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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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sich hinter der Tür zu regen, das tobende Unwetter verschlang nahezu alle Geräusche. Einen Moment war er versucht, gewaltsam in die Kabine einzudringen, dem grausamen Spiel ein abruptes Ende zu bereiten, doch er durfte das Leben der beiden Mädchen nicht gefährden. Der Maschinist schien zum Äußersten entschlossen, war, das musste man ihm mangels besserer Erkenntnisse glauben, bereit, sein eigenes Leben in die Waagschale zu werfen. Fortman kannte diese krankhaften Typen, sein Beruf brachte es mit sich. Ihre Gefühlskälte, verknüpft mit überbordendem Narzissmus, erlaubte ihnen nicht den simplen Freitod, nein, da war großes Theater gefordert! Wenn sich die Gelegenheit bot, gingen sie niemals allein! Je schauerlicher das Leid, desto größer der Kick! Blut war die Tinte Ihres armseligen Vermächtnisses. Die beiden Kinder hinter dieser Tür, sie boten eine solche Gelegenheit, sich ein letztes Mal zu produzieren, ein letztes Mal vom Gefühl der Macht zu kosten. Nein, das Risiko war zu groß! Fortman wandte sich ab, so schwer es ihm fiel.
    Ein kurzer Rundumblick. Wie sollten in dieser Enge drei ausgewachsene Männer bäuchlings auf dem Boden liegen können? Fortman schüttelte ungläubig den Kopf. Hatte dieser Schurke überhaupt den Überblick? Wenn nicht, würde die Situation noch gefährlicher, handelten solche Typen in der Regel doch aus dem Bauch heraus – hirnlos, emotional. Das machte sie unberechenbar. Es war nur ein kurzer Gedanke, im Grunde nutzlos. Der Schweinehund hinter der Tür bestimmte das Geschehen, egal, ob er sein Gehirn benutzte. Fortman konzentrierte sich wieder auf das Umfeld. Er musste sich beeilen, wollte er rechtzeitig ein geeignetes Versteck ermitteln, um aus diesem heraus erfolgversprechend angreifen zu können. Er bemerkte überrascht das angelehnte Türblatt der Nachbarkabine. Es war die Kabine der geheimnisvollen Frau. Ein mahnendes Gefühl sagte ihm, das hinter dieser Tür etwas nicht stimmte, möglicherweise Gefahr drohte. Gab es doch diesen Unbekannten, den die Bundespolizei an Deck beobachtet hatte. Belog sie der Captain auch in diesem Fall?
    Er musste es wissen! Keinesfalls konnte er riskieren, dass sich dort ein weiterer Gegner verbarg. Zwei rasche Schritte, dann hatte er die Tür erreicht, ging neben ihr in die Knie, wagte aus der Froschperspektive einen Blick. Ihm stockte der Atem, als er zwischen den Kojen inmitten einer erschreckend großen Blutlache den Körper einer Frau erkannte. Sie würde verbluten, sollte er nicht umgehend Hilfe holen! Doch dort, hinter der anderen Tür, bangten zur selben Zeit zwei Kinder um ihr Leben! Was tun?
    Bevor er einen Entschluss fassen konnte, sah er – barfüßig Stufe für Stufe ertastend, nur mit der Unterhose bekleidet – Pohl die Treppe herunter tapsen, dicht gefolgt vom Captain und Schöller, beide in identischer Aufmachung, eine makabre Prozession Entrechteter. Wie befohlen, versuchten sie in der Finsternis sich bäuchlings auf dem Boden auszustrecken, in der Enge ein groteskes Bemühen. Dem gefesselten Captain mussten Pohl und Schöller dabei behilflich sein. Er lag zuunterst, Pohl zur Hälfte auf ihm und Schöller bemühte sich vergeblich um eine halbwegs stabile Lage, jeweils zur Hälfte auf dem Captain und der untersten Treppenstufe liegend. Deren Architektur, ein großzügiges Halbrund, erzwang eine extrem unnatürliche Körperhaltung, skurriles Bild angesichts dieser sich sogleich sicherlich dramatisch zuspitzenden Situation.
    Fortman schloss die Tür bis auf einen Spalt, fluchte still in sich hinein, als er erkennen musste, dass die Kabinentür der beiden Mädchen durch den Spalt hindurch außerhalb des Blickfeldes lag. Ein Ortswechsel war unvermeidlich! Er musste in die Kabine des Captains, besser noch die Nachbarkabine, sollte sie nicht verschlossen sein. Fünf Minuten waren längst vorüber! In seinem Rücken hörte er die Frau stöhnen. Oder war es ein eher kraftloses Wimmern? Das draußen tobende Unwetter verwischte die Geräusche. Wie lange würde ihr geschwächter Körper den grausigen Blutverlust überstehen? Er fühlte sich zum Kotzen. Dennoch, er musste hier raus, wollte er den Angriff wagen!
    Tür auf, ein rascher Blick ringsum. Rechts lag zwar Pohl im Wege, doch zwei wohlgesetzte Schritte, schon hatte er die Kabine erreicht, fühlte unendliche Erleichterung, dass sie nicht verschlossen war. Er spähte durch den Türspalt; die Kabine schien unbewohnt. Im Nu hatte er die Tür hinter sich zugezogen, mit einem

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