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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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von einem Gewaltverbrechen auszu …‘
    Glas splitterte auf dem Marmorboden, der Duft alten Cognacs füllte den Raum. Entsetzt starrte Charif auf den Bildschirm. Die eben noch wiedergegebene Satellitenaufnahme des Leichenfundorts war dem Porträtfoto des Ermordeten gewichen. Charif stockte der Atem. Der Ermordete war der Fremde! Er war dieses brutale Ungeheuer, das ihn in der Frühe in Angst und Schrecken versetzt, ihn dazu gebracht hatte, seinen Wagen vollzukotzen! Nun war das Monstrum tot, ermordet. Eine Nachricht, die ihn sonst mit Genugtuung erfüllt hätte, geriet zur Katastrophe: Sollte sich die Ankündigung des Fremden bewahrheiten, wäre sein Schicksal besiegelt! Oder bestand Hoffnung, dass der Fremde geblufft hatte? Nein, davon war weiß Gott nicht auszugehen, der Auftritt dieses Ungeheuers sprach eine eindeutige Sprache. Zudem hatte man ihn in der Nähe des Babylon gefunden. Offensichtlich hatte er seine Ankündigung, den Entführern ‚Feuer unterm Arsch‘ machen zu wollen, wahr gemacht. War wohl dumm gelaufen, dieses Vorhaben. Nein, es bestand keine Hoffnung. Sharif schüttelte entmutigt den Kopf. Er war erledigt!
     
    Pohl schaltete den Ton ab, blickte konsterniert auf den Bildschirm. Es war ein alptraumhaftes Erlebnis, in den Nachrichten mit seiner Todesnachricht konfrontiert zu werden. Ihm wurde erst jetzt bewusst, in welche Gefahr er sich mit seinem Aktionismus gebracht hatte. Das, was gerade als Nachrichtenente über den Äther gegangen war, hätte durchaus Realität sein können. Erinnerungsfragmente drängten sich in seine Gedanken – Sam Liebermans ausblutender Körper, die eiskalten Fluten der Sambre, die beinahe tödlichen Prügel im Hof des Las Vegas, der bärtige Unbekannte auf der Terrasse, die stets gefährlichen Begegnungen in Kreuzers Eck, vor allem die direkten Konfrontationen mit seinen Opfern. Jedes Mal war er unwägbare Risiken eingegangen. Was hatte ihn nur getrieben? Grenzen-loser Zorn war ein schlechter Ratgeber!
    Das Handy in seiner Brusttasche machte sich bemerkbar. Das Handy? Er rechnete mit Schöllers Anruf! Der rief um diese Uhrzeit stets auf der Festleitung an! Außerdem kannte der Hauptkommissar diese Handynummer nicht. Er hatte das Handy ‚für besondere Anlässe‘ im Rahmen seiner konspirativen Aktionen erstanden, es bisher so gut wie nie benutzt. Er schaute auf das Display. 0032 … Das war Belgien! Ellen! Sie musste zurück in Charleroi sein.
    „Hallo Ellen!“
    „Hallo, Jan! Hat alles geklappt?“
    „Ja, danke! Ganz große Klasse! Du hast was gut bei mir!“
    „Ach was! Lass‘ uns nicht so lange telefonieren! Dein Handy wird bestimmt abgehört. Sei vorsichtig!“
    „Mach dir keine Sorgen … Hallo?“ Sie hatte aufgelegt. Sollte er sie zurückrufen? Er beschloss spontan, es nicht zu tun. Vermutlich hatte Ellen Angst. Er hatte sie vor seinen Karren gespannt, ohne dies überhaupt in Erwägung zu ziehen. Er fühlte sich plötzlich mies.
     
    Charif ließ den schweren Daimler ausrollen. Es war ungefähr die Stelle, an der an diesem Morgen sein Martyrium begann, ihn dieser verfluchte Pohl seiner Würde beraubte. Er wusste nicht, warum er diesen Platz wählte. Er löschte das Licht, ließ noch eine Weile den Motor laufen, bevor er die Zündung abstellte. Er schaute in den Rückspiegel. Keine Scheinwerfer, nirgends ein Licht, nichts als Finsternis und Einsamkeit um ihn herum. Der richtige Ort, der richtige Zeitpunkt, die Konsequenz aus seiner Situation zu ziehen.
    Er stieg aus, setzte sich nach hinten. Warum tat er das? Er hatte keine Erklärung. Er griff in die Tasche, fühlte die metallische Kühle der Makarov. Seine Gedanken, eben noch auf sich selbst fixiert, begannen zu kreisen. Er sah Hassan, den in der Garage an das Heizungsrohr gefesselten Fahrer. Als er ihn entdeckt hatte, war ihm endgültig klar geworden, dass es kein Entrinnen gab. Nicht er bestimmte mehr das Geschehen, andere, ihm feindlich Gesinnte, taten dies. Schlimmer noch – sie wussten von seinen gewissenlosen Geschäften, seiner Veranlagung. Sein Schicksal war besiegelt. Helenas Gesicht drängte in seine Gedanken. Fassungslos blickte sie ihn an, sprach zu ihm, enttäuscht, anklagend, doch er verstand kein Wort. Dann standen seine Söhne am Rande seines Grabes, Trauer in den Gesichtern. Er spürte, wie ihm die Tränen in die Augen schossen. Doch plötzlich wandten sie sich angewidert ab. Hatten sie erfahren, mit welchen ‚Geschäften‘ er ihren Lebensstandard sicherte? Er wollte sich erklären,

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