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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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nicht unbemerkt geblieben! Auch Schöller – noch im Treppenaufgang – hatte begriffen, dass das Surren im Ruderhaus zu einer Verzögerung ihrer Aktion führen würde. Er blickte sich nach Pohl um, sah, dass dieser nach wie vor an der Wand lehnte, den Blick starr in den Salon gerichtet. Schöller nickte zufrieden. Pohl machte seine Sache gut; sollte ein Angriff erfolgen, dann mit größter Wahrscheinlichkeit aus dieser Richtung.
    Fortman und Hellenkämper versuchten, den wenigen Bemerkungen des Mannes am Satelliten-telefon eine brauchbare Information zu entringen. ‚Andris pa tālruni … Kad? … Es sapratu.‘ Fortman schielte zu Hellenkämper hinüber. Der schüttelte den Kopf. Sie merkten rasch, dass das Lettische für sie ein Buch mit sieben Siegeln war. Umso ungeduldiger warteten sie auf das Ende des Gesprächs. ‚Beigas saruna.‘ Der Mann reichte dem Kapitän das Telefon, begann, den Inhalt des Gesprächs mitzuteilen, zuweilen vom Fluchen des Kapitäns unterbrochen. Die Nachricht schien diesem ganz und gar nicht zu gefallen. Gebannt hörten sie zu; irgendein Wort musste es doch geben, das ihnen zumindest einen vagen Hinweis liefern konnte! Und dann fiel es! Gleich zwei Mal! Baltic Vis!
    Der Kapitän, den Blick nach wie vor starr auf die sturmgepeitschte See gerichtet, gab mit knappen Worten eine Anweisung. Er sprach den neben ihm Stehenden mit Andris an. Das war aber schon alles, was sie den wenigen Worten entnehmen konnten. Der Angesprochene beugte sich über das Instrumentenpult, tippte in eine Tastatur Daten ein. Waren es die Koordinaten des Treffpunktes mit der Baltic Vis? Wieder prasselte ein Wasserteppich auf die Frontscheiben des Ruderhauses. Andris beugte sich hinüber zum Kapitän, schrie ihm etwas ins Ohr. Fortman stockte der Atem. Er konnte im fahlen Blaulicht Andris Gesicht von der Seite sehen, befand sich eindeutig im Sichtfeld des Letten! Die geringste Bewegung könnte ihn verraten, eine wahrhaftige, bei solchem Seegang kaum beherrschbare Herausforderung! Er richtete, breitbeinig um Gleichgewicht bemüht, unmerklich die 45er auf Andris.
    Hellenkämper war die Zuspitzung der Situation nicht verborgen geblieben. Es war ein Glück, dass der links Stehende sich gänzlich auf das Geschehen draußen auf See konzentrierte. Hellenkämper trat, auf das bläuliche Halbdunkel vertrauend, einen Schritt zur Seite, zupfte Schöller am Ärmel, bedeutete ihm mit einem Kopfschwenker, das Wheelhouse zu betreten. Die nächsten Sekunden würden über das Gelingen ihrer Aktion entscheiden! Nur gemeinsam hätten sie eine Chance.
    Schöller hatte erst einen Fuß auf den Boden des Wheelhouse gesetzt, als die Henrietta unerwartet überholte. Der Kapitän ließ das Ruder wirbeln, doch die Yacht legte sich extrem auf die Seite, drohte, an Backbord zu unterschneiden, um im selben Augenblick – einem Fahrstuhl gleich – mit dem Bug in die Höhe zu schießen. Schöller verlor das Gleichgewicht, stürzte gegen Hellenkämper. Der links stehende Ausguck fuhr herum, starrte mit aufgerissenem Mund Schöller an, begann – um sicheren Stand bemüht – mit den Armen zu rudern. Hellenkämper, sich in dramatischer Schräglage auf die Eckbank stützend, erkannte die Chance. Er schoss, die schlingernde Gegenbewegung der Yacht nutzend, in die Höhe, stürzte sich auf den noch immer wie erstarrt glotzenden Seemann, riss ihm, bevor der überhaupt die Situation erfasste, die Pistole aus dem Gürtel.
    Fortman hatte sofort erkannt, dass es nun um Sekundenbruchteile ging. Andris war das hektische Treiben in seinem Rücken trotz des wilden Tanzes der Henrietta nicht verborgen geblieben. Instinktiv fuhr seine Hand zum Rücken. Er wollte die Pistole aus dem Gürtel ziehen, als er im Genick die kalte Mündung der 45er spürte. „Lass sie stecken!“ Fortman verließ sich ganz auf die Wirkung der Waffe, zudem den unmissverständlichen Tonfall seiner Aufforderung, war doch nicht sichergestellt, dass der Lette ihn überhaupt verstand.
    Wieder sackte die Henrietta durch, nahm erneut, sich diesmal nach Steuerbord neigend, eine bedrohliche Schräglage ein. Andris nutzte die Gelegenheit, sich Fortman zuzuwenden. Er hatte hierdurch nicht nur seine Verteidigungsfähigkeit verbessert, sondern auch seine Waffe dem direkten Zugriff entzogen. Fortman wusste sich nur so zu helfen, dass er dem Letten den Lauf der 45er in den Kehlkopf trieb. Der wollte die Hände heben, vermutlich nach der Waffe greifen, als Fortman ihn anbrüllte: „Lass es!“ Mehr

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