Collection Baccara Band 326 (German Edition)
Tanners Ausstrahlung zu ignorieren und sich ganz darauf zu konzentrieren, weshalb sie hier waren.
„Wenn er nicht ganz genau weiß, wo er dort Wasser findet, kann er sich das nicht erlauben. Er hat Nahrung, aber auch die wird ihm früher oder später ausgehen. Er kann zwar eine ganze Weile ohne feste Nahrung auskommen, notfalls kann er sich auch von Beeren, Kräutern und Pflanzen ernähren, aber ohne Wasser?“ Er schüttelte den Kopf. „So wie ich es sehe, wird er sich wahrscheinlich in der Nähe des Flusses halten.“ Prüfend sah er sie an. „Allerdings kann ich mich auch irren. Durch die Schneeschmelze gibt es zahllose kleine Wasserläufe und Bäche. Falls er sich hier in den Bergen auskennt, kann er die Richtung ändern. Allerdings würde ich jede Wette eingehen, dass er dieses Gebirge nicht so gut kennt.“
Brianna nickte. „Mittlerweile kenne ich dich gut genug. Du hast nicht gezögert, diesen Weg zu wählen, und bestimmt hast du einen guten Grund dafür. Welchen?“
„Weil dieser Weg in die unwegsamste Region der Wildnis führt. Dort sind keine Touristen mehr unterwegs, nicht mal mehr Wanderer. Außerdem ist dieser Fluss auf jeder Karte eingezeichnet.“
„Das klingt vernünftig. Eigentlich hätte ich mir die dumme Frage sparen können.“
„Unsinn.“ Tanner schüttelte den Kopf. Sein Pferdeschwanz, der unter der breiten Krempe seines Huts heraushing, schwang von einer Seite zur anderen. „Du kannst mich alles fragen, Brianna. Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten.“
„Ich vermute mal, von der Sorte bekommt man bei dir nicht viele zu hören.“
Er lächelte über das Kompliment, und sein Lächeln aktivierte in Bris Magen sofort wieder die Schmetterlinge. Hastig ergriff sie die Zügel, um sich zurückfallen zu lassen und hinter ihm zu reiten, doch Tanner legte die Hand auf ihre.
„Bleib hier neben mir, Brianna.“ Er hielt ihre Hand fest. „Es dauert nicht mehr lange, bis wir eine kurze Pause einlegen und etwas essen.“
Es mochte lächerlich sein, doch Brianna hatte noch nie einen Ritt so genossen wie diesen, mit Tanners Hand auf ihrer. Daran änderte auch der Schmerz in ihrem Po nichts, der allmählich wieder einsetzte.
Jetzt konnte sie auch Boyo besser beobachten, der vor ihnen unablässig schnuppernd von einem Wegrand zum anderen lief.
„Boyo ist ein richtiger Arbeitshund, stimmt’s?“
„Er stammt aus einer sehr bekannten Wolfshundzucht.“ Tanner lächelte sie an. „Er liebt die Jagd.“
„Nimmt Hawk mit ihm an Wettbewerben teil?“ Sie versuchte wirklich angestrengt, der Wirkung seines Lächelns nicht zu erliegen. Es gelang ihr leider nicht.
„Natürlich nicht!“ Tanner lachte. „Kannst du dir Hawk vorstellen, wie er auf einer Bühne oder in einer Arena mit Boyo im Kreis herumstolziert?“
Bri runzelte die Stirn. „Ich finde es nicht schlimm, seinen Hund zu präsentieren.“
„Ich weiß“, stimmte er zu ihrer Überraschung zu. „Ich habe solche Shows auch schon mal im Fernsehen gesehen. Aber kannst du dir wirklich vorstellen, dass Hawk sich herausputzt und bei einer solchen Show mitmacht?“
Als Bri sich das ausmalte, musste sie lächeln. „Ehrlich gesagt, nein.“
„Siehst du.“
„Woher hat er Boyo?“
„Boyo war ein Geschenk von Hawks Vater.“
„Lebt sein Vater noch?“
„Kerngesund. In Schottland, seiner Heimat. Dort züchtet er Wolfshunde.“ Er lachte leise. „Er hat Hawk aus dem Wurf frei auswählen lassen, und Hawk hat Boyo herausgepickt. Boyo war so ein kleiner Wurm, und Hawks Vater war überzeugt, dass aus diesem Welpen nicht viel wird, aber im Nachhinein war Boyo der Kräftigste des ganzen Wurfs. Er würde einen tollen Champion abgeben.“
„Auf geht’s, Boyo“, rief sie dem Hund zu und streckte sich im Sattel. Dabei verspürte sie einen heftigen Schmerz in ihren Schultern und stöhnte leise auf.
Wie üblich entging Tanner nicht das Mindeste. „Brauchst du eine Pause?“ Er streckte seinen Arm aus und massierte ihr die Schulter.
Bri seufzte auf. Sie kam sich wie eine Anfängerin vor, und das passte ihr überhaupt nicht. „Ja“, gestand sie ein und fügte sofort hinzu: „Tut mir leid, wenn ich dich dadurch aufhalte.“
„Das tust du nicht, Brianna. Ich könnte auch eine kurze Pause gebrauchen. Außerdem habe ich Hunger. Heute Morgen hatten wir schließlich ein recht karges Frühstück. Und für einen Kaffee bin ich sowieso immer zu haben.“
Bri lachte, und gleichzeitig sah sie alles nur noch leicht verschwommen.
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