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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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Jahren bei dem vorausgegangenen Palaver in Tokio schon viel zu viel Zeit und Steuergelder verschwendet. Außer Spesen nichts gewesen. Aber Ihre Idee mit dem Urlaub – die gefällt mir! Ich sollte wirklich mal ausspannen. Ich glaube, zwei, drei Wochen täten mir gut. Ich werde darüber nachdenken.“
    Der Oberstaatsanwalt schielte ihn über seine Designerbrille mit unverhohlener Skepsis an. „So, meinen Sie? Aber ich warne Sie. Halten Sie sich von Dr. Heisterkamp fern! Sie haben sich da in etwas verrannt, das kann Sie den Kopf kosten!“
     
    Pohl ließ den Wagen ausrollen, parkte ihn hinter einem SUV, von dessen Heckscheibe ein Aufkleber verkündete, dass Kevin an Bord sei. Bevor er Mitleid mit dem Knaben entwickeln konnte, tauchte die Fahrerin auf. Er blieb im Wagen sitzen, bis diese nach längerem Hantieren im Wageninnern endlich den Parkplatz verlassen hatte. Er stieg aus, orientierte sich kurz. Er musste zur Hausnummer 37, also noch ein Stück weit die Straße hinunter gehen. Es war eine ruhige Anliegerstraße, von Platanen gesäumt, im Sommer sicherlich eine Augenweide. Die Bebauung bestand aus Villen, überwiegend in den Fünfzigern, Sechzigern entstanden, verkündeten sie vom wiedergewonnenen Wohlstand des Wirtschaftswunders. Die Grundstücksgrößen verrieten, dass zu damaliger Zeit der Quadratmeterpreis eine eher untergeordnete Rolle spielte. Das Viertel atmete die Gediegenheit der oberen Zehntausend, damals wie heute. Wer hier wohnte, war Connaisseur, lebte das Leben in vollen Zügen.  
    Kurz vor der Hausnummer 37 wechselte er auf die gegenüberliegende Straßenseite. Dann hatte er die Zufahrt zu dem gesuchten Grundstück erreicht. Hier also residierte Samir Charif! Das Grundstück wurde straßenseitig von einer gut zwei Meter hohen Mauer eingefriedet, in deren Mitte ein zweiflügeliges schmiedeeisernes Tor den Blick auf das in aufsteigender Hanglage liegende Grundstück ermöglichte. Die sich in weitem Linksbogen bergan schwingende Zufahrt mochte gut siebzig Meter lang sein. Laternengesäumt endete sie vor einer zweieinhalbgeschossigen Villa unter einem säulengestützten Vordach beeindruckender Größe. Das Gebäude bestach durch seine klare Gliederung sowie Elemente gehobener Architektur der sechziger Jahre – zweifach gewinkelter Grundriss, tief herabgezogenes anthrazitfarbenes Walmdach, natursteinummauerte Kamine, geschwungene Gauben, Sprossenfenster, in weiten Bereichen des Erdgeschosses raumhohe Verglasung, massive doppelflügelige Eingangstür. Die Gartenarchitektur verstärkte durch ihre parkartige Schlichtheit den Eindruck der Großzügigkeit. Die riesige Rasenfläche, deren Pflegezustand jedem Golfplatz-Green zur Ehre gereicht hätte, war umsäumt von Rhododendren, an den Grundstücksgrenzen auch altem Baumbestand, zumeist Buchen, da und dort einigen Kiefern. Rechterhand breiteten unmittelbar hinter der Tordurchfahrt zwei Trauerweiden ihr dichtes Astwerk über einem Teich aus. Dahinter war in traditioneller Fachwerkbauweise ein Wirtschaftsgebäude erkennbar.
    Pohl ließ den Blick über den Mauer- und Torbereich gleiten. Es gab hier keinerlei Einstellmöglichkeit für Mülltonnen. Auch ein Briefkasten fehlte. Pohl registrierte es mit sichtlicher Genugtuung, bedeutete dies doch, dass Post, Müllabfuhr und andere Dienstleister prinzipiell den Weg zur Villa nahmen. Bot sich hier die Möglichkeit, unbemerkt auf das Gelände zu gelangen? Sein argwöhnischer Blick strich über die unmittelbare Umgebung der Grundstückseinfahrt. Dann hatte er sie gefunden – die Überwachungskameras waren unauffällig unter den Laternengehäusen der Zufahrtbeleuchtung, umgerüsteten Gaslaternen der Gründerzeit, angebracht. Was ihn aber ganz besonders störte, war das kleine, braungetönte Schild am linken Flügel der Toranlage, auf dem ein stilisierter Rottweiler verdeutlichte, wer Chef des Terrains war, dies sicherlich in besonderem Maße des Nachts. 
    Unbemerktes Eindringen auf das Grundstück war unter den gegebenen Verhältnissen an dieser Stelle kaum möglich, da das Anwesen sicherlich zu keinem Zeitpunkt unbewacht war. Es musste eine andere Möglichkeit geben, zumal er von seinem Standort aus keine Garagen erkannt hatte. Lagen die hinter der Villa? Wie kamen die Fahrzeuge dorthin? Nirgends war vom Tor aus eine Passage erkennbar, die hinter das Gebäude führte, doch es musste, da war Pohl sich sicher, eine solche geben. Pohl zog sein iPhone aus der Tasche, googelte geübt Charifs Anwesen aufs Display.

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