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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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durchscheinender aus. Sein Mund war ganz verzerrt, als er sagte: »Irgendwann habe ich zufällig den Hörer vom zweiten Apparat abgehoben, als dein Vater in der Bäckerei telefonierte. Eine Frau war dran, die ziemlich offiziell klang und ihm irgendwas sagte von ›sicher ankommen‹ und ›garantierter Anonymität‹. Und der Brief … in dem Brief standen bloß ganz viele Städtenamen.«
    »Wo wir hätten untertauchen können«, sagte ich weniger zu ihm als zu mir selbst gewandt.
    »Aber die Behörden?«, stammelte Onkel Buddy. »Die Behörden holen doch keine Zeugen ab und hinterlassen dabei ein solches Trümmerfeld, wie ich es hier vorgefunden habe.« Jetzt zitterte er, zog die Luft ein und sagte: »Bitte … ich weiß gar nichts.«
    »Du weißt von dem Notizbuch«, sagte ich langsam.
    »Mein Papa und Anthony hatten untereinander diese komische Sprache, so was wie Gangsterlatein – es war kein Englisch, aber auch nur so ansatzweise Italienisch«, sagte er und schluckte mühsam. »Die haben sie immer benutzt, wenn sie nicht wollten, dass ich mitbekomme, worüber sie reden. Aber einmal, direkt vor Papas Tod, hatte ich mich in der Besenkammer versteckt. Und da habe ich gehört, wie er mit Anthony ganz normal auf Italienisch darüber sprach und erklärte, es enthielte die potenza ultima … die ultimative Macht.«
    »Was bedeutet das? Die ultimative Macht?«
    »Weiß ich nicht«, heulte er. »Anthony sagte Papa, dass er nichts damit zu tun haben wollte! Aber was auch immer es war, ich wollte es! Oh verdammt, ich wollte es so sehr!«
    »So sehr, dass du uns verraten hast, obwohl wir dich geliebt haben«, stieß ich hervor. »Du hast dir unser Haus genommen. Du wolltest uns auch unser Leben wegnehmen.«
    Onkel Buddy starrte mich mit offenem Mund an und sagte dann leise: »Ich wollte das, was Anthony hatte. Nicht nur eine Familie und ein Zuhause, sondern Macht … das, was du auch hast … das ghiaccio furioso . Ich dachte, dieses Notizbuch könnte vielleicht … es würde vielleicht …« Wieder hielt er inne und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Ich ließ ihn los, und er sank wieder in sich zusammen und flüsterte: »Ich will es noch immer.«
    »Was ist mit Detective Smelt?«, fragte ich. »Was ist mit diesem Irren mit der Skimaske?«
    »Ich weiß nichts von einem Cop oder einem Irren. Der einzige Irre, den ich kenne, das bin ich.« In seinem verwirrten Kopf machte wohl etwas Klick, denn plötzlich fragte er: »Sara Jane … bist du in Gefahr?«
    Es war das erste Mal seit Wochen, dass ich lachte.
    Das Geräusch, das dabei aus meinem Mund kam, fühlte sich fremd an.
    Es lag keine Freude darin, nur müder Hohn.
    Ich wischte mir die Augen, sah mich in der Küche um und betrachtete die schmutzigen Teller, die klebrigen Arbeitsflächen, die verschimmelten Essensreste. Die Blutspur, die Harry hinterlassen hatte, als er sich in den Keller schleppte, war noch da, eingetrocknet und braun auf dem Fliesenboden. Mein Onkel, der sich von meinem Kumpel zu meinem persönlichen Judas gewandelt hatte, nahm einen Schluck Wodka und sagte: »Was auch immer das für Leute sind, es muss Papas Tod gewesen sein, der sie aufgescheucht hat.«
    Das war die erste kluge Überlegung, die er anstellte. »Weiter«, sagte ich.
    »Das heißt, sie haben Verbindungen zum Syndikat. Für die Mafia war Papa ›Enzo der Bäcker‹, ›Boss‹ oder ›Biscotto‹, aber für den Rest der Welt war er doch nur der kleine, italienische Pastetenbäcker von nebenan.«
    Ich führte seinen Gedanken weiter. »Nur jemand, der wusste, dass Grandpa Vermittler des Syndikats war, hätte wissen können, dass mein Dad dieses Amt von ihm übernehmen und das Notizbuch erben würde.«
    »Dass er sein Amt übernimmt, ja. Bei dem Notizbuch bin ich nicht so sicher«, sagte Onkel Buddy. »Ich wusste auch nichts davon, bevor ich die Unterhaltung zwischen Papa und Anthony belauschte. Dann habe ich deinen Dad zur Rede gestellt.«
    »Bei Grandpas Beerdigung«, sagte ich und erinnerte mich daran, wie mein Dad Onkel Buddy mit einem blitzschnellen linken Haken wie einen Baum gefällt hatte.
    Er rieb sich gedankenverloren das Kinn. »Dein Dad gab zu, dass es das Buch gab. Wie er mir sagte, hatte Nunzio damit angefangen, Papa hatte es weitergeführt und Anthony selbst hatte ebenfalls dazu beigetragen. Es war ein Familiengeheimnis der Rispolis und steckte voller Geheimnisse. Er war fest überzeugt, dass niemand vom Syndikat davon wusste.«
    »Und wenn doch?«, fragte ich.

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