Colin-Saga 02 - Das Armageddon-Vermächtnis
beeindruckt, Geban«, gestand Hatcher, und der Chefingenieur von Huan-Ti grinste. Der stämmige Ex-Meuterer war kaum größer als anderthalb Meter, doch er sah aus, als wäre er in der Lage, mit einer Hand einen Schwebejeep anzuheben – ohne biomechanische Erweiterung.
»Wirklich beeindruckt«, wiederholte Hatcher, als die Tür des Kontrollzentrums sich schloss und die Kakophonie der Baustelle abhielt. »Sie sind dem Zeitplan … wie weit voraus? Vier Wochen?«
»Fast fünf, Herr General«, erwiderte Geban mit schlichtem Stolz. »Mit ein wenig Glück bringen wir die Arbeiten hier zwei Monate vor dem avisierten Termin zum Abschluss.«
»Ganz hervorragend!« Hatcher gab Geban einen Klaps auf die Schulter, und auch Tsien musste ein Lächeln mühsam unterdrücken. Er würde wohl nie verstehen, warum diese Formlosigkeit, mit der Hatcher seine Untergebenen behandelte, so erfolgreich sein konnte, aber sie war es trotzdem. Und das hatte auch nichts damit zu tun, dass Westler derartige Dinge eben gewohnt waren. Tsien hatte das gleiche, breite Lächeln auch schon auf den Gesichtern von chinesischen oder thailändischen Bauern gesehen.
»Unter diesen Umständen«, fuhr Hatcher fort und wandte sich zum Marschall um, »können wir, so denke ich ….«
Ein dröhnender Donnerschlag übertönte seine Worte und riss ihn von den Beinen.
Diego McMurphy war ein geradezu genialer Sprengstoffexperte mit halb mexikanischen, halb irischen Vorfahren, er selbst kam aus Texas. Offshore-Bohranlagen, Dämme, Vertol-Terminals und Wohnblöcke – das kannte er alles, aber das hier war das schlimmste, anstrengendste, anspruchsvollste und herrlichste Projekt, an dem er jemals gearbeitet hatte, und dass er sich damit ein Anrecht auf einen vollständigen Satz biomechanischer Erweiterung erkaufte, war nur noch das Tüpfelchen auf dem ›i‹. Deswegen war er auch glücklich, als er mit einem Winken seine Mannschaft dazu aufforderte, die Sprengladungen für die bisher noch unvollendete Westwand von Lager Zwölf vorzubereiten.
Er starb als glücklicher Mensch, und sechshundertsechsundachtzig weitere Bauarbeiter, Männer und Frauen gleichermaßen, wurden mit ihm in den Tod gerissen. Sie starben, weil einer vor McMurphys Männern seinen Bohrhammer aktiviert hatte, und dieser Mann wusste nicht, dass jemand sein Arbeitsgerät mit elfhundert Kilogramm Sprengstoffs imperialer Fertigung verdrahtet hatte.
Die Explosion besaß die Sprengkraft einer Drei-Kilotonnen-Atombombe.
Gerald Hatcher prallte gegen Tsien Tao-ling, doch der kräftige Marschall hielt ihn fest, bevor Hatcher zu Boden stürzen konnte. Alarmanlagen begannen zu heulen, Sirenen schrillten, und Geban wurde kalkweiß im Gesicht. Die Tür hatte kaum Zeit, sich zu öffnen, da war er schon hindurchgestürzt; wäre sie nicht rechtzeitig aufgegangen, hätte er sie vermutlich mit bloßen Händen aus den Angeln gerissen.
Hatcher schüttelte den Kopf und versuchte zu verstehen, was hier gerade geschehen war, während er Tsien durch die Tür folgte. Eine gewaltige, pilzförmige Rauchwolke verdeckte den ganzen westlichen Horizont, und noch während er zuschaute, drehte sich ein Gravitonen-Förderer mit fünf Mann Besatzung mitten in der Luft auf den Rücken, hilflos wie eine Schildkröte. Er war von den Ausläufern der Explosion erfasst worden, fast wäre es dem Piloten gelungen, der Druckwelle zu entkommen. Fast, aber eben nicht ganz. Der Standardantrieb des Fahrzeugs war nicht auf derartige Belastungen ausgelegt, und nun krachte es mit einer Geschwindigkeit von mehr als sechshundert Kilometern in der Stunde mit dem Bug voran auf den felsigen Untergrund.
Ein neuer Feuerball loderte auf, und nun war die Zahl der Todesopfer auf sechshunderteinundneunzig gestiegen.
»Großer Gott!«, stieß Hatcher fast unhörbar hervor.
Schweigend nickte Tsien, eine lautlose, entsetzte Zustimmung. Was auch immer die Ursache dafür sein mochte: Das hier war eine echte Katastrophe, und er verabscheute sich selbst dafür, dass er zuerst darüber nachgedacht hatte, wie viel Zeit sie deswegen wohl verlieren würden, und an all die Arbeiter, die hier ihr Leben verloren hatten, erst als Zweites. Er drehte sich zu den Rampen im Kontrollzentrum um, in deren Richtung Geban verschwunden war, blieb dann jedoch stehen, als eine kleine Schar Männer auf ihn zugestürzt kam. Sie waren bewaffnet, und irgendetwas an dem kleinwüchsigen Mann, der sie anführte, kam Tsien bekannt vor …
» Quang! «, bellte
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