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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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er den Sitz der Fesseln prüfen. Dann ergriff er mit der Linken den Funkauslöser, zog ihn zwischen den Zähnen hervor. Fortman hielt den Atem an, so sehr irritierte ihn die Sorglosigkeit, mit der dieser Schuft mit dem Schicksal seiner Opfer spielte. Fortman verdrängte, dass deren Schicksal auch seines wäre. Er musste klaren Kopf bewahren! Nur dann hätten sie vielleicht eine Chance. Mochte sie noch so klein sein, er musste sie erkennen und zu nutzen wissen! Er durfte nicht versagen!
    Eine Taschenlampe blitzte auf. Fortman riss, still in sich hinein fluchend, die Brille hoch zur Stirn. Der bläulich-grelle Strahl ruhte zitternd erst auf dem einen, dann auf dem anderen Mädchen, glitt von diesem zum Treppenaufgang. „Los! Die Treppe hoch! Und keinen Mucks!“ Die schrille, Entschlossenheit wie Brutalität verkörpernde Stimme ließ Fortman erschaudern. Wieder dachte er an Pohl. Mein Gott, was mochte in diesem Moment in ihm vorgehen? Der Professor musste dem Wahnsinn nahe sein!
    Die Mädchen stiegen im Schein der Taschenlampe über die Aneinandergefesselten hinweg, waren zu verängstigt, einen Blick auf die am Boden liegenden Männer zu werfen. Der Gangster hatte Fortman den Rücken zugewandt. In der Rechten hielt er die Uzi, in der Linken die Taschenlampe, am Tragegestell die Nachtsichtbrille. Unwirsch wies er mit der Lampe den Zwillingen den Weg. „Nun macht schon!“ Er stieß sie die Treppe hoch, folgte ihnen auf dem Fuße. Der tanzende Lichtschein zeichnete schwärzlich, Schattenrissen gleich die Konturen ihrer Körper, bis er nach einem Linksschwenk verblasste. Nun stiegen sie ins Wheelhaus auf. Hellenkämper! Der Maschinist hatte den zuunterst liegenden Captain durch die Nachtsichtbrille nicht erkannt, wusste nicht, dass dort oben der Dritte am Ruder stand! Wie würde er reagieren? Der Kerl war unberechenbar, allein das schon machte ihn gefährlich!
    Fortman spann den Gedanken nicht zu Ende. Hinter seiner Stirn tobten Gedankenfragmente einen wilden Tanz, ungeordnet, hektisch zunächst, doch plötzlich schien sein Denkzentrum zu erstarren: Da stimmte etwas nicht! Irgendetwas an dem Verhalten des Maschinisten hatte ihn irritiert. Doch was war es? Er ließ die letzten Aktionen dieses Scheusals noch einmal Revue passieren. Der Tritt gegen Pohls Schenkel, der Griff nach dem Funkauslöser, das Aufblitzen der Taschenlampe, die rüde Behandlung der Mädchen, der Abmarsch des Maschinisten, die Uzi in der Rechten, Taschenlampe und Nachtsichtbrille in der Linken. Er musste sie abgenommen haben, bevor die Taschenlampe aufblitzte. Das war’s! Der Funkauslöser! Er hatte beide Hände voll! Wo war der Funkauslöser? Im Mund konnte er nicht gewesen sein, denn er kommandierte mit schriller Stimme die Zwillinge! Er musste ihn im Dunkeln in die Tasche gesteckt haben! Entweder verfügte dieser über eine Sicherung oder die Kinder trugen Attrappen, keine Sprengladungen vor der Brust! Ihm schwante, dass diese Beobachtung noch von erheblicher Bedeutung sein würde.  
    War das ein Wimmern? Ihn fröstelte! In der Nachbarkabine verblutete die Frau! Sie brauchte dringende Hilfe, sollte sie überhaupt noch leben! Doch zunächst musste er den Professor und Schöller von ihren Fesseln befreien, bevor dieser Mistkerl oder eines der bis dahin sicherlich befreiten Crew-Mitglieder nach unten käme! Hätte die Frau dann überhaupt noch eine Chance? Er stopfte hektisch die 45er in den Gürtel, riss die Tür auf. „Pohl! Schöller! Bewahrt Ruhe! Ich versorge die Frau, sie ist verletzt. Dann befreie ich euch. Rührt euch nicht, sollte jemand die Treppe herunter-kommen!“
    Er wartete nicht auf Antwort, setzte die Brille auf und stieg über Pohl hinweg zur Tür der Nachbarkabine. Die Frau lag darin unverändert. Ob sich die Blutlache vergrößert hatte, vermochte Fortman nach einem raschen Blick nicht zu beurteilen. Darauf bedacht, in dem heftig schlingernden Schiff nicht auf die Frau zu treten, zwängte er sich – immer wieder Halt suchend – an dieser vorbei. Sie zeigte keinerlei Reaktion, durch halbgeöffnete Augen schien sie in die Unendlichkeit zu starren. Er beugte sich über ihren Oberkörper, tastete nach der Halsschlagader. War das ihr Puls? Der wilde Tanz der Henrietta vereitelte jedes Urteil.
    Frustriert schob Fortman sich – nun auf der Koje sitzend – wieder hinunter zu ihrem Fußende. Mit einem dürren ‚Sorry, Madam! Es geht nicht anders …‘ zerrte er ihr die Pyjamahose vom Leib. Die Frau blutete aus dem linken

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