COLLECTION BACCARA Band 0259
anwesend?“
„Der Imam, der die Trauung vorgenommen hat, und der König.“
„Das ist alles? Keine weiteren Zeugen?“
Ein leicht überhebliches Lächeln umspielte seine Lippen. „Der König genügt als Zeuge. Vielleicht nicht ganz in Übereinstimmung mit unserer Religion, aber so sind die Gesetze dieses Landes nun mal.“
Sie konnte kaum glauben, dass Murats Vater an diesem niederträchtigen Komplott beteiligt war. In ihrem Kopf hämmerte es. Tränen stiegen ihr in die Augen.
Bloß nicht weinen, ermahnte Daphne sich. Weinen würde sie nur schwächen, und sie musste stark bleiben.
„Das kannst du nicht mit mir machen.“
„Es ist bereits geschehen.“
„Dann lasse ich die Ehe annullieren. Der Skandal ist mir egal.“
„Nur der König kann die Ehe des Kronprinzen lösen.“
Was der König aber nicht tun würde. Schließlich war er an dem Komplott beteiligt. Sie schloss resigniert die Augen. Offenbar ließ sich diese vertrackte Situation so leicht nicht ändern.
„Fühlst du dich nicht wohl?“, erkundigte Murat sich besorgt.
„Geh weg.“ Daphne schloss resigniert die Augen.
Sie spürte, wie er sich über sie beugte und ihre Stirn berührte. „Ich will dir helfen.“
„Glaubst du, es interessiert mich, was du willst? Geh jetzt. Ich will dich nie wiedersehen. Geh!“
Als Murat immer noch zögerte, riss sie die Augen auf, griff nach dem leeren Wasserglas auf ihrem Nachttisch und machte Anstalten, nach ihm zu werfen.
„Verschwinde!“
„Ich sehe morgen früh nach dir.“
„Raus jetzt!“
Achselzuckend wandte er sich um und ließ sie allein.
Daphne stellte das Glas ab. Dann rollte sie sich in ihrem Bett zusammen und ließ ihren Tränen freien Lauf. Das Gefühl, hintergangen und betrogen worden zu sein, schmerzte mehr als alles andere. Sie weinte sich in den Schlaf, obwohl sie wusste, dass Tränen ihr Problem nicht lösen würden.
Dank der Schmerztabletten schlief Daphne den Rest der Nacht durch. Am Vormittag erhielt sie Besuch vom Arzt, der ihr mitteilte, dass sie weitere vierundzwanzig Stunden das Bett hüten musste.
Murat ließ sich nicht blicken, was sie sich zwar nicht erklären konnte, ihr aber durchaus angenehm war.
Am dritten Tag beschloss sie, ihren gewohnten Tagesablauf wiederaufzunehmen, und schickte die Krankenschwester fort. Nach dem Frühstück öffnete sie die berühmte goldene Tür. Keine Wachen. Sie wurden wohl nicht mehr benötigt, denn als zukünftige Königin gab es für Daphne keinerlei Fluchtmöglichkeiten mehr. Kein Fahrer würde sie zum Flughafen bringen. Kein Pilot sie ohne Murats ausdrückliche Erlaubnis außer Landes fliegen. Ihr Gefängnis hatte sich ein wenig ausgedehnt, mehr aber auch nicht.
Daphnes erster Weg führte sie zum König, um die Hochzeit annullieren zu lassen. Doch König Hassan verweigerte ihr die Unterstützung. Weder sie noch Murat hatten nach ihrer überstürzten Abreise vor zehn Jahren je wieder eine ernste Beziehung gehabt. Beweis genug für den König, dass beide füreinander bestimmt waren.
Als ihr die Aussichtlosigkeit ihrer Situation bewusst wurde, zog Daphne sich in den Garten zurück. Niemand würde sie anhören. Und niemand würde ihr helfen. Ihr blieb eigentlich gar nichts anderes übrig, als sich in ihr Schicksal zu fügen.
Eine junge Frau in Dienstmädchenuniform kam auf sie zu. „Oh, Eure Hoheit, ich habe Sie überall gesucht.“ Die Frau lächelte dienstbeflissen. „Ihre Eltern sind am Telefon. Wenn Sie mir bitte folgen.“
Aha, also hatten ihre Eltern bereits von der Hochzeit erfahren. Daphnes Vermutung bestätigte sich, als sie den Hörer ans Ohr hielt. Ihre Mutter schwärmte in den höchsten Tönen, und ihr Vater lobte sie wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie den Wortschwall über sich ergehen ließ, bis ihr plötzlich ein Gedanke durch den Kopf schoss, der sie völlig durcheinanderbrachte.
Sie hatte mit Murat geschlafen und kein Verhütungsmittel benutzt. Dort draußen in der Oase hatte sie sich von ihrem Verlangen hinreißen lassen, ohne an die Konsequenzen zu denken. Nun bestand die Möglichkeit, dass sie schwanger war.
„Ich muss jetzt auflegen“, sagte sie rasch.
„Natürlich, mein Kind. Eine Frau in deiner Position hat Verpflichtungen. Wir telefonieren bald wieder.“
Daphne versuchte, ihre Gedanken zu sortieren.
Schwanger. Himmel, wenn das stimmte, wäre sie gezwungen, für immer in Bahania zu bleiben. Die Gesetze in diesem Land erlaubten ihr keinesfalls, ihr
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