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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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stehen, bis ich mich quälend langsam bis nach oben hochgearbeitet hatte; Harry wimmerte die ganze Zeit über leise. Oben angekommen, öffnete ich die Falltür, kletterte hinein und sah dann zu Willy hinunter, der mir zuwinkte.
    »Gute Nacht« sagte er, und seine Stimme hallte leise durch die riesige Backsteinhalle.
    »Gute Nacht«, antwortete ich.
    »Sara Jane?«
    »Ja?«
    Er wischte sich die Nase, schniefte und sagte dann:
    »Die Welt scheint dir zerstört und leer
    kein Licht es darin gibt.
    Vergiss nicht, auch in schwerer Zeit,
    dass dich der alte Willy …
    Also, ich meine nur …«
    »Ich habe dich auch lieb, Willy«, sagte ich und winkte zurück, bevor ich das Seil hinter mir emporzog und die Falltür schloss.
    Nachdem Willys Schritte im Studio verhallt waren, herrschte Stille, abgesehen von Harrys keuchendem Atem. Ich machte es ihm gemütlich und kraulte ihn zwischen den Ohren, bis er einschlief. Als ich mich danach auf eines der Feldbetten legte und mein Blick auf den alten Fernseher fiel, erinnerte ich mich plötzlich wieder an die Minikamera aus Frank Sinatras Kopf. Ich nahm sie aus meiner Hüfttasche und ging dann zum Fernseher hinüber. Es war ein uraltes Modell mit einer grünen Glasscheibe in einem Holzrahmen, das mehr nach einem Möbelstück als nach einem Elektrogerät aussah. Es gab eine Skala zum Einstellen der Kanäle, für die Lautstärke musste man irgendwelche Knöpfe drücken, und eine gebogene Zimmerantenne sorgte für Empfang. Das einzige Zugeständnis an moderne Zeiten war der DVD-Player, der daran angeschlossen war. Zu der Minikamera hatte ich keinerlei Zubehör, aber Lou hatte mir beigebracht, dass in der Regel fast alle Elektrogeräte egal welchen Alters miteinander kompatibel sind, da letztlich die ganze Technik immer noch auf die Verwendung von Kabeln aufbaut – man muss einfach gucken, ob man irgendetwas irgendwo einstöpseln kann, dann ist die Chance groß, dass es klappt. Ich versuchte es mit allen Anschlüssen am DVD-Player, erst mit dem roten, dann mit dem gelben, aber in den schwarzen passte die Kamera tatsächlich.
    Ich schaltete den Fernseher an, und der Bildschirm erwachte mit einem Zucken zum Leben.
    Dann aktivierte ich den DVD-Player, der erst einmal seltsam schnurrte, als er versuchte, die Informationen der Kamera auszulesen.
    Schließlich drückte ich bei der Minikamera auf Play, starrte auf den Fernsehschirm, und als der zu zucken aufhörte, sah ich, wie jemand meinem Vater auf den Kopf schlug.
    Entsetzt stöhnte ich auf, zog hart die Luft ein und presste mir beide Hände auf den Mund. Mein Vater fiel mit einer Drehung auf unser Ledersofa. Zwar versuchte er, gleich wieder aufzustehen, aber es war deutlich zu erkennen, dass er noch benommen war, als ihm ein Mann in einem karierten Anzug einen neuerlichen Schlag verpasste und meinem Dad die Nase brach. Meine Mutter, die nicht im Bild war, hörte ich schreien. Nun drehte sich der Mann um, und mir stockte der Atem – er trug die schreckliche Skimaske. Er ließ von meinem Vater ab und machte einen Satz in die Richtung, aus der meine Mutter geschrien hatte. Mein Vater rappelte sich auf und setzte ihm nach, dann hörte ich, wie etwas klirrend zerbrach, er taumelte wieder aufs Sofa, und der Skimaskenmann kam hinterher und hob einen Baseballschläger …
    Und dann verwandelte sich das Fernsehbild in schneeige Pixel.
    Ich war von Kopf bis Fuß aus Eis.
    Ich konnte mich nicht bewegen, nicht denken, atmen oder fühlen.
    Ich konnte nur auf die winzigen, knisternden, schwarzweißen Pünktchen starren und mich in ihnen verlieren.
    Und dann, zapp!, war das Bild wieder da, und ich fuhr zusammen. Wieder sah ich meinen Vater, der mit blutender Nase und blutendem Mund auf dem Sofa lag, die Hände hinter dem Rücken zusammengebunden. Trotz des schlechten Bilds erkannte ich an dem seltsamen Winkel seines linken Beins, dass der Knochen gebrochen war. Irgendwo im Hintergrund kreischte Lou, dann knallte eine Tür, Harry bellte und meine Mutter schrie, und ich sah, wie jedes Geräusch, jeder Hilfeschrei ein schreckliches Echo auf dem Gesicht meines Vaters fand. Das Kinn sank ihm auf die Brust, und als es kurzzeitig still wurde, hob er den Kopf und blickte in die Kamera.
    »Sara Jane«, flüsterte er rau.
    »Dad?«, antwortete ich. »Daddy?«
    »Bitte … ich flehe Gott an … vielleicht findest du dieses Band«, stieß er hervor. »Es ist sehr unwahrscheinlich, ich habe keine Hoffnung, aber vielleicht … vielleicht bist du eben einfach du ,

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