COLLECTION BACCARA Band 0287
Fraser meldete.
Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie viel Zeit seit dem letzten Treffen im Hotel vergangen war.
In seinem kühlen, distanzierten Ton erklärte er, dass er die Verspätung bedauern würde. Sicher hätte sie Verständnis für seine Überbelastung bei der Arbeit. Aber natürlich könnte er es gar nicht erwarten, das bei einem Dinner und einer Aussprache wiedergutzumachen. Er schlug einen Abend vor, an dem sie eigentlich Volleyballtraining hatte. Ohne zu zögern, willigte sie trotzdem ein und notierte sich die Adresse.
Instinktiv beschloss sie, die Einladung vorerst für sich zu behalten. Je nachdem, was sich aus dem Treffen ergab, würde sie Connor später davon erzählen. Eines war ihr nämlich bewusst, auch wenn sie den Grund dafür nicht kannte: Connor schätzte Elliot nicht besonders. Falls die Sache schiefging, wollte sie in Connors Augen nicht wie eine erbärmliche Verliererin dastehen.
Zunächst wollte sie lieber abwarten, wie sich die Dinge entwickelten.
Am vereinbarten Abend nahm Sophie den Wagen, da Elliot relativ weit von ihr entfernt wohnte. Aus reiner Höflichkeit packte sie eine Flasche Wein ein.
Der Anblick von Enfield Place Nummer 221 erfüllte sie mit mildem Erstaunen. Es handelte sich um ein schlichtes Backsteinhaus mit einem kleinen Garten hinter einer hohen Hecke. Auf ihr Klingeln hin öffnete eine freundliche Frau und bat sie herein. Mr. Fraser würde sich leider ein wenig verspäten, fügte sie entschuldigend hinzu. Die Frau stellte sich als Marie vor und führte Sophie in ein geschmackvoll eingerichtetes Wohnzimmer mit angrenzendem Essbereich. Dankend nahm Marie die Weinflasche von Sophie entgegen und bot ihr ein Glas Limonade an.
Essensduft lag in der Luft. Offenbar wurde gerade fleißig gekocht. Sophie setzte sich mit ihrer Limonade auf ein etwas steifes Sofa und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Alles war in erdigen Tönen gehalten, und an den Wänden hingen dazu passende Bilder, die herbstliche Landschaften zeigten. In einer Vitrine waren gerahmte Fotos arrangiert. Eines zeigte einen sehr viel jüngeren Elliot, ein anderes war ein Hochzeitsfoto.
Sophie stand auf, um die Aufnahme näher zu betrachten. Eine typische High-Society-Hochzeit mit allen Schikanen. Seltsamerweise gab es kein Foto von einem kleinen Jungen. Auch der Esstisch war nur für zwei gedeckt. Okay, vermutlich wollte Elliot seinen Sohn bei dieser Aussprache nicht dabeihaben. Und dennoch – alles wirkte zwar geschmackvoll, gleichzeitig aber furchtbar unpersönlich. Es sah beinahe aus wie in einem exklusiven Möbelgeschäft.
Sophies erwartungsvolle Vorfreude schlug in Mutlosigkeit um. Sie hätte schwören können, dass Elliot hier gar nicht wohnte. Instinktiv machte sie sich auf die Suche nach der Küche, die dank der appetitlichen Kochdünste nicht schwer zu finden war. Marie, die emsig in einem Topf am Herd rührte, blickte erstaunt auf.
„Entschuldigen Sie bitte, dass ich einfach so hereinplatze“, meinte Sophie. „Ich würde Sie gern etwas fragen, Marie. Arbeiten Sie schon lange für Mr. Fraser?“
„Nein, meine Liebe. Ich bin bei einer Agentur angestellt, die mich für einzelne Einsätze vermittelt. Dies ist mein erster Job bei Mr. Fraser. Erst mal nur für heute Abend, aber vielleicht folgen noch ein oder zwei weitere Aufträge.“
„Ich verstehe.“ Sophie zwang sich zu einem Lächeln, obwohl ihr zum Heulen zumute war. Elliot wollte die ganze Angelegenheit also am liebsten heute endgültig abschließen, räumte aber die Möglichkeit ein, sie noch ein- oder zweimal bearbeiten zu müssen. Er musste sie wirklich fürchten, um zu so einem schäbigen Trick zu greifen. Wollte er das wahre Ausmaß seines Reichtums vor ihr verbergen, damit sie bloß nicht auf dumme Gedanken kam? In diesem Moment schämte sie sich zutiefst für diesen Mann, der ihr biologischer Vater war.
„Ach Marie, es tut mir so leid. Sie geben sich so viel Mühe, und ich kann leider nicht bleiben. Richten Sie Mr. Fraser bitte aus, dass ich keinen Hunger hatte?“
Kaum hatte sie die Haustür hinter sich zugeschlagen, sah sie in der Auffahrt einen Mann aus einem schnittigen dunklen Wagen steigen. Elliot. Mit grimmiger Miene und fahrigen Bewegungen machte er sich im Fond des Wagens zu schaffen. Als er sich aufrichtete und Sophie entdeckte, zuckte er sichtlich zusammen und schloss die Tür. Über den schmalen Fußweg, der durch den Vorgarten führte, eilte er auf sie zu.
Nervös strich er sich das silbergraue Haar zurück.
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