Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
Vom Netzwerk:
ohne den geöffneten Rohrstutzen auch nur einen Sekundenbruchteil aus den Augen zu lassen. Auf der Backbordseite fühlte er sich sicherer, da diese von der Henrietta aus in Hellenkämpers und Pohls Blickfeld lag. Er stieß mit dem Hintern an die Reling, blickte nach rechts zum Brückenaufbau, dann nach links zum Vorschiff. Bis auf eine einsame Kiste, rund zehn Meter von ihm entfernt, fand sich dort nichts, das ihm hätte weiterhelfen können. Sollte er es an Steuerbord versuchen?
    Es war nur eine kurze Überlegung. Er musste wissen, ob sich Nutzbares in der Kiste befand, bevor er unter größerem Risiko die Suche auf der gegenüberliegenden Seite fortsetzte. Vielleicht war die Kiste nicht verschlossen. Allerdings würde er von dort aus den Fluchtweg aus dem Kessel nicht im Auge haben, ein möglicherweise entscheidender Nachteil dieser Aktion. Er schaute hoch zum steuerbordseitigen Brückennock, neben dem er im Ruderhaus Schöller wusste. Er konnte ihn nicht entdecken, die Fensterscheiben reflektierten den Morgenhimmel. Ob Schöller ihn sah? Egal, er musste es wagen.
    Wenige Sekunden später stand er vor der Kiste. Sie war größer, als er erwartet hatte, bestand aus einem offensichtlich in Eigenregie sorglos zusammengeschweißten Stahlblechkasten, durch ein Vorhängeschloss gesichert. Das Schloss war lose eingehängt, nicht eingerastet! Sein Herzschlag beschleunigte sich bei dieser Feststellung. Erwartungsvoll hob er den Deckel. In der Kiste befanden sich haufenweise Putzlappen, unter diesen etliche schwarze Zeltbahnen, von zahllosen Farbklecksen und Spritzern übersäht. Bingo! Das war es, was er suchte! Ein kontrollierender Blick zurück zum zweiten Kessel, dann zerrte er zwei Putzlappen aus dem wirren Geknäuel, darunter die oberste Zeltplane hervor. Er breitete sie auf dem Deck aus, nickte. Sie war für sein Vorhaben brauchbar. Wieder beugte er sich in die Kiste, schon lag die nächste Plane ausgebreitet auf Deck. Bis auf die Klecksmuster war sie identisch mit der ersten. Er rollte die Planen zusammen, klemmte sie sich unter den Arm, ergriff die Putzlappen. Auf dem Weg zur Leiter legte er seine Beute zwischen beiden Kesseln ab.
    Wenig später hatte er die Leiter am steuerbordseitig gelegenen Kopfende des Kessels angelegt. Er würde sie gleich benötigen, doch zunächst musste er sich der großen Rohrstutzen annehmen, den einzigen Fluchtwegen aus dem Kesselinnern. Er nahm die Zeltplanen, verdeckte mit ihnen an den Flanschen beide Ausgänge. Hierbei kam ihm die Steifheit der PVC-Beschichtung zugute, die ein dicht abschließendes, lichtundurchlässiges Anlegen gestattete. Nun musste es bereits verdammt dunkel im Kesselinnern sein! Auffällig, dass kein einziger Schuss fiel. War der Gefangene abgebrüht genug, Munition zu sparen, weiterhin auf seine Chance zu hoffen?
    Die beiden in den Himmel ragenden Rohrstutzen waren an der Reihe. Fortman bekam ein mulmiges Gefühl, je höher er die Leiter hinaufstieg. Er hatte nicht mehr den Fluchtweg im Auge, der sich unmittelbar unter dem Kessel befand! Gelänge es mit der nächsten Reizgasattacke, den Kasachen aus dem Kessel zu vertreiben, könnten dieser ungesehen fliehen, sich an Deck erneut verstecken. Dann begänne die Jagd von neuem, nichts wäre gewonnen. Hilfesuchend blickte er hoch zur Brücke. Von Schöller keine Spur. Hatte der im Ruderhaus noch alles unter Kontrolle? Er fummelte das Handy aus der Brusttasche, wählte Schöller an, wartete ungeduldig. Besetzt! Verdammt, musste der ausgerechnet jetzt telefonieren? Pohl anzurufen brauchte er erst gar nicht versuchen, offensichtlich war er es, der mit Schöller telefonierte. Anschluss frei halten, keine Gespräche mit Dritten, so waren sie übereingekommen. Hellenkämpers Verbindung war Kapitänleutnant Steiner vorbehalten. Außerdem sah man von der Flybride der Henrietta nur, was sich backbordseitig auf der Baltic Vis tat. Er war an Steuerbord auf sich allein gestellt. Frustriert steckte er das Handy zurück, dann erklomm er entschlossen den Kessel.
    Kaum hatte er die steil aufragenden Stutzen erreicht, legte er die Putzlappen über ihre Öffnungen. Nun musste es im Kessel stockfinster sein. Er lauschte eine Weile; nichts schien sich im Kesselinnern zu regen. Befand sich überhaupt noch jemand darin? Sein Blick glitt über das steuerbordseitig einsehbare Schiffsdeck. Vom Kasachen keine Spur. Auch der Inder blieb verschwunden. Hätte Schöller oder Pohl sie gesehen, sie hätten dies sofort gemeldet. Steckten doch beide

Weitere Kostenlose Bücher