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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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Ziehen nahm nur wenig zu, verschwand beinahe, als er den Fuß aufsetzte und belastete. Er blickte am Hosenbein hinunter, sah das Blut auf dem Boden, darin seine Fußspuren. Er schaute in die linke Kniekehle, von dort die Wade hinunter, sah den blutdurchtränkten Stoff. Es schaute bedrohlich aus, doch was es auch sein mochte, die Verletzung war nicht so gravierend, dass er um sein Leben fürchten musste. Die Pistole! Sie war wichtiger in dieser Situation! Er musste an die Pistole gelangen!
    Auf alles gefasst näherte er sich dem Kesselende, spähte um die Ecke, nur so weit nach vorn gebeugt, dass er die wenigen Meter bis zum ersten Kessel im Blickfeld hatte. Auf Anhieb entdeckte er die Walther. Sie lag gut drei Meter entfernt unterhalb des Relinggeländers. Drei Meter! Drei lächerliche Meter, die es zu überwinden galt, die jedoch über den Ausgang dieses Gefechts entschieden. Er spürte, wie das Blut an seinem Bein zu Boden rann. Ein kurzer Blick verdeutlichte ihm den Blutverlust. Er war beängstigend. Er müsste den Unterschenkel abbinden, doch die Pistole war in diesem Moment wichtiger! Ohne Waffe wäre er dem Kasachen ausgeliefert! Der Kopfschuss auf den Maschinisten war Beweis genug, dass der Bursche den Tod des Gegners selbst in dieser für ihn aussichtslosen Situation nicht scheute.
    Vorsichtig beugte sich Fortman ein Stück weiter vor. Das einsehbare Schiffsdeck schien verwaist, nirgends ein Hinweis auf den Kasachen. Er musste dort irgendwo hinter den beiden Kesseln stecken, so gut verborgen, dass man ihn von der Brücke aus nicht sehen konnte. Vermutlich befand er sich unmittelbar unterhalb des Ruderhauses. Fortman schätzte die Entfernung. Zwanzig Meter mochten es sein. Einen Menschen mit einem Schnellfeuergewehr aus zwanzig Metern zu töten, dazu bedurfte es wahrlich keines Scharfschützen! Was sollte er tun?
    Er musste an die Pistole gelangen, wollte er sich nicht der Willkür des Kasachen ausliefern! Und das bald, denn der Blutverlust der Schusswunde musste unterbunden werden. Nochmals tastete sein Blick Meter für Meter das Deck entlang der Reling ab. Der Kasache blieb verschwunden. Fortman machte sich klein, atmete tief, dann schlich er sich am Kopfende des Kessels entlang. Tief zum Schiffsdeck gebeugt spähte er unter dem Kessel hindurch nach rechts. Keine Auffälligkeit, die Luft schien rein. Er musste es wagen.
    Mit zwei raschen Schritten hatte er die Reling erreicht. Alles musste nun ganz schnell gehen, denn hier gab er ein perfektes Ziel ab. Er beugte sich hinunter, wollte die Waffe ergreifen, als er keine zwei Meter entfernt zwei Stiefel sah, fleckig-braunes ungepflegtes Wildleder, mit klaffenden Sohlen schienen sie ihn anzugrinsen. Der Schock lähmte ihn einen Augenblick, er wusste, was diese Stiefel bedeuteten! Unendlich langsam hob er den Blick. Dann blickte er in ein dunkelhäutiges, ungewöhnlich breites, brutales Gesicht, dessen spärlicher bläulich-schwarzer Kinnbart und die zu messerscharfen Schlitzen verengten Augen auf mongolische Abstammung schließen ließen. Der Kasache!
    Sie starrten sich an. Fortman war zu keinem Gedanken fähig, die Situation erforderte dies auch nicht. Sie war eindeutig, ließ keinerlei Zweifel: Er war chancenlos. Genüsslich  richtete der Kasache das Schnellfeuergewehr auf Fortman. Gehässiges Grinsen entblößte die hässlichen, von Tabak und Tee gebräunten Palisaden seines unaufgeräumten, vom Zahnfleisch bis zu den Hälsen freigelegten Gebisses. Er schien sich an der Wehrlosigkeit seines Opfers zu ergötzen. Dann krümmte er am Abzug ganz langsam, fast genießerisch den Zeigefinger. ‚Das war’s!‘ schoss es Fortman durch den Kopf. Er schloss die Augen. Wenn er schon sterben musste, dann nicht bei diesem Anblick.  
     
    „Sehen Sie zu, dass Sie mit Schöller Kontakt aufnehmen. Wenn Sie ihn telefonisch nicht erreichen, dann nehmen Sie meinetwegen Urlaub und fahren Sie nach Rügen! Sagen Sie ihm, dass ich in der derzeitigen Situation nicht die Hand über ihn halten kann. Wenn er die Mädels nicht gefunden, am besten auch befreit hat, ist er wohl kaum zu retten. Er hätte sich nicht mit diesem Heisterkamp anlegen sollen! Und ich hätte ihn nicht darin bestärken dürfen. Der ist eine Nummer zu groß für ihn. Nicht nur für ihn – für uns alle!“
    Schrage hob zur Wortmeldung die Hand. Clausnitzer sah ihn unwirsch an. „Mensch, Schrage! Ich kann für ihn nichts tun, solange wir keine gerichtsfesten Fakten präsentieren! Verstehen Sie das

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