COLLECTION BACCARA Band 0273
ausprobieren?“
„Wie meinen Sie das?“
„Können Sie denn über nichts anderes als über Arbeit reden?“
„Deswegen sind wir doch hier.“
Nick wahrte die Distanz, aber Emily merkte, dass er sie ansah, wenn er sich unbeobachtet fühlte. Emily wollte, dass er sie berührte. In den letzten Stunden hatte sie es geschafft, sich in seiner Anwesenheit zu entspannen. Ihr wurde ganz warm. Wenn er doch nur …
„Emily?“
Sie ging ungerührt weiter, auch als Nick sich umblickte. Schließlich kannte sie niemanden auf dem Jahrmarkt, und außerdem nannte sie kaum jemand Emily.
Außer ihren Pflegeeltern.
5. KAPITEL
„Emily Jones.“
Emily drehte sich um und sah, wie eine ältere Frau sich den Weg durch die Menge bahnte, winkte und ihren Namen rief. Die Frau kam ihr bekannt vor.
„Emily? Du bist es wirklich. Als ich dich zuletzt gesehen habe, musst du ungefähr zwölf gewesen sein.“
Emily starrte sie an. In ihrem Kopf drehte sich alles, ihr Herzschlag raste, und sie konnte keinen klaren Gedanken fassen.
„Ich bin Mrs. Runion, meine Liebe. Du bist zu mir gekommen, als du neun oder zehn Jahre alt warst. Natürlich hatte ich damals noch keine grauen Haare – wenigstens noch nicht so viele wie heute.“
Emily stockte der Atem, als die Frau ihren Namen nannte. Sie war nicht imstande, auch nur ein Wort herauszubekommen.
Nick führte die beiden zu einem Tisch in der Nähe, wo sie sich erst einmal setzen konnten.
Emily blickte verzweifelt um sich, als die Frau ihr gegenüber Platz nahm. Aber Nick war nicht mehr da. Sie konnte jedoch spüren, dass er sie beobachtete. Es kam ihr merkwürdig vor, wie wenig überrascht Nick auf diese Situation reagiert hatte.
„Wie geht es dir, meine Liebe?“, fragte Mrs. Runion.
Emily war mit zehn Jahren als Pflegekind zu Mrs. Runion gekommen und fast zwei Jahre in ihrem Haus geblieben. Dann war Emily wieder ins Waisenhaus zurückgeschickt worden, weil Mrs. Runion die Kinder nur bis zu einem gewissen Alter – und einer gewissen Körpergröße – unter ihre Obhut nahm. Als Emily fast zwölf war, überragte sie Mrs. Runion bereits. Sie konnte die Bedenken der Frau schon etwas verstehen. Einige der Pflegekinder waren richtige Rabauken, und wenn sie erst mal groß genug waren …
Davon abgesehen war Mrs. Runion immer freundlich zu ihr gewesen, auch wenn sie eine gewisse Distanz gewahrt hatte. Das lag wohl daran, dass sie ständig neue Pflegekinder bekam und nicht zu jedem eine enge Beziehung aufbauen konnte. Jedenfalls hatte Emily weitaus schlimmere Pflegefamilien kennengelernt. Trotzdem war sie froh gewesen, als sie das Haus von Mrs. Runion wieder verlassen konnte.
„Mir geht es gut.“ Viel mehr fiel Emily in dieser Situation nicht ein.
„Du siehst so … erwachsen aus“, sagte Mrs. Runion. „Hast du die Highschool abgeschlossen?“
„Ja, und das College auch.“ Emily hätte sie fast gefragt, ob Waisen das nicht durften.
„Es freut mich, dass du so viel erreicht hast.“
„Ich muss jetzt los.“ Emily lächelte verkrampft, stand abrupt auf und machte sich auf den Weg zurück zum Auto. Sie atmete schwer und war sichtlich von der Begegnung mit ihrer Vergangenheit schockiert. Aber sie würde nicht vor Nicks Augen weinend zusammenbrechen. Sie wollte nicht, dass er diese Situation ausnutzte und sie womöglich noch in die Arme nahm.
„Möchten Sie darüber reden?“, fragte Nick sie, als Emily am Auto ankam.
„Nein.“ Auf keinen Fall. „Das war nur eine ehemalige … Lehrerin von mir.“
Sie spürte, dass Nick wusste, dass sie nicht die Wahrheit sprach. Auf der Fahrt zurück zum Irish Pub redeten sie kein Wort. Erst als er neben ihrem Wagen stehen blieb und sie die Tür öffnen wollte, hakte er noch einmal nach. „Anscheinend war da irgendetwas an dieser Frau, was Sie aufgeregt hat. Wollen Sie wirklich nicht darüber reden?“
„Das ist nicht Ihr Prob…“
Nick zog sie an sich und küsste sie. „Jetzt ist es auch mein Problem, ob es dir nun gefällt oder nicht.“
Emily sah ihn erst schockiert an, erwiderte dann aber seinen Kuss leidenschaftlich. Sie wollte, dass Nick sie nie wieder losließ und sie alles andere vergessen konnte.
Er unterbrach jedoch den Kuss erst einmal, stieg aus dem Auto aus und ging auf ihre Seite hinüber. Als er die Tür öffnete, erwartete sie, dass sie dort weitermachen würden, wo sie gerade aufgehört hatten. Aber er stand einfach nur da und hielt die Tür auf.
„Was ist los?“, fragte sie.
„Nichts.“
„Aber
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