Colin-Saga 01 - Der Mond der Meuterer
möglich klingen zu lassen. »Wir werden alle Angriffsunternehmungen unverzüglich einstellen. Jetzt bleibt uns sowieso nichts anderes mehr als zu warten.« Alle nickten, und er erhob sich. »Ich schlage also vor, dass wir jetzt alle etwas essen und uns ein wenig ausruhen.«
Er streckte Jiltanith die Hand entgegen, ohne vorher auch nur darüber nachzudenken, und sie griff danach. Erst als er spürte, wie warm sich ihre Hand in der seinen anfühlte, wurde ihm klar, was er gerade getan hatte, und er blickte ihr in die Augen. Sie erwiderte den Blick mit einem kleinen, traurigen Lächeln und verstärkte den Händedruck, als sie dann aufstand. Sie waren fast gleich groß, wie Colin feststellte, und aus irgendeinem jetzt nicht mehr ganz so unerfindlichen Grund erfreute ihn das, all der Trauer zum Trotz, die sie gerade teilten.
Horus und Isis erhoben sich sehr viel langsamer, MacMahan hingegen blieb sitzen. Colin blickte zu ihm hinunter und wollte gerade etwas sagen, doch Jiltanith drückte seine Hand noch ein wenig fester und schüttelte fast unmerklich den Kopf. Colin zögerte noch ein wenig, dann besann er sich eines Besseren; wortlos verließen sie gemeinsam den Konferenzraum.
Hinter ihnen schloss sich die Luke, doch nicht so schnell, dass ihnen hätte entgehen können, wie geisterhafte, zornige und schluchzende Stimmen zu sprechen begannen: MacMahan hatte die Radios wieder eingeschaltet.
»Das war's mit diesen arroganten Mistkerlen!« Anu grinste hämisch, als Ganhar seinen Bericht abgeschlossen hatte. »Die habt ihr mit runtergelassenen Hosen erwischt und ihnen voll in den Arsch getreten! Beim Schöpfer! Gut gemacht, Ganhar! Sehr gut!«
»Ich danke dir, Chief.« Es fiel Ganhar zunehmend schwerer, sich zusammenzureißen, und er fragte sich, was da wirklich gerade in seinem Innersten vor sich ging.
»Und was kommt jetzt?«, wollte Anu wissen, und die schadenfrohe Art und Weise, wie er sich dabei die Hände rieb, ekelte den Leiter der Einsatzzentrale entsetzlich an. »Hast du dir schon ein paar neue Ziele ausgesucht?«
»Ich glaube nicht, dass wir die benötigen werden, Chief«, entgegnete Ganhar vorsichtig. Er sah sofort, wie enttäuscht Anu darüber war: Wie ein kleiner Junge, dem man nicht gestattete, sich noch eine dritte Portion von seinem Lieblingseis zu nehmen. Doch Ganhar zwang sich dazu weiterzusprechen.
»Es sieht ganz so aus, als hätten wir sie härter getroffen, als man anhand der Zahlen vermuten sollte. Sie haben seit sechsunddreißig Stunden keinen weiteren Angriff mehr gestartet – seit Shirhansu ihre Truppen abgezogen hat. Entweder überdenken die gerade ihre Lage, oder sie sind schon damit fertig, Chief. Was auch immer davon zutreffen mag, nach diesem Einsatz scheinen sie sich nicht noch einmal mit uns anlegen zu wollen. Und wenn das wirklich so ist: Wollen wir dann wirklich mehr Schaden anrichten, als unbedingt notwendig ist? Alles, was wir zerstören, wird erst wieder aufgebaut werden müssen, bevor wir unsere anderen Projekte in Angriff nehmen können.«
»Das ist wahr«, erwiderte Anu widerwillig. Er schaute den Leiter des Sicherheitsdienstes an. »Jantu? Du bist die ganze Zeit verdammt still! Wie denkst du darüber?«
»Ich denke, wir sollten ihnen ein paar Zusatztreffer verpassen«, erklärte Jantu, doch seine Stimme klang längst nicht mehr so selbstbewusst kräftig wie noch vor kurzer Zeit. Jantu hatte seinerzeit gar nicht bemerkt, wie sehr er diese Affäre mit Bahantha inzwischen zu genießen begonnen hatte. Ihr Tod hatte ihm schwer zugesetzt; doch der Dämpfer, den sein eigener Ehrgeiz erhalten hatte, wog noch schwerer, und von diesem Bündnis zwischen Ganhar und Inanna zu erfahren, hatte ihm einen regelrechten Schock versetzt.
»Ganhar hat Recht, Chief.« Inanna bedachte den Leiter der Sicherheitsabteilung mit einem kalten Blick, als wolle sie all seine Befürchtungen bestätigen. »Das eigentliche Problem waren immer die Leute von der Nergal . Jetzt noch weitere Degenerierte zu töten ist völlig sinnlos, es sei denn, wir würden jetzt ganz offen diesen Planeten übernehmen wollen.«
»Nein«, entschied Anu und schüttelte den Kopf. »Es ist schon schlimm genug, dass sie überhaupt wissen, dass wir hier sind. Wenn wir uns jetzt in die Öffentlichkeit wagen, besteht viel zu sehr die Gefahr, dass wir die Kontrolle verlieren.«
»Dem stimme ich zu«, meinte Ganhar leise und blickte Jantu geradewegs in die Augen. »Im Augenblick haben die Degenerierten keine Ahnung, wo sie
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