Collection Baccara Band 0320
Geschäft war das Einzige, worauf er sich verlassen konnte. Das hatte er auf die harte Tour gelernt.
„Ich glaube, du hast Angst.“
Unwillkürlich spannte Harris jeden Muskel an. Ihm gefiel der Gedanke nicht, Schwächen zu haben. Und er mochte es erst recht nicht, dass Sarah sie bemerkte. „Wovor?“
„Herauszufinden, dass du dich irrst.“
„Ich habe kein Problem damit, einen Irrtum zuzugeben.“
„In diesem Fall müsstest du aber zugeben, dass dein ganzes Leben auf einem Irrtum aufgebaut ist.“
„Wer sagt, dass dein Leben es nicht ist?“
„Ich bin glücklich“, erwiderte sie.
„Schön für dich. Ich bin erfolgreich und anerkannt. Ich führe ein Leben, um das mich die meisten Männer beneiden würden.“
„Reicht dir das?“, wollte sie wissen.
Er bemerkte, wie sich ihre Finger auf dem Tisch verkrampften. Beinahe wollte Harris schon mit Nein antworten. Doch so schwach würde er sich nicht zeigen. Nicht jetzt. Nicht Sarah gegenüber. Er musste dringend wieder an die Arbeit. Zurück in die Umgebung, in der er die Kontrolle hatte. Zurück an den Ort, an dem er alle Variablen kannte und entsprechend reagieren konnte.
„Meistens“, gab er zurück. Dann stand er auf und verließ ihren Garten. Und er ließ das verheißungsvolle Paradies hinter sich, das sie mit ihren Worten geschaffen hatte. Wie gern hätte er den Apfel gekostet, mit dem sie ihn gelockt hatte! Und in diesem Fall hätte der Biss in den Apfel dem Mann den Einzug ins Paradies ermöglicht, statt ihn daraus zu vertreiben. Aber Harris wusste eben genau, dass er nicht dafür gemacht war, im Paradies zu leben.
Sarah folgte ihm. „Ich dachte, wir wollten über uns reden.“
„Gibt es ein Uns ?“ Er war nie Teil eines „Wir“ gewesen. Insgeheim wünschte er sich, dass sie nun mit Ja antworten würde. Aber ihm war klar, dass ein Ja nicht für ihn vorgesehen war.
„Ich glaube, es könnte eins geben. Doch du musst mir vertrauen.“
„Ich fasse nicht leicht Vertrauen zu jemandem, Sarah.“
„Vielleicht hast du nur noch nicht die richtige Person getroffen.“
„Kann sein.“
„Ich denke, ich habe recht. Und ich werde dir beibringen, zu vertrauen.“
Harris dachte darüber nach. Er erinnerte sich an die unglaubliche Ekstase, die er in ihren Armen erlebt hatte. An die Sehnsüchte, die sie in ihm geweckt hatte. Eigentlich hätte er ihr Angebot ablehnen sollen. Aber er war eben auch nur ein Mann. Und das Versprechen in ihrem Blick ließ ihn hoffen, dass es ihm gelingen könnte.
In den folgenden Tagen machte Harris einen Bogen um Sarah und ihr kleines Haus – dabei faszinierte ihn ihre Familie mindestens so wie sonst nur die Finanzwelt. Im Anschluss an seine Arbeit in Orlando würde er nach Tokio fliegen, wo er neue Aufträge angenommen hatte. Dadurch hatte er wenigstens gute Gründe zur Abreise.
Am Donnerstag war Halloween, und von da dauerte es nicht mehr lange bis Thanksgiving. Diesen Feiertag hasste er am meisten. Jedes Jahr hatte er vom Penthouse seines Vaters aus die verdammte Parade angeschaut, die vom Kaufhaus Macy’s veranstaltet wurde. Er war all den fröhlich lachenden Familien so nah gewesen – und doch so verdammt weit weg. Harris hatte es sich zur Regel gemacht, jeden Feiertag außer Landes zu verbringen. Dieses Jahr würde es keine Ausnahme geben.
Er würde arbeiten wie immer. Und auch wenn Sarah versuchte, ihn an ihrem Leben teilhaben zu lassen: Diesmal würde er zusätzlich zu ihr, ihrem Restaurant und ihrer Familie Abstand halten. Er musste vergessen, wie es gewesen war, Sarah in den Armen zu halten. Wie es gewesen war, für einen Moment von etwas zu träumen, das niemals sein konnte.
Zweimal hatte Ray ihn dazu überreden wollen, in Sarahs Restaurant zu gehen, doch Harris hatte sich beide Male geweigert. Stattdessen hatte er im Wagen mit Marshall Turner vom New-Deal-Developing-Konsortium telefoniert, dem künftigen Besitzer von Sarahs gemieteter Immobilie. Natürlich regte sich immer wieder sein Gewissen, weil das Taste of Home von der Übernahme betroffen war. Aber er beruhigte sich jedes Mal damit, dass Geschäft und Privatleben nichts miteinander zu tun hatten.
Harris war sich nicht sicher, wie seine Beziehung zu Sarah weitergehen würde. Er wusste nur, dass die Zeit mit ihr Sehnsüchte in ihm weckte. Und dass diese geheimen Wünsche nicht gut für ihn sein konnten.
Trotz allem wollte er sie wieder in sein Bett locken. Dadurch wollte er den Dämon austreiben, der von seiner Seele Besitz ergriffen
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