Collection Baccara Band 331
einem Lächeln an Javier. Für einen Augenblick sah er wieder aus wie der Mann, der er vor dem plötzlichen Tod seiner Frau gewesen war.
Die ganze Familie war nach dem Tod von Elena Mendoza an einer Lungenentzündung im vorletzten Jahr am Boden zerstört gewesen. Am allermeisten aber Luis. Er und Elena hatten eine besonders glückliche Ehe geführt.
Nach ihrem Tod hatten sich die Falten in seinem Gesicht vertieft und sein Haar begann, an den Schläfen zu ergrauen. Sein ehemals strahlendes Lächeln blitzte nur noch sehr selten auf.
Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte die Angst, seinen Sohn so kurz nach dem Tod seiner Ehefrau zu verlieren, ihm große Sorge bereitet.
Plötzlich spürte Javier tiefe Schuldgefühle. In diesem Moment hätte er alles getan, um die Ängste seines Vaters zu lindern.
„Danke, dass du an mich gedacht hast“, sagte er.
„Nun, Musik soll der Entspannung ja förderlich sein. Und du hast so viel durchgemacht, erst mit deiner Mom und dann durch diesen Unfall.“
Nach dem Tod der Mutter hatte jeder von ihnen auf seine Weise getrauert. Javier hatte sich mit seiner Gitarre vor der Welt zurückgezogen. Die Musik hatte ihm in den ersten Tagen nach der Beerdigung viel geholfen. Doch bald hatte er erkannt, dass Arbeit das beste Mittel war, den Schmerz zu betäuben.
„Ich hätte dir die Gitarre schon früher gebracht, aber ich wusste nicht, ob sie dich im dritten Stock spielen lassen“, sagte Luis.
„Bestimmt nicht. Und die Schwestern hier werden mir das Fell über die Ohren ziehen, wenn ich Radau mache.“
„Ach was, niemand wird sich beklagen, wenn er dich spielen hört, mijo , insbesondere wenn es sanfte Lieder sind. Wahrscheinlich würden sich die anderen Patienten sogar freuen.“
Vielleicht. Musik war schließlich auch eine Form von Therapie. Früher hatte sich Javier in stressigen Zeiten immer beim Gitarrenspiel entspannt. Er spielte nicht schlecht. Seine Familie, seine Lehrer und seine Freunde hatten ihm sogar eine Karriere auf der Bühne zugetraut, doch er hatte die Musik immer nur als Hobby betrachtet.
Als Roberto Mendoza, ein entfernter Cousin, ihm daher die Möglichkeit bot, in sein Immobiliengeschäft einzusteigen, hatte er seine Chance ergriffen und es bisher nie bereut.
„Hast du etwas von Roberto gehört?“, fragte Javier. „Ich habe ihn länger nicht gesehen.“
„Er ist in Austin und baut ein neues Tochterunternehmen auf. Aber er kommt bald zurück.“
„Ich wette, er vermisst Frannie und die Kinder.“
„Ganz sicher. Schließlich vergöttert er seine Familie.“
Vor ein paar Jahren hatte Roberto seine Jugendliebe Frannie Fortune geheiratet. Sie erzogen nun ihren Enkel Brandon, der nur ein paar Monate älter war als Maribel, ihre dreijährige Tochter.
„Du kannst es vermutlich kaum erwarten, wieder im Büro zu sein“, bemerkte Luis, obwohl seine hochgezogene Augenbraue zu bedeuten schien, dass er überhaupt nicht wusste, was Javier dachte oder fühlte.
Niemand wusste, dass Javier noch immer schwer damit haderte, nicht mehr der Beste zu sein. Zweiter zu sein, war für ihn gleichbedeutend mit der Position des Verlierers.
Doch Javiers Vater hatte genug gelitten. Deshalb erwiderte er: „Da hast du recht, Dad.“
Vielleicht sollte er jemanden bitten, ihm seinen Laptop zu bringen, damit er ins Internet gehen konnte. Vermutlich hatte er mittlerweile Millionen unbeantworteter E-Mails. Er könnte allmählich wieder ins Arbeitsleben zurückkehren.
Vielleicht würde ihn das auch von Leah ablenken.
Nach ihrem ersten Besuch bei Javier hatte sich Leah eine Woche lang gezwungen, sich von ihm fernzuhalten. Doch die Gedanken an ihn quälten sie ständig, zumal er nur fünf Minuten von ihr entfernt war. Soweit ihr bekannt war, neigte sich sein Aufenthalt im San Antonio General dem Ende zu.
Was würde sie tun, wenn er erst entlassen war?
Sie hatte keine Ahnung. Mehr denn je beschäftigte er ihre Gedanken. Also entschloss sie sich wider besseres Wissen, ihn in ihrer Mittagspause ein letztes Mal zu besuchen.
Die Tür zu seinem Zimmer war geschlossen, als sie ankam.
Fast hätte sie sich schon wieder abgewendet, als sie überraschenderweise Gitarrenklänge von drinnen vernahm.
Sah er fern?
Es gab nur eine Möglichkeit, es herauszufinden. Also klopfte sie leise an.
Das Zupfen auf der Gitarre verstummte und Javiers dunkle Stimme erklang. „Herein. Die Tür ist offen.“
Leah drückte die Klinke hinunter und trat ein, doch als sie Javier erblickte, der mit der Gitarre
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