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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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überwundene Trauer um Rebecca erleichterte es ihm, geduldig zu sein.
    Und nun das! Esther lächelte entwaffnend, als sie seine Verwirrung bemerkte. „Na gut! Ich werde im See auf dich warten. Du kannst dir inzwischen deine geliebte Badehose anziehen.“ Mit den letzten Worten hatte sie den Knoten gelöst, das nun viel zu weite Hemd gab den Blick auf ihre nicht zu großen, dafür umso festeren Brüste frei. Pohl verschlug es endgültig den Atem, als sie, kaum hatte sie das Hemd abgestreift, sich mit den Füßen der Riemchensandalen entledigte, dann, ohne den Gürtel zu öffnen, mit einer anmutigen Rumpfbeuge Shorts und Slip in einem bis hinunter zu den Fesseln streifte, um das Ensemble mit einem geschickten Fußschlenker gut einen Meter entfernt auf die Bohlen des Stegs zu befördern. Pohl starrte verblüfft auf das hellblaue Innere der Jeans, in dem sich dunkel-violett der winzige Slip mit Mühe behauptete – zu groß war das Ungleichgewicht beider Textilien.
    Ohne Scheu trat Esther an ihn heran, zog ihn an sich und küsste ihn leidenschaftlich. Er spürte durch das T-Shirt ihre Brüste, zugleich ihr Schamhaar auf dem rechten Handrücken. „Du kommst gleich, ja?“ Sie gab ihn frei, drehte sich um und tauchte mit einem an verführerischer Grazie kaum zu überbietenden Kopfsprung ins glasgrüne Wasser des Summersville Lake. Das war zu viel! In Pohls Brust tobte ein wildgewordenes Herz. Warum tat sie ihm das an? Er war ein Mann, verdammt noch mal! Angezogen, wie er war, sprang er ihr nach. Das kalte Wasser musste es richten …
    Ein Telefon klingelte. Im Wasser? Da konnte man es hören? Hatte er vor lauter Aufgeregtheit etwa das Handy mit ins Wasser genommen? Wassertretend zwängte er die Linke in die Hosentasche, doch sie war leer. Wenn er das Handy bei sich hatte, dann prinzipiell in der linken Hosentasche! Also hatte er es zum Glück vergessen, das Bad im See wäre ihm sicherlich nicht bekommen. Aber warum läutete es noch immer? Woher kam nur das verdammte Läuten? Doch nicht aus dem See! Etwa aus dem Haus? So laut, dass man es bis hierher hören konnte? Er suchte Esther, doch sie war verschwunden. Wieder dieses nervtötende Gelärm!
    Pohl schnellte in die Höhe, sah sich irritiert um. Er schaute auf die Uhr. Mein Gott, er musste fast zwei Stunden geschlafen haben! Die Weingläser auf dem Couchtisch holten ihn in Sekundenschnelle in die Realität zurück. Schöller! Dann sah er den Zettel mit den Flugdaten. Ein vages Gefühl bedeutete ihm, eine Taste des geöffneten Laptop anzutippen. Auf dem Bildschirm erschien die Reservierungsbestätigung der Lufthansa. Richtig, er hatte in rotweingetränkter Seligkeit Flüge für sich und die Mädchen nach Florida gebucht! Sie würden einige Tage bei Bridget verbringen, sich dann auf den Weg nach West Virginia machen. Rein vorsorglich hatte er auch schon die Flüge nach Charleston reserviert, sollte Bridget versuchen, sie zur Verlängerung ihres Aufenthalts – möglichst bis Neujahr! – zu überreden. Er starrte auf Flugnummern und Abflugzeiten, bis sie vor seinen Augen verschwammen. Er benötigte einen Moment zu begreifen, was ihm der Bildschirm eröffnete: Er hatte One Way-Tickets geordert! War dies Zeichen seiner Zuversicht oder schlichtweg des Besoffenseins? Er hatte mit Esther doch noch gar nicht gesprochen! Das Plärren des Telefons begann an seinem Nervenkostüm zu zerren. Er stutzte. Da läutete tatsächlich ein Telefon! Der Apparat in der Diele! Das konnte doch unmöglich schon wieder Schöller sein! Pohl erhob sich mühselig, hatte Probleme mit dem Gleichgewicht. Scheiß-Rotwein! Im Summersville Lake war es schöner gewesen …
    „Ja bitte?“ Er merkte, der Klang seiner Stimme entsprach nur bedingt dem Ausdruck zivilisierter Freundlichkeit. Es war ihm einerlei. Wer ihn aus einem solchen Traum holte, hatte kein Entgegenkommen verdient!
    „Bist du’s, Roswitha?“
    ‚Weiblich, Mitte fünfzig, wahrscheinlich übergewichtig‘ huschte es durch Pohls Gedanken. „Höre ich mich an, wie Roswitha?“
    „Nein. Darum frag‘ ich ja. Sie sind’s also nicht. Ist Roswitha denn in der Nähe?“
    „Hier gibt es keine Roswitha. Es hat hier noch nie eine Roswitha gegeben!“
    „Entschuldigung! Dann hab‘ ich mich verwählt.“
    Die Leitung war tot. Pohl fluchte still in sich hinein. Das war nicht sein Tag. Erst der nicht enden wollende Schrecken mit Schöller, dann der fehlgeschlagene Anruf bei Ellen. Sie sei vor einer Woche ausgezogen. Wohin, wisse er nicht, hatte

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