Coins - Die Spur des Zorns
Sie doch. Außerdem bin ich vom Dienst freigestellt …“
„Schon wieder?“ Pohls Überraschung war echt. Argwöhnisch blickte er drein. Nicht schon wieder eine konspirative Aktion! Nicht zur Befreiung seiner Töchter!
„Das letzte Mal befand ich mich im Urlaub, Professor. Aber das erzähle ich Ihnen unterwegs. Wir sollten uns beeilen!“
„Natürlich. Machen wir Schluss! Bis gleich.“
Pohl ließ den Hörer sinken, starrte ungläubig vor sich hin. Erst jetzt begann er, wirklich zu begreifen: Alena und Alexa lebten!
27. Tag
„Na großartig! Der Professor wird wach!“ Schöller blickte grinsend zu Pohl hinüber.
„Scheiße! Hab‘ ich gepennt?“
„Wie ein Murmeltier. Scheint ganz schön anstrengend zu sein, Ihr Urlaub.“
Pohl rieb sich die Augen, blickte nach draußen. Der Morgen dämmerte, doch die vom Sturm fast waagerecht getriebenen Regenschleier verbargen die Details der Umgebung. Rechts voraus schimmerte schwach ein Licht, der einzige Hinweis auf Zivilisation „Scheißwetter!“
„Hm.“ Zu mehr war Schöller nicht zu bewegen. Sein Blick war starr auf die kaum erkennbare Fahrbahn gerichtet.
Das rote Licht einer vor ihnen auftauchenden Ampel brach sich tausendfach in der Windschutzscheibe. Schöller ging vom Gas, ließ den Wagen ausrollen. Es herrschte nur spärlicher Verkehr. Pohl sah in fragend an. „Wo sind wir? Kurz vor Rügen?“
„Am Stadtrand von Sassnitz.“
„Wie bitte? Wir sind schon über den Rügendamm?“
„Längst! Da war’s noch stockdunkel!“
Grün. Schöller fuhr an, schüttelte über Pohls Fragerei ungläubig den Kopf. Der sah auf die Uhr. Unruhig rutschte er auf dem Sitz hin und her. „Ich muss mal pinkeln.“
„Bei dem Wetter? Ich würde an Ihrer Stelle die paar Minuten noch durchhalten. Im Hafen gibt’s bestimmt ‘nen Lokus.“
Pohl schwieg, schien von Schöllers Rat wenig angetan. Er starrte nach draußen. Nirgends eine Gelegenheit, ungesehen und halbwegs geschützt vor Sturm und Regen dem Drängen im Unterkörper nachgeben zu können. Schöller bog unvermittelt scharf rechts ab. „Eh! Wohin fahren Sie?“
„Zum Hafen, wohin sonst?“
„Liegt der nicht geradeaus?“
„Das Navi sagt rechts ab. Ich tu‘, was es sagt. Mein Navi ist nämlich schlau!“
Pohl war nicht nach Späßen, ihm war nach Pinkeln! Angestrengt starrte er nach vorn. Da! Hinter einer Linkskurve bot neben der Straße auftauchendes Gebüsch wenigstens Deckung. „Halten Sie an! Hier geht’s!“
Widerwillig stoppte Schöller den Wagen. Bis zum Hafen hätte der Professor doch wohl durchhalten können! Pohl schlug den Kragen hoch, stieg aus und war nach wenigen Metern außer Sicht. Schöller nutzte die Zeit, gab Schrages Kurzwahl ein. Er wartete hoffnungsvoll auf die Verbindung. Wenn einer um diese Uhrzeit im Büro war, dann Schrage.
„Morgen Chef! Was verschafft mir die Ehre?“
„Bin in Eile, Schrage! Darum ganz schnell: Sollte man Sie fragen, ob Sie mit mir Kontakt hatten und wüssten, wo ich stecke, dann sagen Sie, Ihres Wissens würde ich Verwandte in Süddeutschland besuchen. Mehr wüssten Sie nicht. Ist das angekommen?“
„Na klar, Chef! Wird gemacht. Sie haben ein gutes Näschen! Dr. Wagner erschien gestern Abend bei mir. Er wünscht im Falle Ihres Anrufs umgehend Bericht.“
„Sie werden den Teufel tun!“
„Ist doch klar, Chef. Ich weiß doch gar nicht, was Sie machen. Was soll ich da berichten?“
„Sie sagen ihm auch nicht, dass ich angerufen habe. Das riecht nach Heisterkamp!“
„Sie haben angerufen? Vertun Sie sich da nicht? Hier hat heute noch gar keiner angerufen …“
„Schon gut, Schrage! Wir bleiben in Kontakt! Gibt es etwas, das ich wissen sollte?“
„Im Babylon herrscht Hektik. Ich sag‘ Ihnen, die haben was gemerkt. Ein Teil der Gäste ist bereits abgereist. Die letzte Pressekonferenz wurde abgesagt, angeblich wegen Erkrankung des Geschäftsführers, dieses Libanesen, Sie wissen schon. Schitte – das Alter! Ich hab‘ den Namen momentan nicht parat …“
„Sie meinen Sarim Charif?“
„Genau den meine ich. Sagenhaft, Ihr Gedächtnis!“
In diesem Moment riss Pohl die Wagentür auf, schüttelte sich eher vergeblich die Nässe von der Jacke und ließ sich schnaufend in den Sitz gleiten. „Mann, das wurde aber auch Zeit!“ Er schien gewaltig erleichtert.
„Grüßen Sie den Professor von mir! Sagen Sie ihm, ich drücke ihm die Daumen. Ihnen natürlich auch, Chef! Ich bleib‘ stand-by . Die Nummer von meinem Privathandy
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