COLLECTION BACCARA Band 0273
amüsierte ihn tatsächlich, dass Angelina Nachforschungen über sein Leben anstellte. Und tief in seinem Herzen empfand er sogar so etwas wie Freude – oder Genugtuung. „Falls du noch mehr erfahren willst, dann sei einfach nett zu mir, und ich sage dir alles, was du wissen willst.“
„Ich nehme dich beim Wort.“
Gabriel beugte sich näher zu ihr. „Was würden wir wohl finden, wenn wir deinen Namen als Suchbegriff eingeben?“
Sie verzog das Gesicht, und das spitzbübische Funkeln in ihren Augen verschwand. Gabriel wurde nachdenklich. Offenbar hatte er mit seiner Frage einen wunden Punkt berührt. Es war wohl gar nicht so leicht, den Waffenstillstand aufrechtzuerhalten; überall lauerten Gruben und Fallstricke. Sie kannten sich einfach zu lange – und zu gut.
Mit tonloser Stimme antwortete sie: „Ich glaube, wir wissen beide ganz genau, was wir finden würden. Und wenn wir dann noch darüber reden, wäre unser Waffenstillstand im Handumdrehen zu Ende.“
Als sie sich abwenden wollte, griff Gabriel unwillkürlich nach ihrer Hand und drückte sie leicht. Es fiel ihm wirklich schwer, sich an die vereinbarten Regeln zu halten.
„Lass uns doch sechs Wochen lang so tun, als hätten wir uns gerade erst kennengelernt“, sagte er leise. „Entweder erzählst du mir alles über dich, oder ich erkundige mich im Internet nach dir, so wie du es mit mir gemacht hast.“
Sie schluckte und fuhr sich über die Lippen, wie es ihre Angewohnheit war, wenn sie auf Zeit spielte oder seine Geduld auf die Probe stellen wollte.
Doch als er in ihre Augen sah, entdeckte er etwas, was er nicht einordnen konnte. Verwirrung? Misstrauen? Aber nein, diese Gefühle kannte er. Das hier war etwas ganz Neues. „Was also würde ich herausfinden?“
Sie räusperte sich, und ihre Stimme klang heiser, als sie seine Frage beantwortete, ohne ihn anzusehen. „Ein Mädchen auf dem Weg zur Selbstzerstörung.“ Sie lächelte traurig. „Das Mädchen hätte es fast geschafft.“
Der Druck seiner Finger wurde stärker, doch sie entzog sich seinem Griff.
„Das Schöne am Internet ist …“, ihr Lächeln wurde sarkastisch, „… wenn ich neunzig bin, können sich noch immer alle diese fantastischen Bilder ansehen. Selbst meine Kinder und Enkel werden mir sagen ‚Fass dir doch an deine eigene Nase‘, wenn ich versuche, sie zu erziehen.“
Gabriel sah sie schweigend an. „Und wie wirst du es ihnen erklären?“ Warum hatte er noch nie darüber nachgedacht, dass sie eines Tages Kinder haben könnte? Und warum sah er sie jetzt, da er es tat, mit ganz anderen Augen an? „Hast du dir das schon überlegt?“
Vermutlich hatte sie das, denn ihre Eskapaden schienen ihr wirklich sehr zu schaffen zu machen. Sollten die Gefühle, die er in ihrer Miene zu erkennen glaubte, wirklich Gewissensbisse sein? Vielleicht sogar Scham?
Wenn es aber weder das eine noch das andere war, dann kannte er die Frau, die vor ihm stand, wirklich nicht besonders gut. Denn die Angelina, die ihm vertraut war, scherte sich einen Teufel um die Meinung anderer Leute. Und alle, die von ihrer Attraktivität und ihrem Charme fasziniert waren, würden sich die Augen reiben, wenn sie sehen könnten, wozu Angelina fähig war und wie schnell sie jemanden fallen lassen würde, nachdem sie ihn gerade noch um den kleinen Finger gewickelt hatte. Gabriel wusste es nur zu gut, denn er hatte es oft genug selbst erfahren. Von Scham oder Gewissensbissen keine Spur.
„Vielleicht schicke ich sie dann zu Onkel Gabriel. Der kann ihnen alles brühwarm erzählen und erklären.“
Gabriel musste einfach nach dem Köder schnappen. „Damit sie den Unterschied sehen zwischen einem Mädchen, das mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurde, und dem Kerl, der sich alles selbst hart erarbeiten musste?“
Ihr Lächeln erstarb. „Du pflegst wohl immer noch deinen Minderwertigkeitskomplex, wie?“
„Woher mag der bloß kommen?“
Zu ihrer Ehre musste gesagt werden, dass sie die Frage nicht zum Anlass nahm, einen neuen Streit vom Zaun zu brechen. Stattdessen schlug sie die Augen nieder. „Der war schon da, bevor wir uns kannten. Ich glaube, das wissen wir beide ganz gut. Und wenn du mal genauer darüber nachdenkst, dann weiß du auch, warum du so sehr darauf herumreitest. Aber damit betreten wir wieder gefährliches Terrain, oder?“
„Genau. Unser Waffenstillstand wäre gefährdet.“
Angelina lächelte grimmig. „Besonders, da wir uns so sehr verabscheuen.“
„Eben.“
Die
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