Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
Vom Netzwerk:
…‘
    In diesem Moment erkannte er die Gestalt am anderen Ende der Halle. Sie zeichnete sich in der torlosen Einfahrt als Schattenriss vor dem tristen Grau des anbrechenden Tages ab. Kustow! Mit raschen Schritten durchquerte er die Halle, bevor er sich an ihrem Ende nach links wandte. Pohls Blick schoss zwischen Kustow und der Halleneinfahrt hin und her. Der Russe schien tatsächlich allein gekommen zu sein, doch er hielt etwas in der Hand. War er entgegen seiner Ankündigung bewaffnet? Als Kustow nah genug herangekommen war, erkannte Pohl, dass es sich um eine Flasche, eine dieser großvolumigen PET-Mineralwasserflaschen, handelte. Was, zum Teufel, wollte der Russe mit einer solchen Flasche angesichts des bevorstehenden Treffens mit dem Mörder seiner Kumpane, dem Münzenkiller, der auch ihm nach dem Leben trachtete? Dazu brachte man doch keinen Softdrink mit! Pohl spürte in der Magengrube das mulmige Gefühl, dass diese Flasche noch eine Rolle spielen würde. Er trat aus der Waschkaue, gab sich Kustow zu erkennen. „Hier rein!“
    ‚Hier rein‘ war eine glatte Übertreibung, denn es gab keine Mauer mehr, die an dieser Stelle die Kaue von der Halle hätte trennen können. Spuren auf dem Boden ließen darauf schließen, dass die auf der gesamten Breite fehlende Wand ursprünglich von Stahlspinden gebildet wurde, die längst bei einem Schrotthändler oder bereits in einem der Hochöfen des Ruhrgebietes gelandet waren. Pohl wartete, bis Kustow ihn erreicht hatte, wies auf einen stählernen Tisch, der von schäbigen Stühlen umgeben war. Kustow trat an den Tisch, blieb dort unschlüssig stehen. Er wirkte gehetzt, musterte Pohl argwöhnisch. Der schien unbeeindruckt. „Geh‘ auf die andere Seite!“
    Kustow sah ihn aufsässig an. „Was soll das?“
    „Von dort aus hast du die Einfahrt im Auge. Ist zu deiner eigenen Sicherheit.“
    Kustow schien das Argument nicht zu überzeugen. „Mann, wir sind hier auf dem Präsentierteller!“
    „Das macht nichts.“
    Pohl lupfte die Jacke ein wenig zur Seite, nur so weit, dass darunter die Walther sichtbar wurde. Kustows Augen traten aus den Höhlen. „Eh! Du hast ja doch ‘ne Wumme!“
    Pohl nickte. „Ich hab‘ umdisponiert. Was ist da drin?“ Er zeigte auf die Plastikflasche in Kustows Hand.
    „Hier drin? Apfeltuna.“
    „Dann stell die Apfeltuna mal auf den Tisch!“
    Erkennbar widerwillig kam Kustow, den Blick starr auf die 9mm-Walther gerichtet, der Aufforderung nach. Pohl ergriff die Flasche, zog sie außer Reichweite des Russen. Er wartete, bis Kustow den Tisch umrundet hatte, lächelte zynisch. „Schön, dass du gekommen bist! Hattest du eine gute Fahrt?“
    Kustows Miene verfinsterte sich schlagartig. Irgendetwas stimmte nicht. Ihm schwante, von dem Fremden hereingelegt worden zu sein. „Willst du mich verarschen? Wo ist das Schwein? Ich habe draußen zwanzig Minuten die Einfahrt beobachtet; außer dir ist in dieser Zeit niemand gekommen! Ich hoffe, der Kerl ist hier!“
    „Das ist er.“ Pohl schob ein silbernes Geldstück über den Tisch. „Das letzte. Es ist deins.“
    Ein Fünfmarkstück! Erst jetzt bemerkte Kustow, dass der Fremde dünne Gummihandschuhe trug. Die Waffe unter der Jacke, das Fünfmarkstück, die Handschuhe – nur widerstrebend begriff er seine Situation: Der Fremde, dieser lausige Verräter, hatte ihn tatsächlich in eine Falle gelockt! Er war der Münzenmörder! „Du?“
    Mehr brachte Kustow nicht heraus. Seine Befürchtung wurde fast schon zur Gewissheit, als der Fremde sich die Perücke vom Kopf zog, dann die Augenbrauen, den Vollbart, alles achtlos in eine Plastiktüte stopfte. Er benötigte diese Utensilien offensichtlich nicht mehr. Kustow stand plötzlich ein gänzlich anderer Mensch gegenüber. Der Russe begriff nicht, was das alles zu bedeuten hatte, doch ihm schwante Fürchterliches. Seine Vorahnung sollte sogleich bestätigt werden.
    „Ja, ich. Ich bin der Killer, nach dem du suchst. Du hast ihn gefunden! Du siehst, ich hab‘ dich nicht belogen.“
     
    Mit den letzten Worten zog Pohl die Walther aus dem Schulterhalfter. Kustow blickte erschrocken in die Mündung. „Eh Mann! Lass‘ den Blödsinn! Nimm die Wumme runter!“
    Pohl zielte ungerührt auf einen fiktiven Punkt unmittelbar über Kustows Nasenwurzel. Es dauerte einen Moment, bis der Russe endgültig begriff: Das hier war blutiger Ernst! „Was soll das? Was willst du von mir?“
    Kustow war bemüht, einen trotzigen, unerschütterlichen Eindruck zu

Weitere Kostenlose Bücher