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Coins - Die Spur des Zorns

Coins - Die Spur des Zorns

Titel: Coins - Die Spur des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Götz Justus
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Google Earth sollte seine Frage sogleich beantworten: Was er eben noch für ein Wirtschaftsgebäude hielt, war ein Garagenkomplex mit angeschlossenem Nebengebäude. Die Zufahrt erfolgte über die nächste Querstraße. Dort musste der Schlüssel liegen! Er steckte das iPhone ein, machte sich auf den Weg, in der Zuversicht, in wenigen Minuten zu wissen, wo und wie er den nächsten Schlag zu führen hätte. Es war ihm selbst ein Rätsel, worauf sich die plötzliche Euphorie stützte – wohl kaum auf ein profanes Garagengebäude! Ihm war’s gleich, er fühlte sich unmittelbar vor dem Ziel. Samir Charif war das nächste Opfer, daran bestand kein Zweifel. War er auch sein letztes? Er hoffte es.
     
    „Wieder ein Fünfmarkstück!“ Dr. Steffens, Pathologe und stellvertretender Chef der Gerichtsmedizin, hielt das deformierte Geldstück in die Höhe. „Es wurde von einer der Kugeln getroffen, daher die Verformung. Hat einen ziemlichen Krater in den linken Pectoralis Major gerissen, der Grund für den hohen Blutverlust. Wollen Sie den Toten sehen?“
    Schöller schüttelte den Kopf. Zerfetzte Tote auf nüchternen Magen waren nicht sein Ding. „Pecto-was?“ Er starrte Dr. Steffens missmutig über den abgedeckten Leichnam hinweg an. Er hasste es, wenn Mediziner sich hinter lateinischen Fachausdrücken verschanzten.
    „Musculus Pectoralis Major, der Brustmuskel …“
    “Der Brustmuskel! Na bravo, geht doch! Das hat sogar der kleine Schöller verstanden.” Er grinste Dr. Steffens versöhnlich an. Eigentlich mochten sie sich gut leiden. „Wieder ein 1966er, Prägebuchstabe G? Das Fünfmarkstück meine ich.“ Schöller war anzusehen, dass er die Antwort längst wusste.
    „Sie haben es erraten. Sie hatten bisher alle dasselbe Prägejahr und dieselbe Prägestätte. Meinen Sie, das hat was zu bedeuten?“
    Schöller zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Ich glaub‘ eher nicht. Jedenfalls sagt mir das Jahr nichts, was in einem Zusammenhang mit dem Verbrechen stehen könnte. Auch nicht die Prägestätte: Karlsruhe. Ich hab‘ mit dem Mann der Ermordeten nach irgendwelchen Hinweisen gefahndet. Fehlanzeige.“
    „Es ist immerhin das sechste!“                                                                          
    „Ich weiß. Zwei fehlen noch.“
    „Wie kommen Sie darauf?“ Der Mediziner schien überrascht.
    „Ist ‘ne längere Geschichte. Nichts für die Pathologie, eher was für die Kneipe.“
    Dr. Steffens begann bei Schöllers letzter Bemerkung zu grinsen, schien gegen die Umsetzung dieses Gedankens keinerlei Einwendung zu haben. Schöller blickte derweil gedankenverloren auf das grüne Tuch, unter dem sich die Konturen des Toten abzeichneten. Wenigstens ein Gutes hatte Schottkys Schießwut: Boris Kustow würde niemandem mehr ein Leid antun. Schöller blickte auf, sah Dr. Steffens an. Er schien entspannt, zufrieden mit sich und der Welt. Es hatte den Übelsten der Gang erwischt – eine Aufgabe weniger. Zwar fehlte ihm nun ein wichtiger Zeuge, aber so sehr kam es auf den nicht mehr an, seitdem er Heisterkamp im Fadenkreuz hatte. Keine Macht der Welt konnte ihn davon abhalten, diese Spur weiter zu verfolgen, schon gar nicht der karrieregeile Wagner. Allein schon die Qualität dieser Spur ließ ihm keine Wahl, führte sie doch direkt in die Topetagen des kriminellen Netzwerks, das – zumindest aus seiner Sicht – die Entführung der Pohl-Zwillinge in Auftrag gab. Was hatte im Vergleich zu Heisterkamp Boris Kustow schon zu bieten?
    Ein Handy meldete sich mit nervtötender Klangfolge. Schöller begann spontan, seine Taschen abzuklopfen. „Eine SMS. Sorry!“ Er hob erklärend das Handy in die Höhe, lächelte Dr. Steffens um Entschuldigung heischend an, dann konzentrierte er sich auf die Nachricht. Ihr Inhalt war offensichtlich ungewöhnlich. „Das ist der Hammer!“ Schöller starrte hoch zur Decke, von der raumlange Zeilen schmuckloser Neonröhren ihr gelangweilt kühles Licht verströmten. Es war schon makaber: Einzig die Leichen sorgten in der innenarchitektonischen Kälte des Sezierraums für Abwechslung. Plötzlich schien Schöller aus seiner Gedankenreise zurückzukehren. Er nickte Dr. Steffens zu, als habe er es schon immer gewusst: „Es wird kein weiteres Fünfmarkstück geben. Das war das letzte.“
    Dr. Steffens hob überrascht die Brauen. „Sind Sie sich da sicher? Eben sagten Sie, es fehlten noch zwei.“
    „Ganz sicher.

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