Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
plötzlich und mein Sichtfeld verengte sich, als meine Luftröhre ihren Dienst verweigerte. Ich erstickte, irgendetwas grub sich in die Haut an meinem Hals, und ich roch fauliges Fleisch, noch bevor ich im Rückspiegel die Plastik-Teufelsmaske vom Cinco de Mayo entdeckte, die sich über die Sitzlehne schob. Der Draht, mit dem mich der Skimaskenmann umbringen wollte, schnürte mir die Kehle zu. Ich brachte keinen Ton heraus, und während Doug aus dem Fenster guckte, seufzte und sagte: »Das Leben ist so unfair«, riss ich das Steuer herum. Wir prallten gegen einen geparkten Van am linken Randstreifen, und die Fußgänger spritzten in alle Richtungen davon wie Kakerlaken, die unter einen Kühlschrank flüchten. Doug schrie, und ich bog jetzt scharf nach rechts und krachte gegen einen langsam auf der rechten Spur entlangkriechenden Bus, dessen Fahrgäste ihre schockierten Gesichter gegen die Fenster drückten. Der Skimaskenmann rutschte von einer Seite zur anderen, aber er verstärkte seinen Griff nur. Jetzt hatte auch Doug ihn gesehen, und er verstummte und drückte sich gegen die Tür.
»Du bist der Nächste, Dicker!«, quiekte der Skimaskenmann mit seiner Gouvernantenstimme.
Ich trat das Gaspedal voll durch; Geschwindigkeit und Bewegung waren die einzigen Waffen, die mir blieben. Schon zum zweiten Mal wollte dieser Irre mich erwürgen, und dieses Mal sah es ganz so aus, als würde es klappen – ich hatte keinen Harry bei mir, sondern nur Doug, und der hatte sich in einen hilflos starrenden Fleischklops verwandelt. Ich ließ das Auto vor- und zurückruckeln, touchierte einen Toyota und fuhr einem Minivan den Spiegel ab. Der Griff des Skimaskenmanns lockerte sich kurz, und ich keuchte: »Doug! Tu was!«
»Der Fettsack wird gar nichts tun!«, gackerte der Skimaskenmann. »Der schaut bloß zu!«
»Schaut zu«, raunte Doug. »Tut nichts.« Und dann hob er das Laptop und schlug es dem Skimaskenmann auf den Kopf. Als der Freak zurückwich, ließ Doug das Gerät noch einmal auf ihn heruntersausen und brüllte: »Lass sie los, du verdammtes Arschloch!« Und das tat er. Der Skimaskenmann drückte die hintere Tür mit der Schulter auf und stolperte aus dem Wagen. Dougs Laptop flog hinterher und zerbarst auf dem Fußweg in eine Million Einzelteile. Endlich konnte ich wieder atmen, wenn auch nur knapp. Auf dem leeren Rücksitz lag noch immer die Teufelsmaske, die gehässig zu mir emporgrinste.
Ich starrte in den Rückspiegel, als der Skimaskenmann sich auf den Bauch rollte und den Kopf hob.
Und ich erhaschte einen kurzen Blick auf ein geschmolzenes Gesicht.
Es war mit einem spiegelverkehrten R gebrandmarkt, wie es auch die Kuchenformen von Rispoli & Sons zeigten.
Und dann erzählte ich Doug alles.
Ich erzählte ihm von der Szene bei mir zu Hause, und dass meine Familie nun schon seit mehr als zwei Wochen verschwunden war.
Ich erzählte von Onkel Buddy, dem Skimaskenmann, Detective Smelt und dem Club Molasses.
Ich berichtete vom Syndikat, dem ghiaccio furioso und vor allem vom Notizbuch.
Als ich fertig war, lehnte ich mich gegen den Sitz und schloss die Augen, wartete auf die ungläubigen Kommentare, die besorgten Fragen nach meiner geistigen Gesundheit oder auf die höflich geäußerte Vermutung, ich würde Drogen nehmen.
Aber Doug glaubte mir.
Tatsächlich war Doug Stuffins einer der wenigen unter den sechseinhalb Milliarden Menschen, die unsere Erde bevölkern, der so etwas glauben konnte. Er hatte sein ganzes Leben lang auf Film gebannte Geschichten gesehen, abgespeichert, internalisiert und in ihnen gelebt, Geschichten, die ebenso unglaublich waren wie meine, vielleicht sogar noch unglaublicher, und diese Geschichten waren in ihm ebenso lebendig wie das, was ich ihm gerade anvertraut hatte. Wenn ich ihm erzählt hätte, der Skimaskenmann sei ein ganz gewöhnlicher Autodieb, hätte er vermutlich nur geschnaubt, aber die Erklärung, er sei ein verrückter, maskierter Killer, der mir die Gebrauchsanweisung für das Syndikat entreißen wollte, die ich in einem Aluminium-Aktenkoffer in einer verborgenen Flüsterkneipe entdeckt hatte, war für ihn völlig plausibel.
Wir parkten vor einem Hotdog-Drive-In, und Doug betrachtete die dämonische Maske in seinen Händen. Ruhig sagte er: »Jetzt macht das alles Sinn.«
»Was denn?«, krächzte ich und drückte mir Eis gegen den Hals.
»Was du gesagt hast. Das mit meinem Schicksal, wozu ich geboren wurde. Was ich einmal werden soll.«
»Und wer ist das?«
»Der
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