COLLECTION BACCARA Band 0259
bearbeitete alle Einzelteile der Skulptur so lange, bis sie zufrieden war.
Kurz vor Sonnenuntergang wurde ihr bewusst, dass sie den ganzen Tag noch nichts gegessen und getrunken hatte. Ihr war plötzlich so schwindlig, dass sie sich hinsetzen musste. Aber mit ihrer Arbeit war sie mehr als zufrieden. Dieses Ergebnis hatte sie sich kaum zugetraut.
„Ich hatte verboten, dass du hierherkommst.“
Murats Stimme schreckte sie aus ihren Gedanken auf. Sie fuhr hoch.
„Was gibt dir das Recht, meine Anweisungen zu untergraben?“ Er funkelte sie zornig an.
Über seiner Reiterkleidung trug er einen langen Umhang, der ihn noch größer und mächtiger erscheinen ließ, als Daphne ihn in Erinnerung hatte.
Wie sehr hatte sie ihn vermisst … Die letzten zweiundsiebzig Stunden waren qualvoll dahingekrochen. Nur die Arbeit hatte verhindert, dass sie vor Sehnsucht nach ihm den Verstand verlor. Doch jetzt, da er ihr gegenüberstand, hatte sie gute Lust, den unbenutzten Klumpen Ton nach ihm zu werfen.
„Zu deiner Information.“ Daphne reckte stolz den Kopf. „Ich benutze diesen Garten als mein Atelier. In unserer Suite gibt es kein vernünftiges Licht. Und die Parks sind nicht ruhig genug. Die vielen Leute dort lenken mich ab. Da der Harem nicht benutzt wird, störe ich hier niemanden.“
Er sah sie erstaunt an. „Du wohnst noch oben in unserer Suite?“
„Natürlich. Aber wenn ich es mir recht überlege …“ Sie wischte sich die Hände an einem Tuch ab und ließ den verdutzten Murat stehen.
Er schaute ihr hilflos nach. Auf dem halbstündigen Flug zum Palast hatte er sich genau überlegt, was er Daphne sagen wollte. Sanfte versöhnliche Worte, die sie in seine Arme zurücklocken sollten. Als er sie dann in der Suite nicht angetroffen hatte, hatte er sie gesucht und erfahren, dass sie sich im Harem aufhielt.
Seine Annahme, sie sei dorthin umgezogen, war offensichtlich ein Irrtum. Was nun?
Murat wandte sich zum Gehen und lief geradewegs seinem Vater in die Arme. König Hassan schüttelte missbilligend den Kopf.
„Ich habe soeben deine Frau getroffen. Sie schien sehr verärgert.“
„Das ist mir bewusst.“
„Murat, du bist mein Erstgeborener. Ich könnte mir keinen besseren Nachfolger wünschen. Du bist der perfekte Herrscher und wirst unser Volk mit Stärke und Großmut regieren. Aber wenn es um Daphne geht, erweist du dich als regelrechter Dummkopf. Du musst dich mehr anstrengen. Es war schwierig genug, sie hierher zurückzuholen. Jetzt mach meine Bemühungen nicht im Handstreich kaputt.“
In Rekordzeit legte Daphne den Weg zur Suite zurück. Dort angekommen, wusste sie jedoch nichts mit sich anzufangen. Um sich abzureagieren, hätte sie zu Hause vielleicht einen Teller zerschlagen, aber hier wirkte alles Zerbrechliche viel zu kostbar, um es mutwillig zu zerstören.
„Kaum zu glauben, dass ich diesen arroganten herzlosen Kerl auch noch vermisst habe.“ Wie konnte sie nur so dumm sein!
„Nie wieder“, schwor sie sich. „Nie wieder werde ich irgendeinen freundlichen Gedanken an diesen …“
Als die Tür geöffnet wurde und Murat eintrat, funkelte sie ihn aufgebracht an. „Versuch gar nicht erst, mich anzusprechen. Ich bin wütend.“
Er schloss die Tür und kam auf Daphne zu. „Ich habe eben mit meinem Vater gesprochen.“
„Seine Meinung interessiert mich nicht. Außer, er erklärt sich bereit, die Ehe aufzulösen.“
Murat nahm seinen Umhang ab und legte ihn vorsichtig über eine Stuhllehne. „Ehrlich gesagt, hat er mir gehörig den Kopf gewaschen.“
„Wirklich? Ein kluger Mann.“
Er ignorierte ihren Kommentar. „Mein Vater ist sehr enttäuscht über unsere ständigen Auseinandersetzungen. Besonders, weil es ihn so viel Mühe gekostet hat, uns zusammenzubringen.“
Sie blinzelte erstaunt. „Wie bitte?“
Murat deutete zum Sofa. Daphne ließ sich in die weichen Polster sinken, und Murat setzte sich ihr gegenüber.
„Er behauptet, er hätte lange darauf gewartet, dass ich mir eine Braut aussuche. Als ich trotz der vielen Frauen, die man mir präsentierte, keinen Entschluss fasste, vermutete er den Grund für mein Zögern in meiner Vergangenheit. Er forschte gründlich nach und kam dabei immer wieder auf dich und unsere geplatzte Verlobung zurück. Als er erfuhr, dass du ebenfalls unverheiratet geblieben warst, beschloss er, uns zusammenzubringen und abzuwarten, was geschieht.“
„Das ist nicht möglich.“ Sie weigerte sich, das zu glauben. „Ich bin nicht deinetwegen
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