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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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sollte. Daher kannte ich mich auch ein wenig mit Wagen mit Handschaltung aus. Meine Augen wanderten vom Tachometer, das eine gesamte Fahrleistung von sechs Kilometern anzeigte, über den Geschwindigkeitsmesser, dessen Skala bis zu 350 Kilometern in der Stunde reichte, bis zu einer Kiste mit einem silbernen Bogen auf dem Deckel, die auf dem Beifahrersitz stand.
    Ich glitt hinter das Lenkrad und nahm den Deckel ab.
    Darunter fand ich eine Bedienungsanleitung mit dem Titel 2000 FERRARI 360 SPIDER .
    Ich legte sie beiseite und zog eine kleine, schlichte Karte heraus, auf der in schwarzer Tinte eine Nachricht stand.
    Sie war auf Italienisch, und ich vertiefte mich darin, versuchte, die schlechte Handschrift zu entziffern und die Verben zu entschlüsseln. Meine Lippen bewegten sich, als ich las:
    Caro Antonio –
    Un piccolo simbolo per la nascita di suo figlio, Luigi. Un bambino maschile è il massimo regalo che un uomo può avere!
    Fedelmente –
    I Ragazzi
    Ich las es noch einmal und war mir meiner Übersetzung nicht ganz sicher, aber doch sicher genug, dass mir einerseits ganz benommen im Kopf und andererseits ganz heiß vor Zorn wurde. Dort stand, soweit ich es verstand:
    Lieber Anthony,
    eine kleine Aufmerksamkeit zur Geburt deines Sohnes, Lou. Ein männliches Kind ist das größte Geschenk, das ein Mann bekommen kann!
    In treuer Ergebenheit,
    die Jungs
    Was mich ganz benommen im Kopf machte: Wer waren »die Jungs«? Wieso waren sie meinem Vater so treu ergeben? Und wieso hatten sie ihm ein Auto für Lou gegeben? Und warum mir ganz heiß vor Zorn wurde: Was sollte das heißen, ein männliches Kind sei das größte Geschenk? Sah mein Vater das genauso? Und wo zur Hölle war mein Auto? Ich sah noch einmal in die Betriebsanleitung des Ferrari 360 Spider, Baujahr 2000, dem Jahr, in dem mein Bruder geboren worden war, und mir fiel wieder ein, dass meine Mutter mir erzählt hatte, der Lincoln sei ein Geschenk von »Freunden« für Grandpa Enzo gewesen, als mein Vater zur Welt kam. Jetzt begriff ich: Wenn mein Vater ein Mädchen gewesen wäre, dann würde nun Buddy mit dem schicken Lincoln Cabrio durch die Gegend fahren und hätte sich nicht diese rote Rostlaube kaufen müssen. Über Ferraris wusste ich nicht viel, außer, dass sie schnell und teuer waren, und das hieß, »die Jungs« waren nicht nur loyal, sondern richtig loyal. Ich sah mich um, überlegte, wie man überhaupt ein Auto hier unten hatte hineinbringen können, und ließ die vergessene Atmosphäre des Raumes auf mich wirken. Es war wie ein Museum, das eine lange Zeit geschlossen gewesen war. Alles hier drin, auch der zwölf Jahre alte Sportwagen, der noch nie richtig gefahren worden war, wirkte staubig, unbenutzt oder antiquiert.
    Abgesehen von, wie ich nun feststellte, einer Tür.
    Sie befand sich in der Nähe der Bar in einer kleinen, dunklen Nische.
    Sie sah sehr nach dem 21. Jahrhundert aus. Und abgeschlossen.
    Die schockierenden neuen Entdeckungen der letzten halben Stunde – eine Flüsterkneipe mit Ferrari in Mittelerde, tief unter unserer Bäckerei – hatten meine Beobachtungsgabe offenbar kurzzeitig beeinträchtigt, und deswegen hatte ich sie wohl nicht gleich bemerkt. Aber jetzt sah ich die Tür, und sie zog mich magisch an. Ein Schild verkündete »Nur für Mitarbeiter« – keine Ahnung, ob das ein blöder Witz sein sollte oder ob sie einfach so angefertigt worden war. Ich legte mein Ohr gegen das kühle Metall, hörte aber nichts, und dann drückte ich die Klinke, die sich aber nicht bewegte. Ein Eingabefeld mit Ziffern leuchtete neben der Tür und verspottete mich mit der endlosen Anzahl von möglichen Kombinationen. Ich probierte es mit meinem Geburtstag – 27-04-1996 –, dann mit Lous – 26-6-2000 –, dann mit dem meines Vaters, meiner Mutter, meiner Großeltern, mit meiner Sozialversicherungsnummer und ein paar Telefonnummern, aber es geschah nichts. Auf dem Tastenblock tat sich gar nichts, die Tür blieb verschlossen. Wieder begann mein Blut über einer kleinen, blauen Flamme hochzukochen. Da war ich so weit gekommen, so tief hinabgestiegen, hatte mir den ganzen Körper grün und blau geschlagen und mir wahrscheinlich ein paar Rippen angeknackst, um vor einer Tür zu stehen, die mir mit dem Hinweis »Nur für Mitarbeiter« den Einlass verwehrte? Ich konnte nicht mehr klar denken, irgendwie funktionierte ich aber trotzdem noch. Ich hörte mich »verdammte Scheiße« murmeln und ließ eine harte, genervte Rechte auf das Eingabefeld

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