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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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Nicht mehr auf dieser Leitung! Sag das deinen Leuten! Ende.“ Er sah Heintges an. In seinen Augen loderte ein seltsames Feuer. „Es geht los!“
     
    Sie hatten die Pantry und den Salon ohne Zwischenfall passiert. Am Fuß des Aufgangs zum Wheelhouse blieb Fortman stehen. Er hob, im bläulichen Widerschein der bis in den Treppenaufgang reichenden Ruderhausbeleuchtung soeben noch erkennbar, den Zeigefinger zum Mund, eine eher überflüssige Geste, wussten sie doch alle um die Schicksalhaftigkeit der bevorstehenden Aktion. Ein einziger Fehler, alle Mühe wäre vergebens gewesen, die Kinder vor drohender Geiselnahme zu bewahren. Ihr eigenes Schicksal spielte in diesen Überlegungen eine eher untergeordnete Rolle, da ein jeder glaubte, die anderen dächten ebenso uneigennützig.
    Im Ruderhaus wurde gesprochen, sporadisch, in abgehackten Sätzen. Verstehen konnten sie nichts, vermutlich handelte es sich um Lettisch. Fortman zog den Gummiriemen der Nachtsichtbrille über den Schädel, reichte sie wortlos Hellenkämper. Schöller trat geräuschlos zur Seite, Hellenkämper nutzte die Lücke, drückte Pohl das feldstecherähnliche Gerät in die Hand. Schöller half dem Professor beim Anlegen. Pohl blickte sich prüfend im Salon um, hob den Daumen, schien zufrieden mit der Wirkung der Brille, die ein grünlich leuchtendes Bild der Umgebung zeichnete. Gegenüber den Treppen-Auf- und Abgängen bezog er, bemüht lässig an die Wand gelehnt, seinen Posten. Von dort aus hatte er sowohl den Salon als auch den Gang zum Vorschiff im Blick. Er hob nochmals den Daumen, signalisierte Schöller, von diesem Moment an den Angriff der Truppe zu sichern. Die Botschaft war eindeutig: ‚Ihr könnt euren Job machen, ich pass schon auf!‘
    Fortman hatte Pohl die ganze Zeit kritisch beäugt. Er schien nicht hundertprozentig überzeugt von dessen Kampfkraft. Die nächsten zehn, zwanzig Minuten würde guter Wille allein nicht reichen! Aber hatte er eine Wahl? Er hob den Arm zum Signal, dann stieg er, mit sichtlicher Vorsicht um Geräuschlosigkeit bemüht, doch mit nicht minder erkennbarer Entschlossenheit die Stufen zum Wheelhouse hinauf, dicht gefolgt von Hellenkämper. Fortman hatte die oberen Stufen erreicht, ging in die Knie
    und beugte sich ein wenig nach vorn, um sich ein Bild verschaffen zu können. Die vom bläulichen Nachtlicht diffus ausgeleuchtete Szene hatte etwas Gespenstisches. Zu seiner Rechten erkannte er drei Männer, einer, vermutlich der Kapitän, saß – erkennbar angespannt nach vorn gebeugt – am Ruder, zwei standen, breitbeinig in dem schlingernden Schiff um Halt bemüht, links davon. Die Henrietta tauchte in diesem Moment tief ein. Die voraus tobende See, durch die hektisch hin und her gleitenden Scheibenwischer nur aufgrund ihrer Schaumkronen erkennbar, beanspruchte die volle Aufmerksamkeit der Männer am Ruderstand. Die beiden Stehenden waren bewaffnet, in ihren Gürteln steckten Pistolen. ‚Waffen im Rücken, keine Halfter. Vereinfacht die Sache.‘ Fortman stellte es mit innerlicher Genugtuung fest. Nur zwei, drei Schritte, zwei entschlossene Griffe – bevor die Halunken es gemerkt hätten, wären sie entwaffnet. Ob der Kapitän ebenfalls bewaffnet war, ließ sich aufgrund der Sessellehne nicht feststellen. Der Kapitän wäre ohnehin seine Sache. Die Mündung einer 45er im Genick würde für die notwendige Disziplin sorgen.
    Fortman wandte sich zu Hellenkämper und Schöller um. Mit minimalistischer Gestik verdeutlichte er ihnen die Situation. Sie hatten rasch begriffen, dass er sich hinter den Rudersitz schleichen würde, die gleichzeitige Entwaffnung der beiden Crewmitglieder ihre Sache sei. Sie nickten zur Bestätigung. Er winkte sie die Stufen hoch; sie mussten nahe beieinander stehen, um zeitgleich angreifen zu können. Mit einem raschen Seitwärtsschritt hatte Fortman unbemerkt die angekündigte Position hinter dem Kapitän bezogen, die 45er in der Linken, den Lauf noch zur Decke gerichtet.
    Hellenkämper wollte gerade nachrücken, als ein anhaltendes Surren das dumpfe Trommeln der aufschlagenden Wasserkaskaden übertönte. Der Kapitän beugte sich noch weiter nach vorn, zog das Satellitentelefon aus der Halterung, reichte es wortlos dem neben ihm Stehenden. Fortman hielt Hellenkämper in letzter Sekunde zurück, aufgrund der Waffe in seiner Linken eine drastisch wirkende Geste. Doch Hellenkämper hatte auf Anhieb verstanden: Während des Telefongesprächs wäre ihr Angriff am anderen Ende der Funkstrecke

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