Colin Cotterill
Wochen il egale Flugbewegungen im Bereich des Stausees gemeldet wurden. Und, ach ja, wissen Sie zufäl ig, wie Trans Frau zu erreichen ist? Tran, der Colonel?«
»Seine Frau? Das kriege ich schon heraus.«
»Gut. Reden Sie mit ihr. Erkundigen Sie sich nach den Tätowierungen ihres Mannes.«
»Wonach genau sol ich sie denn fragen?«
»Lassen Sie sich die Tätowierungen beschreiben. Sie können ihr natürlich auch die Fotos zeigen. Viel eicht fäl t ihr daran ja irgendetwas auf. Mich würde interessieren, ob sie irgendwie verändert worden sind. Ich könnte mir denken, dass…«
Die Leitung wurde unterbrochen. Das war zwar im Prinzip nichts Ungewöhnliches, doch Siri traute der Sache nicht.
Er wartete eine halbe Stunde, aber Nguyen Hong rief nicht noch einmal an.
Langsam ging er in die Pathologie zurück und wog die neuen Informationen gegen seine Theorie ab. In seinem Büro erwartete ihn Inspektor Phosy.
»Sie sehen erschöpft aus«, meinte der Inspektor.
»Hal o, Phosy.« Sie gaben sich die Hand. »Ich fürchte, die letzten paar Tage haben mir mehr zugesetzt, als ich mir eingestehen wol te. Dabei bin ich noch keinen Schritt weiter. Sind Sie eben erst zurückgekommen?«
»Nein, schon heute früh. Ich bin erst mal nach Hause gefahren und habe mich aufs Ohr gelegt.«
»Wie war das Seminar?«
»Das übliche Blabla. Wie glücklich ich mich schätzen dürfe, im glorreichen Sozialismus zu leben. Es gibt Schlimmeres. Haben Sie meinen Brief bekommen?«
»Ihren Brief? Ach, du meine Güte, ja. Den hatte ich schon fast wieder vergessen. Wir haben eine Menge zu besprechen.«
»Gut.«
»Durst?«
»Und wie.«
17
DAS VERSCHWUNDENE ZIMMER
Phosy kaufte der entzückten Barmama eine Literflasche Saeng-Thip-Rum ab und orderte dazu gleich einen ganzen Eimer von ihrem sagenhaften Eis. Sie setzten sich an einen Tisch abseits der anderen Gäste.
»Haben Sie in der Lotterie gewonnen?«
»Was nützt ein dickes Polizistengehalt, wenn man es nicht hin und wieder unter die Leute bringen kann?«
»Aber das glaubt Ihnen doch kein Mensch. Unsere Gehälter werden von den Ministerien festgesetzt. Jeder weiß, wie viel Sie verdienen.«
»Mist. Tja, wenn das so ist, muss ich im Norden wohl ein paar dubiose Geschäfte getätigt haben.«
»Da kommen wir der Sache schon näher.«
Die Mama mixte ihnen reichlich bemessene Drinks, und sie gaben ihr zu verstehen, dass sie von nun an nicht mehr gestört werden wol ten. Sie überließ die beiden sich selbst und ihren Geheimnissen. Ein Fischer mit großem Hut stand bis zu den Knien im Wasser und warf immer wieder sein mit Gewichten beschwertes Netz aus. Sie sahen zu, wie er die kleinen Fische aus ihrem engmaschigen Gefängnis befreite und in die Plastiktüte bugsierte, die er sich um den Hals gebunden hatte.
»Also, was haben Sie mir so Wichtiges mitzuteilen?«
In der nächsten halben Stunde kam kein weiteres Wort über Phosys Lippen.
Er saß schweigend da, nippte hin und wieder an seinem Glas und lauschte Siris Geschichten, vom Anschlag auf dessen Leben bis hin zur Wahrheit über Mais Ermordung. Als er zu Ende erzählt hatte, griff Siri in seine Tasche und reichte dem Polizisten den Obduktionsbericht samt eigenen Notizen.
Er lehnte sich auf seinem klapprigen Stuhl zurück und trank einen zweiten Schluck von seinem Rum, in dem das Eis längst geschmolzen war. Phosy betrachtete erst den Aktendeckel und dann den lächelnden Pathologen.
»Na, was sagen Sie nun?«, fragte Siri.
»Mir fehlen die Worte.«
»Danke.«
»Ich hatte ja keine Ahnung…«
»… was für ein genialer Detektiv ich bin?«
»Genau. Chapeau.« Er zog seinen imaginären Hut. »Wirklich. Ich bin überwältigt.«
»Sie machen keinen besonders erfreuten Eindruck.«
»Nein? Das könnte damit zu tun haben, dass ich eigentlich gehofft hatte, die Sache wäre endlich vom Tisch, dabei fängt sie anscheinend gerade erst richtig an. Konnten Sie den ungefähren Todeszeitpunkt bestimmen?«
»Nein. Unmöglich. Ich habe sie erst drei Tage nach ihrem Tod zu sehen bekommen.«
»Na gut.« Er leerte sein Glas und schenkte sich nach. »Dann geht das Spiel also von vorne los. Haben Sie Richter Haeng das Original übergeben?«
»Nein. Ich wol te warten, bis Sie wiederkommen und mir sagen, was ich tun sol .«
»Gut. Tun Sie gar nichts. Ich höre mich mal im Haus des Mädchens um.
Viel eicht hat jemand etwas Ungewöhnliches bemerkt.«
»Meinen Sie, Genosse Kham hat die Sache eingefädelt und Vientiane kurz vor der Tat
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