Colin Cotterill
Er hatte ihn im Einsatzzentrum an der Grenze kennengelernt und sich sogar ein paar Mal mit ihm unterhalten. Der Mann war auch an dem Tag dort, als über den verdeckten Einsatz geredet wurde, der in einer Katastrophe endete. Der VC entdeckte schließlich die Überreste des Massakers - und Hok, der mehr tot war als lebendig. Sie flogen ihn nach Hanoi.
Als er sich einigermaßen erholt hatte, packte ihn die Wut, und er erzählte al en von dem Berater. Er hatte offenbar Kontakte zu höchsten Stel en, denn unser Botschafter hat sich persönlich an sein Krankenbett bequemt. Danach hat er uns von dem Vorfal berichtet, und wir haben Hok gebeten, nach Laos zu kommen und den Mann zu identifizieren.«
»Hätte man denn nicht einfach Fotos schicken können?«
»Was denn für Fotos? Das Regimentsjahrbuch? Wie viele Fotos aus den letzten zwanzig Jahren gibt es von dir, Siri? Regierungsfeindliche Rebel en posieren im Al gemeinen nicht in Uniform, es sei denn, sie möchten eines schönen Tages als Verräter vor Gericht gestel t werden.«
»Schon gut, schon gut. Als Hok wieder reisefähig war, wurde er also umgehend hierhergeschickt.«
»Mit einem Oberst der vietnamesischen Armee und einem Fahrer. Sowie Genehmigung von höchster Ebene.«
»Sprich die Wahrscheinlichkeit, dass sie hier gefoltert wurden, geht gegen nul .«
»Nicht unbedingt. Ein laotischer Offizier, der die Hmong berät! Das wirft kein gutes Licht auf uns. Die Vietnamesen waren ohnehin misstrauisch. Und unsere leidige Geheimniskrämerei hat diesen Eindruck noch verstärkt. Es wusste ja kaum jemand von der ganzen Sache, nur die Leute von der Staatssicherheit, eine Reihe ranghöher Parteimitglieder, ich ausgenommen, der Premierminister, der Präsident. Der Bursche sol te möglichst nicht merken, dass wir es auf ihn abgesehen hatten.«
»Er läuft also noch immer frei herum, nur dass ihn jetzt niemand mehr identifizieren kann. Wissen wir überhaupt etwas über ihn?«
»Nur, dass er Major ist.«
»Lässt sich denn nicht ermitteln, welcher Major unserer Armee sich zur selben Zeit im Einsatzzentrum aufgehalten hat wie Hok?«
»Wir arbeiten daran. Aber das Zentrum ist groß, und es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Wir können schließlich schlecht Buch darüber führen, wer wann wo steckt.«
»Und wie steht’s mit dem Schwarzen Keiler ?«
»Gott, du kriegst aber auch nie genug. Für meine unermüdliche Hilfe müsstest du mich eigentlich in deinem Testament bedenken.«
»Du stirbst lange vor mir, alter Freund.«
»Ach ja? Auf mich wird jedenfal s nicht geschossen.«
»Ab heute schon. Irgendwo dort oben auf dem Dach liegt vermutlich längst ein Scharfschütze mit Präzisionsgewehr und nimmt dich ins Visier.«
Im Baum über ihren Köpfen brach ein Zweig. Die beiden Männer liefen so schnel wie schon seit Jahren nicht mehr. Sie waren etwa zwanzig Meter am Ufer entlanggerannt, als Siri einen Blick zurückwarf. Nach Atem ringend blieb er stehen.
»Rajid. Was zum Teufel machen Sie da oben?« Civilai drehte sich um. Der verrückte Inder saß hoch oben in der Baumkrone und lachte stumm. Damit war der Tag für ihn gerettet.
»Er ist bestimmt ein Spion. Er spricht wahrscheinlich sechs Sprachen fließend.« Sie lachten und gingen Arm in Arm zurück zum Baumstamm. Dann packten sie erst einmal ihre Sandwiches aus und kauten eine Weile schweigend vor sich hin, bis ihre Nerven sich beruhigt hatten.
»Stichwort Schwarzer Keiler «, sagte Siri schließlich.
»Meinen Quel en zufolge war Schwarzer Keiler der Codename eines Sonderkommandos der amerikanischen Marines, das sich zu Kriegszeiten in Vietnam al erhand, äh, Schweinereien hat zuschulden kommen lassen. Es operierte in Zivil und war offiziel niemandem unterstel t, arbeitete angeblich jedoch für die CIA.«
»Wie so viele.«
»Die Jungs haben gewütet wie die Berserker. Wieso interessiert dich das?«
»Angenommen, sie wären jetzt in Laos?«
»Und was sol ten sie hier wol en?«
»Dasselbe wie in Vietnam Unruhe stiften.«
»Du meinst, diese Foltergeschichte ist auf ihrem Mist gewachsen? Ich kann mir nicht vorstel en, dass sich eine amerikanische Einheit unerkannt bei uns herumtreibt.«
»Warum nicht? Die Hmong würden ihnen bestimmt Unterschlupf gewähren.
Die Amis warten doch nur darauf, dass unser System zusammenbricht.«
»Na gut. Zeig mir, was du bis jetzt beisammen hast. Wenn es nicht gar zu albern ist, reiche ich es an die Staatssicherheit weiter.« Er sah nach oben.
Rajid hing noch immer wie
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