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Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
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Augen.
    Kham rückte so dicht an Siri heran, dass ihre Hinterteile sich berührten, und legte den Arm um ihn. Obwohl der Doktor körperlicher Nähe durchaus nicht abgeneigt war, empfand er diese Geste unter den gegebenen Umständen als respektlos.
    »Wir haben Sie für eine verantwortungsvol e Aufgabe vorgesehen.«

    Khams gut gemeinte Worte trafen Siri wie ein Keulenschlag ins Gesicht.
    Verantwortung brauchte er ungefähr so dringend wie einen zweiten Kopf.
    »Warum?«
    »Weil Sie der beste Mann für diesen Posten sind.«
    »Ich war noch nie der beste Mann, egal für welchen Posten.«
    »Nur keine falsche Bescheidenheit. Sie sind ein erfahrener Chirurg. Sie sind neugierig und lassen sich so leicht nichts vormachen. Darum haben wir beschlossen, Sie zum amtlichen Leichenbeschauer der Republik zu ernennen.« Er suchte in Siris grünen Augen nach einer Spur von Stolz, sah aber nur Verwirrung. Er hätte ihm ebenso gut eröffnen können, man habe ihn zum ersten Bal onkünstler oder Einradfahrer der Republik bestel t.
    »Ich habe mein Lebtag noch keine Obduktion durchgeführt.«
    »Ach. Ob Sie sie nun aufschneiden oder zusammenflicken. Das spielt doch keine Rol e.«
    »Und ob das eine Rol e spielt.«
    Er sagte das ohne jede Aggression, trotzdem war Kham merklich erstaunt, dass Siri ihm so energisch widersprach. Die führenden Parteimitglieder waren ein gewisses Maß an Respekt gewohnt. Was Siri jedoch nicht davon abhielt, ihnen, wenn auch ruhig und mit leiser Stimme, gegebenenfal s Bescheid zu stoßen. Nicht zuletzt deshalb hatte man ihn in den Dschungel abgeschoben.
    »Wie bitte?«
    »Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen sol te. Für diese gewaltige Aufgabe fehlt mir schlicht die Qualifikation. Wofür halten Sie mich?«
    Obwohl der Whisky Khams Schlangenaugen mit einem glasigen Schleier überzogen hatte, war er über Siris mangelnde Dankbarkeit sichtlich verärgert.
    Er umklammerte die Schulter des alten Mannes etwas fester und bel te ihm ins Ohr.
    »Für ein kleines Rädchen in der großen revisionistischen Maschine, die unser geliebtes Vaterland von nun an mit der erforderlichen Energie versorgt. Sie sind ebenso ein Rädchen wie ich oder der Präsident. Jedes Rädchen trägt dazu bei, dass die Maschine reibungslos läuft. Andererseits kann schon ein kaputtes Rädchen den Betrieb vol ständig lahmlegen. In diesen historischen Zeiten sind wir darauf angewiesen, dass al e Rädchen nahtlos ineinandergreifen. Lassen Sie uns nicht im Stich. Streuen Sie keinen Sand ins Getriebe.«
    Er kral te die Finger ein letztes Mal in Siris Schulter, nickte, ging davon und zwängte sich in einen anderen Kreis. Siri blickte benommen in die Runde der revisionistischen Mechaniker. Der als Schmiermittel reichlich untaugliche Alkohol hatte die Rädchen bereits ein wenig deformiert. Irgendwo hatten zwei Rädchen eine Acht gebildet. Es gab große, wichtige und kleine, unwichtige Rädchen, von denen einige bereits auf Nimmerwiedersehen auf der Toilette verschwunden waren. Dies riss große Lücken in ihre Kreise. Andere steckten im kleineren Kreis die Köpfe zusammen und zogen es vor, die große Maschine komplett zu ignorieren.
    Plötzlich deprimiert, erklärte Siri seinem Kreis, er müsse dringend pinkeln. Er torkelte in Richtung Toilette, ließ sie jedoch links liegen und hielt schnurstracks auf den Ausgang des Rathauses zu. Die Wachen vor der Tür präsentierten zum Gruß das Gewehr. Er grüßte zurück, streifte seine schwarze Krawatte ab und hängte sie über das schimmernde Bajonett eines der beiden jungen Burschen. Sie baumelte leise hin und her.
    Mit Dank und einem Grinsen wies er die Fahrer der altersschwachen schwarzen Zil-Limousinen ab, die darauf warteten, die Genossen in ihre provisorische Unterkunft zu bringen. Es war ein frostiger Dezembermorgen, und es standen keine Sterne am Himmel, was jedoch nicht weiter schlimm war, denn es ging immer geradeaus. Er wankte die menschenleere Lane Xang Avenue entlang. Vor ihm lag der Präsidentenpalast - und eine Zukunft, auf die er nicht sonderlich versessen war.
    2
    DIE GATTIN DES GENOSSEN KHAM
    Selbst in den schlimmsten Zeiten von Vientiane wurde der alte Steinofen unweit der Moschee jeden Morgen um drei Uhr angeheizt, um das beste Brot im ganzen Land zu backen. Drei barbrüstige Männer schürten das Holzfeuer, kneteten den Teig zu langen Rol en und legten sie auf rostige schwarze Eisenbleche. Hygienisch war das nicht. Aber viele ihrer Kunden glaubten, ebendiese Mischung aus Staub, Ruß,

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