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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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langsam darauf zuging, versuchte ich, die Buchstaben zu entziffern, die in goldener Schrift darauf zu lesen waren, allerdings schon abgeblättert und abgegriffen.
    CLUB MOLASSES
    PASSWORT ERFORDERLICH
    Ein Club, benannt nach dem Melasse-Sirup, den Rispoli & Sons für ihre Karamellkekse verwendeten.
    Als ich näher trat, erkannte ich, dass der obere Bogen des P ein Guckloch umschloss.
    Die Tür schwang schwer in ihren alten Angeln hin und her, als ich sie aufstieß, und dann trat ich in einen Raum mit roh gemauerten Wänden und einer hohen Decke, in dem es stickig roch. Von weit oben fiel durch eine kreisrunde Öffnung natürliches Licht. Als ich mit zusammengekniffenen Augen hochsah, entdeckte ich, dass ich mich am Boden einer hohen Esse befand, die von der Außenwelt vermutlich als der Schornstein unserer Bäckerei wahrgenommen wurde. Ich spähte durch die Dunkelheit wie ein Goldfisch durch trübes Wasser, fand einen Schalter an der Wand und drückte darauf, und urplötzlich fühlte ich mich neunzig Jahre in der Zeit zurückversetzt. Grüne Wandleuchten schmückten die Mauern, und Messinglaternen mit grünem Glas brannten an den jeweiligen Enden einer langen, geschwungenen und mit Leder bespannten Bar. Es gab keine Barhocker, keine Flaschen oder Gläser dahinter, nur einen langen, vom Alter fleckig angelaufenen Spiegel, auf dem die Worte Club Molasses in geschwungenen, goldenen Buchstaben zu lesen waren, und aus dem mir mein Gesicht entgegenblickte. Gegenüber der Bar befand sich eine erhöhte, leere Plattform, die ich als Bühne erkannte; davor erstreckte sich ein Tanzparkett, in das in aufwendigem Muster die Buchstaben CM eingearbeitet worden waren. Vor einer anderen Wand waren ein paar Dutzend alte, leere Fässer schwindelerregend hoch aufgestapelt, wie eine abgerundete, hölzerne Pyramide, und jedes Fass trug einen Stempel mit einem Ahornblatt als Symbol und der Aufschrift »100 % pure Canadian molasses«. Ich ging zu einer Reihe altmodischer Spielautomaten aus Holz und Metall hinüber, wie ich sie bisher nur in Filmen gesehen hatte, und kam zu dem Schluss, dass mich dieser Ort an die Kulisse eines ganz bestimmten Films erinnerte.
    Dougs Lieblingsfilm Manche mögen’s heiß.
    In der Anfangsszene spielen zwei Musiker in einer Flüsterkneipe Kontrabass und Saxofon.
    Während der Prohibitionszeit schossen solche Kneipen überall in Amerika wie Pilze aus dem Boden und verhießen den amüsierwilligen Bürgern Jazz, Glücksspiel und verbotenen Alkohol.
    Später in dem Film werden die beiden Musiker Zeugen des berühmten Massakers am Valentinstag, einer brutalen und blutigen Abrechnung unter Gangstern, die sich 1929 tatsächlich in Chicago ereignet hatte. Ein paar Gangster waren als Polizisten verkleidet in ein Lagerhaus in der North Side eingedrungen und hatten sieben Rivalen mit Maschinenpistolen geradezu hingerichtet. Flüsterkneipen wie diese hier wurden von eben solchen Kriminellen betrieben, und sie befanden sich an den unwahrscheinlichsten Orten, damit die Polizei sie nicht so leicht aufspüren konnte.
    Mit ganz leise flüsternder Stimme hörte ich mich selbst sagen: »Dad … du hast mir eine ganze Menge nicht erzählt.«
    Dann musste ich wieder daran denken, dass er gesagt hatte, ich würde mit allem fertig, was auf mich zukommen würde, und mit sogar noch mehr.
    Das war gut, denn es gab noch mehr, unter einer dicken Plane verborgen.
    Es war ein großes, langgestrecktes Ding, das da in den Schatten hockte. Ich klopfte mit den Knöcheln dagegen und hörte einen metallischen Klang. Als ich die Abdeckung ein kleines Stück anhob, sah ich dicke Reifen, und als ich sie komplett zurückschlug, stand vor mir ein zweitüriges Cabrio mit aufgeklapptem Dach, das eher an eine Rakete als an ein Auto erinnerte. Es war keilförmig; das Heck ragte recht hoch auf, aber zur Kühlerhaube hin, die ein silbernes Logo mit einem Pferd schmückte, das sich aufbäumte und mit den Vorderhufen schlug, wurde der Wagen immer flacher. Vorsichtig öffnete ich die Fahrertür und betrachtete das Innere, das straff mit dickem, schwarzen Leder ausgeschlagen war, unterbrochen von einem Schalthebel mit fünf Gängen, wie die Zeichnung auf der verchromten Kappe verriet. Als meine Mutter mir das Autofahren beigebracht hatte, war es ihr wichtig gewesen, dass ich nicht nur mit einem Automatikgetriebe umzugehen lernte, sondern auch mit einem manuellen wie diesem hier, weil sie die Auffassung vertrat, dass man eine Sache von Grund auf beherrschen

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