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Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
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Ihnen geht.«
    »Ach, wie schön! Wo sind sie?«
    »Ich glaube, sie haben noch nicht ganz begriffen, was passiert ist. Sie sind sehr stil .«
    »Immer rein mit ihnen.«

    Fräulein Vong verschwand, und die drei Mädchen kamen im Gänsemarsch ins Zimmer. Manoly führte sie an. Ausgerechnet in diesem Moment bekam Siri seinen ersten schweren Hustenanfal des Tages, und die Mädchen drückten sich ängstlich an die Wand und beäugten ihn misstrauisch. Als er sich einigermaßen erholt hatte, lächelte er und rief sie zu sich.
    »Na, die Damen? Das ist aber lieb, dass ihr mich besuchen kommt. Wo wohnt ihr denn jetzt?«
    Manoly war die Sprecherin. »Bei Tante Souk. Sie ist nett. Sie steht draußen.
    Wil st du mit ihr sprechen?«
    »Nein. Ich wil mit euch sprechen. Ich habe mir euretwegen große Sorgen gemacht.«
    »Tante Souk hat gesagt, du warst sehr mutig, als du Mami holen gegangen bist.«
    »Manoly, weißt du, wo eure Mami jetzt ist?«
    »Ja.«
    »Wo?«
    »Im Tempel.«
    »Das ist nicht eure Mami.«
    »Doch.«
    »Nein. Im Tempel liegt nur die Verpackung von eurer Mami.« Die kleinste Schwester musste kichern. Manoly machte ein wütendes Gesicht.
    »Wohl ist es Mami.«
    Siri nahm ihre Hand und legte sie an seine Wange.
    »Diese Haut, diese Haare, das al es ist nur äußerlich. Nur Verpackung, wie das Papier um den Bonbon. Der Bonbon selbst, also al es, was wir wirklich sind, steckt in der Verpackung. Unsere Gefühle. Unsere guten und schlechten Launen. Unsere Gedanken, unser Verstand, unsere Liebe, al das, was einen Menschen ausmacht.

    Man nennt das den Geist. Der Geist eurer Mami hat ihre Verpackung schon verlassen. Ich habe ihren Geist gesehen, als ich an dem Abend in eurem Zimmer war.«
    »Ist das so ähnlich wie ein Gespenst?«
    »Nein. Gespenster gibt es nur in Gruselgeschichten. Der Geist ist das eigentliche Ich. Manche Menschen können ihn sehen, die meisten aber nicht.«
    »Hast du mit ihr gesprochen?«
    »Ja, sie hatte Angst.«
    »Warum?«
    »Sie hatte Angst, dass ihr sie viel eicht nicht lieb habt, weil sie euch manchmal böse war. Aber ich sol euch sagen, dass sie euch nur böse war, weil sie euch so lieb hatte.«
    »Das hat sie gesagt? Wirklich?«
    »Wirklich. Und sie hat gesagt, dass sie euch al e ganz dol lieb hat. Und das wird auch immer so bleiben.«
    Manoly hatte Tränen in den Augen und lächelte. Die anderen beiden verstanden wohl noch nicht so recht, denn sie zeigten keinerlei Regung.
    Die Jüngere wechselte das Thema. »Onkel Siri. Bald kann ich in die Schule.
    Guck mal.« Sie streckte den rechten Arm über ihren Kopf und versuchte, ihr linkes Ohr zu berühren, wie es auf dem Land üblich war. Wer sein Ohr berühren konnte, kam in die Schule.
    »Da fehlt ja wirklich nicht mehr viel, Nok. Schade, dass du keine Kaninchenohren hast. Dann könntest du jetzt schon zur Schule gehen.« Sie hüpfte kichernd auf sein Bett.
    Als Dtui von dem Besuch bei ihrer Mutter zurückkam, lagen al e drei friedlich neben Siri und lauschten einer Geschichte über Baumgeister in Khammouan.
    »Ach nee. Was ist denn hier los?«
    »Bist du eine Krankenschwester?«, fragte Nok.
    »Nein. Ich bin ein als Krankenschwester verkleidetes Krokodil.«

    »Wil st du dich bewerben?«, fragte Manoly.
    »Als was denn, Schätzchen?«
    »Eine von Onkel Siris Frauen?«
    Dtui simulierte einen Brechanfal , sehr dramatisch und sehr laut. Als Tante Souk und der Wachposten hereingestürmt kamen, lag Dtui bäuchlings auf dem Boden, während die Mädchen auf dem Bett sich vor Lachen kringelten und Siri Gipsstaub hustete.
    Als sie weg waren, griff Siri noch einmal zum Telefon. Statt der Staatssicherheit war das Sekretariat am Apparat.
    »Hal o. Wo ist denn der Soldat geblieben?«
    »Der ist weg. Kurz nachdem der Anruf hereingekommen war, auf den er gewartet hatte.«
    »Was denn für ein Anruf?«
    »Aus Vietnam. Gestern Abend. Ich wol te gerade nach Hause gehen, als das Telefon klingelte. Dr. Nguyen Soundso. Wissen Sie nicht mehr?«
    »Ich habe keinen Anruf bekommen.«
    »Komisch. Der Offizier wol te das Gespräch zu Ihnen durchstel en.«
    »Wer weiß, wohin er es durchgestel t hat. Hierher jedenfal s nicht. Hören Sie, können Sie mich viel eicht mit dem Polizeipräsidium verbinden? Und, äh, wären Sie wohl so freundlich, mir die Nummer des zentralen Leichenschauhauses in Hanoi herauszusuchen?«
    »Aber das ist in Vietnam.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    »Bevor ich ein internationales Gespräch für Sie anmelden kann, müssen Sie vier Formulare ausfül

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