    Fahren Sie in den
Kreisverkehr, dritte Ausfahrt.
    »War ich froh, als ich wieder
bei dir war, das kann ich dir sagen. Es ist nämlich lausig kalt geworden
inzwischen. Ich musste mich mit ein paar Schlucken Laphroaig aufwärmen, bevor wir
wieder losgefahren sind, und ich weiß, das ist wirklich ein schlechtes -«
    Jetzt die Ausfahrt nehmen.
    »Uii! Danke - wäre um ein Haar
dran vorbeigerauscht. Hab nicht aufgepasst, tut mir leid. Und du unhöfliches
ungeduldiges Arschloch musst mich noch lange nicht anhupen, nur weil ich mich
in der Gegend nicht so gut auskenne wie du. Kann ja nicht jeder 'n
Scheißeingeborener sein, oder? Also, wo war ich stehen geblieben?«
    Der Straße folgen.
    »Ach, was soll's, ich hab's
vergessen. Genießen wir einfach die Landschaft. Ich glaube übrigens nicht, dass
ich schon mal über die Forth-Brücke gefahren bin. So weit im Norden bin ich
noch nie gewesen. Ist doch ganz schön bescheuert, oder? Achtundvierzig Jahre
alt und noch nie nördlicher als Edinburgh gewesen. Ich sollte mir eine Liste
machen, wo alles drauf steht, was ich noch erledigen will, bevor ich fünfzig
bin. Bungee-Springen. Gleitschirmfliegen. Eins von den vermaledeiten Büchern
lesen, die nach Carolines Überzeugung einen besseren Menschen aus mir gemacht
hätten. Anna
Karenina. Die Mühle am Floss. Mir jemand Neuen zum Heiraten suchen. Und für's Bett.
Lernen, keine Angst mehr vor Intimität zu haben, lernen, nicht mehr allein zu
sein (sei
still sei still sei still). Mit einem Trimaran einmal einhändig um die Welt segeln..
«
    Weiter der Straße folgen.
    »Ach, Donald, du hattest doch
nie eine Chance, oder? Es war genauso unwahrscheinlich, dass du um die Welt
segelst, wie es unwahrscheinlich ist, dass ich morgen nach Unst komme und mit
'nem Karton voller Zahnbürsten in diesem Laden aufkreuze. Wem wollen wir das
erzählen, hm? Wen wollen wir hier verarschen? Uns selber, nehme ich an. Ja, so
ist es. Und irgendwann müssen wir dann

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