Collection Baccara Band 331
eine Bein zu finden. Dabei schloss er für einen Augenblick vor Schmerz und Anstrengung die Augen. „Ich habe es ihnen schon gestern erzählt, obwohl ich nicht genau wusste, wann ein Bett frei wird.“
Wieder veränderte er seine Lage und streckte sein Bein ein bisschen weiter aus.
„Soll ich jemanden anrufen und Ihre neue Zimmernummer durchgeben?“
„Nein, nicht nötig. Das finden sie schon heraus.“
Sie wartete kurz, ehe sie hinzufügte: „Ich bin ein wenig neidisch auf Sie und Ihre Familie. Ich weiß, dass es manchmal schwierig für Sie ist, so viele Menschen um sich zu haben, aber ganz sicher gibt es auch viele erhebende Momente.“
„Ja, natürlich.“ Der Schmerz hatte etwas nachgelassen und seine Gesichtszüge wurden weicher. „Sie haben wohl nicht viele Geschwister?“
„Nur einen Bruder. Aber Justin und ich stehen uns nicht sehr nahe.“
„Warum nicht?“
„Keine Ahnung.“ Sie ging zu dem Poncho, der über der Stuhllehne lag, und faltete ihn zusammen. „Vermutlich liegt es daran, dass er zehn Jahre älter ist als ich und wir uns nur selten sehen.“
„Das ist tatsächlich ein ziemlich großer Altersunterschied. Ist er Ihr Halbbruder?“
„Nein. Unsere Eltern haben jung geheiratet“, antwortete sie. „Sie liebten sich, aber sie haben sich trotzdem getrennt und sich erst Jahre später wieder versöhnt. Als mein Bruder neun Jahre alt war, kamen sie endgültig wieder zusammen und beschlossen, mich zu bekommen.“
„Das klingt, als wäre Ihre Jugend um einiges glücklicher gewesen als die Ihres Bruders.“
„Möglicherweise. Aber als ich vier Jahre alt war, wurde bei meiner Mom Krebs diagnostiziert.“
„Das tut mir leid.“
Normalerweise sprach Leah mit ihren Patienten nur dann über ihre Vergangenheit, wenn sie hoffte, ihnen damit über deren eigene tragische Situation hinweghelfen zu können, daher wusste sie nicht, was sie sagen sollte.
All das lag lange zurück, auch wenn sie sich noch sehr genau an diese traurige und einsame Periode ihres Lebens erinnerte.
„Meine Mom hat noch vier Jahre gelebt“, sagte sie, „die letzten sechs Monate waren allerdings sehr hart.“
„Ich habe meine Mutter vorletztes Jahr verloren und es war für uns alle furchtbar schwer. Wie schlimm muss es erst für Sie als Kind gewesen sein.“
„Es war eine traurige Zeit, aber im Leben geschehen Dinge, auf die man keinen Einfluss hat. Und ehrlich gesagt, war es fast eine Erleichterung, als sie dann starb. Vor allem zum Schluss musste sie sehr leiden.“
Noch etwas anderes hatte sich dabei entwickelt. Während ihre Mutter in der Klinik mehrere Operationen, Chemotherapien und Bestrahlungen über sich ergehen lassen musste, hatte Leah sich mit einigen der Schwestern angefreundet, die ihre Mutter und auch sie selbst umsorgten.
Dadurch hatte sich Leah schon als Kind für einen medizinischen Beruf entschieden.
„Waren Sie und Ihr Vater sich nahe?“, fragte Javier.
Das hätte man meinen können, aber leider war es anders.
„Mein Vater konnte seine Gefühle nie wirklich zeigen. Und er wusste auch nicht mit den Gefühlen anderer umzugehen. Aus diesem Grund hatten er und meine Mutter ja die Probleme zu Beginn ihrer Ehe. Für ihn war es leichter, sich in die Arbeit zu vergraben, als viel Zeit zu Hause zu verbringen.“
„Er hat Sie allein gelassen?“
„Nein, wir hatten eine Haushälterin.“
Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, während Javier sich überlegte, was er sagen sollte. „Ich habe mich früher auch gern in die Arbeit geflüchtet. Aber ich habe keine Kinder.“
„Verstehen Sie mich nicht falsch“, sagte Leah. „Mein Vater war vielleicht nicht oft zu Hause, aber er liebte meinen Bruder und mich. Und er sorgte gut für uns. Justin und ich konnten beide ein privates College besuchen, ohne dafür arbeiten oder ein Stipendium beantragen zu müssen. Ich hatte einen Schrank voller Kleider und Regale vollgestopft mit Spielzeug und Büchern.“
Dennoch hatten ihr diese „Dinge“ die fehlende Nähe nie ersetzen können. Und sie hatten aus dem Haus auch kein Zuhause gemacht.
Wenn Justin während der Sommerferien nach Red Rock zurückkehrte, verbrachte auch er doch nur wenig Zeit mit Leah. Wenn er in der Stadt war, wollte er sich mit seinen Freunden treffen, und so blieb Leah meistens sich selbst überlassen.
Aber wenn Tante Connie kam, wurde es lustig. Connie war die Schwester ihrer Mutter und kam regelmäßig zu Weihnachten und einmal im Sommer nach Red Rock. Leah fühlte
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