COLLECTION BACCARA Band 0273
Junge zuckte die Achseln. „Du kannst es ja mal versuchen.“
„Warum fragst du nicht Nico? Der kennt euch doch viel besser.“ Und außerdem wusste er, worum es bei dem Ganzen ging. „Ich nehme an, du willst gern auf Nicos Boot arbeiten, habe ich recht?“
„Auf Nico hört sie nicht. Mit dem streitet sie sich nur.“
Ja, das hatte Pete auch schon bemerkt.
„Aber du … mit dir hat sie noch keinen Krach. Dir hört sie garantiert zu, weil sie nicht wütend auf dich ist.“
Pete rieb sich den Nacken und blickte zum Himmel, als könne von dort eine Antwort kommen. Der Junge erinnerte ihn lebhaft an seinen jüngeren Bruder, der im selben Alter gewesen war, als ihre Mutter starb. Sein Bruder war genauso widerspenstig und gleichzeitig verletzlich gewesen. Plötzlich fühlte Pete sich schmerzlich an seine Vergangenheit erinnert. „So wie ich die Sache sehe, musst du noch ein paar Jährchen die Schulbank drücken, bevor du über dich selbst bestimmen kannst. Ich nehme doch an, dass dir das klar ist.“
Der Junge blickte trotzig zu Boden.
„Aber für deine Freizeit kannst du sicher mit deiner Tante eine Lösung aushandeln, oder nicht?“
Achselzucken.
„Versprich ihr einfach, dass du nächste Woche brav zur Schule gehst – ohne in der Pause heimlich abzuhauen und zu den Booten zu gehen – wenn sie dir erlaubt, Nico am Wochenende zu helfen. Aber sag deiner Tante auch, dass du ihn erst noch fragen musst, sonst denkt sie, ihr beiden hättet das schon ausgehandelt, und Nico kriegt wieder Ärger.“
„Okay.“
„Falls deine Tante dir nicht glaubt und meint, dass es Nicos Idee gewesen ist, darfst du dich nicht irritieren lassen. Sag ihr, sie soll Nico selbst fragen. Der wird sich dann schon verteidigen.“
Mit diesen Ratschlägen, fand Pete, hatte er genug getan. Er hatte keine Lust, sich noch mehr in die Sache verwickeln zu lassen.
Einen Moment stand der Junge zögernd da, dann murmelte er ein verlegenes Danke.
„Gern geschehen.“
Pete sah ihm hinterher, wie er mit großen Schritten den Abhang hinunterlief. „Hey, Kleiner …“ Der Junge kam rutschend zum Stehen und blickte mit einem so verletzlichen Gesichtsausdruck zu ihm zurück, dass Petes Herz sich zusammenzog. „Ich bleibe für ein paar Wochen hier. Erzähl mir mal, wie’s gelaufen ist.“
Der Junge nickte kurz und verschwand hinter der nächsten Biegung.
Pete wollte gerade wieder zurück in seine kleine Wohnung gehen, als er einen Blick in seinem Rücken spürte. Er drehte sich um und sah Serena in der Küche stehen, halb verdeckt von dem Schnurvorhang. „Warum sind Sie nicht rausgekommen? Sie hätten uns Gesellschaft leisten können.“
„Um Sie bei Ihren guten Ratschlägen zu stören? Nein, nein.“ Lächelnd erschien sie in der Tür, und bei ihrem Anblick musste Pete schlucken.
Er kannte viele Frauen, schöne, fröhliche, intelligente, aber nicht eine von ihnen konnte der jungen Frau, die jetzt vor ihmstand, auch nur annähernd das Wasser reichen. Vom Kopf mit den langen dunklen Locken bis zu den nackten Füßen erschien sie ihm wie der Inbegriff von Sinnlichkeit. Sie trug einen weißen Rüschenrock und ein ärmelloses hellrosa Top, das ihre gebräunte Haut zauberhaft zur Geltung brachte, und ihre dunklen Augen leuchteten.
Mit anmutigen Schritten schlenderte sie zu dem Wasserhahn im Garten und füllte den darunter stehenden Eimer mit Wasser. Dabei warf sie ihm einen Seitenblick zu. „Er heißt Sam.“
„Hat er keine Eltern?“
„Auf seiner Geburtsurkunde steht ‚Vater unbekannt‘, und seine Mutter ist vor einem Jahr in Athen an Gelbsucht gestorben. Anscheinend war Sam der Einzige, der sich um sie gekümmert hat.“
Das ist hart für einen kleinen Jungen, dachte Pete. „Ist diese Chloe, die heute Morgen am Bootshafen war, seine richtige Tante?“
„Ja.“
„Und wo war sie dann, als ihre Schwester krank wurde?“
„Das hört sich ziemlich vorwurfsvoll an.“
„Mag sein, aber genau so empfinde ich es.“
„Ich mag Männer, die über ihre Gefühle reden können.“
„Bleiben wir beim Thema.“
Serena drehte den Wasserhahn zu und trug den Eimer zu den großen Kräuterkübeln neben der Küchentür. „Chloe war hier auf der Insel und hat sich um ihr Hotel gekümmert. Sie hatte seit anderthalb Jahren nichts von ihrer Schwester gehört.“
„Enge Familienbande.“
„Das klingt schon wieder abwertend.“
„Mhm.“
„Aber ich mag Ihre Offenheit.“ Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. „Wo war ich stehen
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