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Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
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Revolutionäre Volkspartei eigentlich? Dafür, dass du Däumchen drehst? Mit deiner Krankenschwester flirtest? Und Igor beibringst, wie man mit beiden Händen klatscht? Meine Herren.« Ein Stück von seinem Sandwich flog ihm vom Schoß und rol te die staubige Uferböschung hinab. Er wickelte den Rest seines Mittagessens wieder in das dafür vorgesehene Zeitungspapier und nahm die Verfolgung auf.
    In der Regenzeit stieg das Wasser bis auf wenige Meter unterhalb ihres Baumstamms. Aber jetzt waren es gut dreißig Meter bis zum Ufer, und jeder Quadratzentimeter des trockenen Flussbetts wurde zum Gemüseanbau genutzt. Der Boden war furchtbar fruchtbar.
    Civilai hatte die Kruste in Sicherheit gebracht und machte sich an den Wiederaufstieg. Eine Handvol Salatblätter lugten aus seiner Brusttasche. Er war staubbedeckt und rang schwitzend nach Atem.
    »Warum isst du dein Brot eigentlich nicht wie ein normaler Mensch?«, fragte Siri.
    Civilai grunzte. »Weil«, keuchte er, »ich mir auf meine Kinderstube etwas zugutehalte.« Er pustete die rote Erde von seinem Sandwich. »Weil ich nicht dabei erwischt werden möchte, wie ich gierig einen Kanten Brot in mich hineinstopfe wie ein Höhlenmensch. Und weil meine Klappe nicht annähernd so groß ist wie deine.« Er nagte zaghaft an seinem Baguette.
    Civilai war Siris engster Freund im Politbüro, was wahrscheinlich daran lag, dass auch er ein wenig verrückt war. Aber während Siri passiv-rebel isch verrückt war, war Civilai schlicht genial-verrückt. Er war geistreich und exzentrisch. Viele der abenteuerlichsten Ideen der Partei waren auf seinem Mist gewachsen.
    Leider war er ein klein wenig zu schnel für das träge sozialistische System. Er erinnerte Siri an einen lebhaften Hund, den er einmal mit seinem gichtkranken französischen Frauchen hatte Gassi gehen sehen. Der Hund rannte hechelnd und sabbernd hin und her, sprang und zerrte an der Leine, konnte die Frau aber beim besten Wil en nicht dazu bewegen, ihre Schritte zu beschleunigen oder die Richtung zu ändern. Civilai trug schwer an der Last seiner Enttäuschung.
    Er war ein dürres kleines Männlein, das auch als Chauffeur einer Saam-Loo-Fahrradrikscha nicht weiter aufgefal en wäre. Auf seinem Kopf spross schon seit langem kein Härchen mehr, und mit seiner riesigen Randbril e sah er aus wie eine großäugige Gril e. Er war nur zwei Tage vor Siri zur Welt gekommen und hatte die Anrede »Ai«, älterer Bruder, somit eigenüich nicht verdient.
    »Deine Klappe könnte genauso groß sein wie meine, Ai, wenn du sie nur ein wenig öfter aufreißen würdest.«
    »O Gott. Geht das schon wieder los.«
    »Ich bin krank. Ich glaube, ich mache es nicht mehr lange.« Siri biss herzhaft in sein Baguette und sprach mit vol em Mund. »Das sagt einem doch der gesunde Menschenverstand. Wenn der alte Papayabaum keine leckeren Früchte mehr trägt, pflanzt man neue Triebe und wartet nicht, bis er gestorben ist. Die Partei schickt jedes Vierteljahr sechs Studenten zum Medizinstudium nach Osteuropa. Davon braucht sich nur einer, ein einziger, auf forensische Pathologie zu spezialisieren.«
    »Für das Gesundheitssystem bin ich nicht zuständig«, gab Civilai zurück.
    »Nein, aber du bist ein hohes Tier. Was du sagst, wird auch gemacht.« Er trank einen Schluck Tee und reichte Civilai die Kanne. »Ich möchte keine Leichen aufschneiden, bis ich selber eine bin. Ich muss planen können. Ich muss wissen, wann ich mit einem Nachfolger rechnen, wann ich aufhören kann. Stel dir vor, ich würde hier und jetzt tot umfal en. Was würdest du dann machen?«
    »Dein Sandwich aufessen.«

    »Wozu bin ich eigentlich mit einem Mitglied des Politbüros befreundet, wenn ich nicht wenigstens ab und zu ein wenig Hilfe erwarten kann?«
    »Und wenn du einfach ein paar Fehler machst?«
    »Was?«
    »Solange sie mit dir zufrieden sind, werden sie dich wohl kaum entlassen.
    Wenn du also, sagen wir, Körperteile verwechseln würdest, wären sie viel eicht eher geneigt, sich nach einem geeigneten Nachfolger umzusehen.«
    »Körperteile verwechseln?«
    »Ja. Du schickst deinem Richterfreund ein Foto von einem Gehirn und behauptest steif und fest, es wäre eine Leber.«
    »Das würde der sowieso nicht merken. Bei dem sitzt die Leber, wo bei anderen Leuten das Gehirn sitzt.« Sie lachten.
    »Du wil st doch hoffentlich unsere ehrenwerte Justiz nicht beleidigen. Dafür könnte ich dich nämlich melden.«
    »Ich habe nichts gegen die Justiz.«
    »Gut.«
    »Nur gegen den

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