Coins - Die Spur des Zorns
erforderlich und machbar halten. Geht das in Ordnung?“
„Ja sicher.“
„Gut. Dann machen wir uns jetzt auf den Weg. Bleiben Sie dicht hinter mir. Auf den Treppen Gänsemarsch, auf dem Zwischendeck versetzt zueinander, soweit die Räumlichkeit dies zulässt. Achten Sie auf freies Sichtfeld! Bleiben Sie dennoch so nah beieinander, dass Sie sich durch Berühren gegenseitig warnen können. Oben wird nicht gesprochen! Es sei denn, die Situation erfordert dies zwingend. Dann dürften wir eh schon entdeckt worden sein. Fragen?“
„Keine Frage, sondern meine Absicht. Ich setze vorher einen Statusbericht an die Einsatzleitung ab. Kann für uns möglicherweise segensreich sein.“ Hellenkämper ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass seine Absicht nicht verhandelbar war.
„Einen Statusbericht?“ Fortman schien mit diesem Begriff absolut nichts anfangen zu können. Sie standen unmittelbar vor dem entscheidenden Gefecht! Da war kein Raum für umfängliche Berichte!
„War die verkehrte Wortwahl. Ich meine eine Kurznachricht über die hierfür reservierte Leitung. Die Einsatzleitung sollte wissen, dass wir im Begriff sind, die Henrietta unter unsere Kontrolle zu bringen. Wir sollten uns damit beeilen! Ich hoffe, wir haben noch ein Netz.“
„Dann machen Sie schnell!“
Fortman deckte mit der Rechten die Nachtsichtbrille ab, als das Display des iPhones aufleuchtete. Sie warteten schweigend auf das Zustandekommen der Verbindung.
„Besetzt!“
Hellenkämper hörte sich genervt an. „Ich versuch’s noch mal. Das Signal ist schon verdammt schwach. Der Kaleu hatte versprochen, diese Leitung freizuhalten.“
Sie hörten, wie Hellenkämper die Wahlwiederholung betätigte, hektisch atmend auf das Zustandekommen der Verbindung wartete. Die Spannung in der Kabine war fühlbar, die Finsternis trug dazu bei, sie als unerträglich zu empfinden. Sie mussten Steiner erreichen! Schlüge die Aktion fehl, hätten sie zumindest die Option auf Rettung.
„Scheiße! Noch immer besetzt.“
Steiners Miene hellte sich zunehmend auf, je länger er dem Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung zuhörte. Heintges war dies nicht verborgen geblieben. Gespannt wartete er auf das Ende des Gesprächs. Endlich klappte Steiner das Handy zusammen, verstaute es umständlich in der Brusttasche. Er nickte Heintges aufmunternd zu.
„Endlich mal eine gute Nachricht! Sie haben die Henrietta auf dem Screen. Macht nur langsame Fahrt, gerade mal sechs Knoten. Scheint, dass sie nicht wissen, wo sie hin sollen. Aktuell befinden sie sich keine acht Seemeilen von hier entfernt, exakt auf 54°34‘ nördlicher Breite, 13°50‘ östlicher Länge. Egal, ob hinter Bornholm oder im Bodden – wie kriegen sie! Die Puma ist schon unterwegs. Es kommt aber noch besser. In zwei Stunden ist das Sturmtief durch. In Rostock werden nur noch drei Beaufort gemessen. Das heißt, Boarding aus der Luft wird in Kürze möglich sein!“
„Muss ‘ne ziemliche Punktlandung werden. So groß ist die Henrietta nun auch wieder nicht. Das Vorschiff bietet nicht genügend Fläche, und auf dem Badedeck stört das verdammte Schlauchboot. Ich hab‘ mich immer gefragt, wieso das nicht in der Garage verstaut wurde.“
„Das ist deren Fluchtboot. Die wären damit aus dem Hafen getürmt!“
„Die standen die letzten Tage unter permanenter Beobachtung, Kaleu. Wir wären schon bei denen gewesen, bevor die den Kran in Position gebracht hätten.“
„Und wenn sie mit vier Mann das Boot vom Deck gestoßen hätten?“
„Auch dann. Spätestens an der Hafenausfahrt hätten wir sie geschnappt.“
„Wirklich? Die Henrietta ist uns immerhin durch die Lappen gegangen. Ist auch egal; hilft uns jetzt nicht weiter. Vielleicht ergibt sich eine Situation, an die wir bisher gar nicht gedacht haben. Wichtig ist, dass wir die Henrietta auf Schritt und Tritt verfolgen können, ohne selbst bemerkt zu werden. Wir dürfen nie die Gesundheit der beiden Mädchen aus den Augen verlieren! Und natürlich auch nicht die unserer Männer. Wir können nur hoffen, dass sie nicht zu Schaden kommen, bevor wir das Schiff unter unsere Kontrolle gebracht haben. Das ist die eigentliche Problematik, mit der wir uns auseinanderzusetzen haben. Ich gestehe, bisher keine überzeugende Lösung gefunden zu haben.“
„Sie denken an die Gefahr der Geiselnahme?“
„Genau das ist der kritische Punkt. Geiselnahme der Mädchen, möglicherweise auch unserer Leute, sollten die bis dahin überlebt haben
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