Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer
»Nein, das bezweifle ich«, wiederholte sie, jetzt mit sehr viel natürlicherer Stimme, »aber das ist auch bedeutungslos. Von Bedeutung ist jetzt, dass du einen Verbündeten gegen Jantu hast – vorerst zumindest. Wir wissen beide, dass hier alles erst noch schlimmer werden wird, bevor sich die Lage bessert. Aber ich werde alles tun, was ich kann, um Angriffe, die gegen dich unternommen werden, abzulenken, und ich werde dich dabei unterstützen, dich gegen Jantu zu wehren, vielleicht sogar, wenn du ihm direkt entgegentrittst. Vielleicht werde ich nicht immer direkt und offen vorgehen, aber ich werde dich unterstützen. Ich möchte, dass du noch da bist und die Leitung übernehmen kannst, wenn wir anfangen, unser Einsatz-Netzwerk wieder aufzubauen.«
»Du meinst, du willst, dass ich noch da bin, weil du nicht willst, dass Jantu die Leitung übernimmt, oder?«, fragte Ganhar und erwiderte jetzt geradewegs ihren Blick.
»Na ja, natürlich. Aber das ist doch das Gleiche, oder nicht?«
Das war sogar ganz eindeutig nicht das Gleiche; doch Ganhar entschied sich dafür, nicht weiter auf diesen Punkt einzugehen. Einen Moment lang blickte sie ihm tief in die Augen, dann nickte sie.
»Ich kann richtig sehen, wie dein kleiner Verstand auf Hochtouren kommt«, konstatierte sie nüchtern. »Das ist gut! Aber, so von Verbündetem zu Verbündetem, ich würde dir raten, dir irgendeinen richtig eindrucksvollen Ratschlag für Anu zu überlegen. Irgendetwas Positives und Kraftvolles. Es muss nicht mal sinnvoll sein oder wirklich irgendetwas bewirken – nur dass wir uns hier richtig verstehen! –, aber ein bisschen Gewaltanwendung wäre wirklich hilfreich. So etwas mag er. Die Vorstellung zurückzuschlagen – irgendetwas zu tun –, hat Größenwahnsinnigen schon immer zugesagt.«
»Ich …« Ganhar stockte und holte tief Luft. »Inanna, dir muss klar sein, wie das, was du da gerade gesagt hast, sich anhört. Ich schlage selbstverständlich nicht vor, dass du in irgendeiner Weise gegen Anu vorgehst. Du hast vollkommen Recht: Ich verstehe nicht, was in dir vorgeht, warum du fühlst, was du eben fühlst, aber ich akzeptiere es und werde es auch nicht vergessen. Aber machst du dir denn gar keine Sorgen, ich könne mit dem, was du mir da gerade anvertraut hast, irgendetwas zu deinen Ungunsten unternehmen?«
»Natürlich nicht, Ganhar.« Entspannt lehnte sie sich in ihrem Sessel zurück und lächelte ihn freundlich an. »Wir wissen doch beide, dass ich gerade eben sämtliche deiner Überlegungen und Strategien völlig auf den Kopf gestellt habe. Aber du bist doch ein cleverer Bursche! Wenn du erst einmal ein paar Jahrzehnte darüber nachgedacht hast, dann wird dir schon klar werden, dass ich nicht so vorgegangen wäre, wenn ich nicht schon Sicherheitsvorkehrungen getroffen hätte. Das an sich ist doch auch schon viel wert, findest du nicht? Ich meine, dieses Wissen, dass ich dich, sobald du für mich selbst oder für Anu – ob er nun verrückt ist oder nicht – eine Bedrohung darstellst, töten werde, muss sich doch irgendwie auf das auswirken, was du denkst, oder etwa nicht?«
»Ich denke, so könnte man es ausdrücken.«
»Dann war mein Besuch hier doch keine Zeitverschwendung, nicht wahr?« Sie stand auf und streckte sich, präsentierte ihm spöttisch den herrlichen, perfekten Leib, den sie sich ausgesucht hatte, und wandte sich zur Luke um. Dann hielt sie inne und blickte ihn, fast schon kokett, über die Schulter hinweg an.
»Ach! Das hätte ich ja beinahe vergessen! Ich wollte dich noch vor Bahantha warnen.«
Wieder kniff Ganhar erstaunt die Auge n zusammen. Was war denn nun mit Bahantha? Sie war seine leitende Assistentin, die Nummer Zwo in der Einsatzleitung, und sie gehörte zu den wenigen Personen, denen er wirklich vertraute. Seine Gedanken schienen sich in seinen Augen widerzuspiegeln, und Inanna schüttelte den Kopf, als sie seinen Gesichtsausdruck sah.
»Männer! Du hast noch nicht einmal gewusst, dass sie eine Affäre mit Jantu hat, oder?« Als sie sein Entsetzen sah, lachte sie fröhlich auf.
»Bist du sicher?«, fragte Ganhar nach.
»Natürlich! Jantu mag die offiziellen Sicherheitskanäle unter Kontrolle haben, aber ich habe die Biowissenschaften im Griff, und das ist ein viel besseres Spionagesystem als seines. Daran solltest du beizeiten auch selbst denken. Aber um wieder zum Thema zu kommen: Ich denke, du solltest dafür sorgen, dass ihr irgendetwas zustößt, meinst du nicht auch? Ein Unfall wäre doch
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